DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 6/2015 - page 89

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WEG § 14, VwGO §§ 80, 146, TrinkwVO §§ 3, 4 und 17
Wasserversorgungsanlage einer WEG,
Anordnungen zum Trinkwasserschutz
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann (auch) richtige Adres-
satin belastender Bescheide in Vollzug der Trinkwasserverordnung
sein, weil sie gemäß § 3 Nr. 2e, Nr. 3 TrinkwV als Inhaberin einer
Wasserversorgungsanlage im Sinn der TrinkwVO anzusehen ist. Soweit
im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die sofortige Vollziehbarkeit
der mittelfristigen Maßnahmen („Erneuerung der Armaturen in allen
Wohnungen, an denen keine DVGW-Zulassung vorhanden ist“) ange-
griffen wird, spricht vieles dafür, dass sich diese der WEG so aufgege-
benen Maßnahmen als rechtswidrig erweisen werden. Sie sind von der
WEG im Beschlusswege so nicht vollziehbar und gehen voraussichtlich
über die Anforderungen hinaus, welche die TrinkwVO an die allgemein
anerkannten Regeln der Technik stellt.
BayVGH, Beschluss vom 29.9.2014, 20 CS 14.1663
Bedeutung für die Praxis
Es kann zu Störungen kommen, wenn beim Trinkwasser Biofilmbildungen
und daraus resultierende mikrobielle Belastungen als Verunreinigun-
gen zu besorgen sind, welche durch Rückfluss aus den Netzteilen der
Wohnungseinheiten in das Verteilungsnetz der Gebäude gelangen können.
Trotzdem hätte der WEG z. B. nur aufgegeben werden können, im Rahmen
ihrer Beschlusskompetenz auf Sondereigentümer unter Fristsetzung hin-
zuwirken, dass die in den einzelnen Wohnungen installierten Armaturen
den allgemein anerkannten Regeln der Technik immer noch oder wieder
entsprechen, andernfalls ins Auge gefasst werden müsste, die jeweilige
Wohneinheit mit ihren Armaturen von der zur Wohnungseigentumsanlage
gehörenden Trinkwasserinstallation (§ 3 Nr. 3 TrinkwV) abzutrennen und
damit gleichzeitig von der Belieferung mit Trinkwasser auszunehmen,
um Gefährdungen des Trinkwassers im Hause wirksam zu begegnen.
Die Behörde kann nicht vorschreiben, wie ein Mangel zu
beheben ist.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG § 21 Abs. 4
Erfüllung der öffentlich-rechtlichen
Anforderungen an einen Stellplatz-
nachweis in einer WE-Anlage
1. Grundsätzlich hat jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch
gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf erstmalige Herstel-
lung eines ordnungsmäßigen Zustandes. Zur ordnungsgemäßen
Instandsetzung gehört auch die Einhaltung öffentlich-rechtlicher
Vorschriften.
2. Sind die öffentlich-rechtlichen Anforderungen an einen Stellplatz-
nachweis zu erfüllen, so trifft diese Verpflichtung die Gesamtheit der
Wohnungseigentümer. Die Ablehnung eines Beschlussantrags, einen
Stellplatznachweis zu erbringen bzw. eine Stellplatzablösevereinba-
rung zu schließen, entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.
LG Itzehoe, Urteil vom 14.10.2014, 11 S 13/14 (z. Zt. BGH V ZR 250/14)
Bedeutung für die Praxis
Geklärt wurde vom LG Itzehoe, dass im Rahmen des Anspruchs auf erst-
malige Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands, die Einhaltung
öffentlich-rechtlicher Vorschriften, z. B. betreffend den Stellplatznachweis,
beschlossen werden muss, wenn nur ein derartiger Beschluss ordnungs-
gemäßer Verwaltung entspricht, d. h. eine Ermessensreduzierung auf Null
- zumindest dem Grunde nach - gegeben ist. Entsprechendes gilt für andere
Verpflichtungen z. B. zur Meldung des Einbaus neuer Wärmezähler, des
Einbaus von nach der LBauO in 13 Bundesländern vorgeschriebenen Rauch-
warnmeldern, der Regelbeprobung nach der TrinkwVO sowie des Einbaus
von Kaltwasserzählern in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Das
Verwaltungsermessen der Eigentümer ist in solchen Fällen hinsichtlich des
„Ob“ auf Null reduziert, nur hinsichtlich des „Wie“ können
ggf. noch Alternativen bestehen.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 10 Abs. 6, 16 Abs. 8, 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
Aufbringung von RA-Vorschüssen
für Anfechtungsverfahren
1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann jedenfalls dann
die Aufbringung von Vorschüssen beschließen, um den Verwalter
in die Lage zu versetzen, einen Rechtsanwalt mit der Rechtsver-
teidigung der übrigen Wohnungseigentümer gegen Beschlussan-
fechtungsklagen zu beauftragen, wenn solche Klagen allgemein zu
erwarten sind.
2. In diesem Fall können Mittel im Gesamtwirtschaftsplan und in den
Einzelwirtschaftsplänen aller Wohnungseigentümer angesetzt
werden. Sind Beschlussanfechtungsklagen nicht abzusehen, kön-
nen die Wohnungseigentümer den Verwalter durch Mehrheitsbe-
schluss ermächtigen, dafür Gemeinschaftsmittel einzusetzen.
BGH, Urteil vom 17.10.2014, V ZR 26/14
Bedeutung für die Praxis
Der potenzielle Anfechtungskläger kann sich nicht dagegen wehren, im
Vorwege Gelder mit bereitstellen zu müssen, um Anwälte, die der Verwalter
zum Zwecke der Verteidigung gegen - auch - seine künftige Klage manda-
tiert, bezahlen zu können. Eine endgültige Kostenverteilung ist damit nicht
verbunden. In den Jahreseinzelabrechnungen werden die Kosten (auch
Vorschüsse) bereits laufender Anfechtungsverfahren nur den verklagten
„übrigen Eigentümern“ belastet. Die endgültigen Kosten werden gemäß
der gerichtlichen Kostenentscheidung im Urteil verteilt. Die Eigentümer
haben eine Art „Prognose-Ermessen“: Erwarten sie Anfechtungsklagen,
können bereits Mittel für Anwaltskostenvorschüsse beschlossen werden,
anderenfalls genügt die Ermächtigung an den Verwalter, die
Vorschüsse aus Gemeinschaftsmitteln zu bezahlen.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG-RECHT
1...,79,80,81,82,83,84,85,86,87,88 90,91,92
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