DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 12/2015 - page 88

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12|2015
RECHT
§§ 267, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB
Schonfristzahlung, Leistung durch Dritte
Begleicht ein Dritter innerhalb der gesetzlichen Schonfrist den
aufgelaufenen Mietrückstand nach Maßgabe des § 267 Abs. 1 Satz 1
BGB, so führt dies nur dann zur Unwirksamkeit der außerordentlichen
fristlosen Verzugskündigung, wenn er seine Erfüllungsabsicht durch
eine entsprechende Tilgungsbestimmung zum Ausdruck bringt.
LG Itzehoe, Urteil vom 10.7.2015, 9 S 34/14
Bedeutung für die Praxis
Der Kläger kann von den Beklagten Räumung und Herausgabe der
streitgegenständlichen Wohnung verlangen. Die Beklagte kann sich
nicht auf etwaige Bearbeitungsverzögerungen des Jobcenters berufen.
Gem. §§ 286 Abs. 4, 276 Abs. 1 Satz 1 BGB hat sie bei einer Geldschuld
ihre Leistungsfähigkeit uneingeschränkt und somit ohne Rücksicht auf
ein Verschulden zu vertreten. Die Kündigung ist auch nicht durch eine
Zahlung innerhalb der Schonfrist nachträglich unwirksam geworden.
Zwar setzt die Erfüllung nach der vom BGH in ständiger Rechtsprechung
vertretenen Theorie von der realen Leistungsbewirkung grundsätzlich
keine Leistungsbestimmung voraus. Maßgebend ist allein die Herbei-
führung des Leistungserfolgs. Anders verhält es sich jedoch, wenn ein
Dritter die geschuldete Leistung nach Maßgabe des § 267 Abs. 1 Satz
1 BGB bewirken will. Dann kommt die erbrachte Zahlung dem Schuld-
ner nur zugute, wenn der Leistende seine Erfüllungsabsicht durch eine
entsprechende Tilgungsbestimmung zum Ausdruck bringt. Daran fehlt
es hier. Ob eine Tilgungsbestimmung vorliegt, kann sich nur aus Sicht
des Zahlungsempfängers nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die
Verkehrssitte ergeben. Die Klägerin bzw. deren Mitarbeiter konnten
jedoch anhand ihrer Kontodaten nicht erkennen, dass es sich bei den
gutgeschriebenen 1.500 € um den Mietrückstand der Beklagten für die
Monate Juli und August 2013 gehandelt hat. Die Zahlung ist weder auf
dem für das Mietverhältnis zwischen den Parteien vorgesehenen und
der Beklagten bekannten Mieterkonto eingegangen, noch ist sie mit der
Mieternummer der Beklagten gekennzeichnet gewesen. Zwar kann die
erforderliche Leistungsbestimmung seitens des Dritten nachgeholt wer-
den; dies muss jedoch in den Fällen, in denen die Leistungsfrist gebunden
ist, innerhalb der vorgesehenen Frist erfolgen. Denn die nachträgliche
Tilgungsbestimmung entfaltet keine Rückwirkung. Nach alledem hat die
erfolgte Zahlung keine Erfüllungswirkung, mit der Folge, dass sie ein
Unwirksamwerden der von der Klägerin ausgebrachten Kündigung nicht
begründen konnte.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 543, 546, 985; StGB §§ 185 ff.
Fristlose Kündigung wegen Beleidigung
und übler Nachrede/Verleumdung
Beleidigungen, üble Nachreden sowie Verleumdung sind Straftaten
(§§ 185-187 StGB) und damit zugleich Vertragsverletzungen, wenn
sie gegenüber dem Vertragspartner verübt werden.
AG München, Urteil vom 19.3.2015 - 412 C 29251/14
Bedeutung für die Praxis
Die Kündigung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Insbeson-
dere ist diese ausreichend begründet. Grundsätzlich genügt es, wenn in
der Kündigung sog. Kerntatsachen genannt werden. Andere (Ergänzungs-)
Tatsachen können nachgeschoben werden, weswegen genauer Ort und
Zeitpunkt der behaupteten Verleumdungen bzw. Beleidigungen nicht zwin-
gend bereits in der Kündigung genannt werden müssen. Auch ist die Kündi-
gung materiell begründet. Zwar scheiden bloße Unhöflichkeiten (Verwei-
gerung der Begrüßung, Schreiben ohne Eingangs- und Schlussformel) von
vornherein als Beleidigung aus. Gleiches gilt auch für Handlungen, die dem
anderen Teil zwar mißliebig sind, die aber keinen ehrverletzenden Charak-
ter haben. Aufgrund der erfolgten Beweisaufnahme ist das Gericht davon
überzeugt, dass die Beklagte gegenüber den vernommenen Zeugen einer-
seits sinngemäß deutlich geäußert hat, dass der Kläger geldgierig sei und
seinen Mietern zu Unrecht Geld abnehmen würde, und andererseits, dass
der Kläger die Beklagte anläßlich eines Besuches bei sich in der Wohnung
sexuell belästigt hätte. Insbesondere den letztgenannten Vorwurf hält das
Gericht für sehr schwerwiegend. Beide Behauptungen sind geeignet, die
Ehre des Klägers nachhaltig zu beschädigen. Einer Abmahnung bedurfte
es vorliegend nicht, denn die von der Beklagten gegenüber den Zeugen in
Bezug auf den Kläger gemachten Anschuldigungen waren derart massiv,
dass dem Kläger die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zuge-
BGB verlangt, ohne die etwaig gegebene Möglichkeit zur gleichzeitigen
oder späteren Erhöhung der Miete nach § 559 BGB a.F. zu erwähnen oder
sie sich ausdrücklich vorzubehalten. Unter Zugrundelegung der Ausle-
gungsparameter der §§ 133, 157 BGB war das Schreiben angesichts des
zuvor vor dem Amtsgericht Mitte erfolgten streitigen Duldungsverfahrens
und der unmittelbar zuvor abgeschlossenen Modernisierungsmaßnahmen
so zu verstehen, dass die Beklagte bereits mit diesem Schreiben sämtliche
auch aus der Modernisierung herrührenden Rechte geltend machen und
auf etwaige überschießende Rechte verzichten wollte. Demnach konnte
die Klägerin davon ausgehen, dass sich die Beklagte hinsichtlich der
streitgegenständlichen Maßnahmen mit einer Erhöhung der Nettokalt-
miete unter Zugrundelegung des durch die unmittelbar zuvor durch die
Modernisierung geschaffenen Ausstattungsstandards „begnügen“ würde.
Den Verzicht der Beklagten hat die Klägerin durch schlüssiges Verhal-
ten angenommen, indem sie dem geltend gemachten Erhöhungsbetrag
zugestimmt und sich danach den Umständen nach damit einverstanden
erklärt hat, dass die Klägerin eine über die damit erfolgte Erhöhung nach
§ 558 Abs. 1 BGB hinausgehende Modernisierungsmieterhöhung nicht
mehr verlangen würde.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
mutet werden kann. Keinesfalls hat der Kläger oder haben dritte Personen
die Beklagte zur Tätigung der Aussagen provoziert, sondern die Beklagte
hat diese Behauptungen nach Aktenlage ohne jeglichen Anlass aufgestellt.
Im Übrigen war die Beklagte durch die vorangegangenen Kündigungen,
welche zwar selbst nach eigenem Vortrag der Klagepartei als Kündigungen
unwirksam waren, bereits gewarnt.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
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