Wohnungspolitische Informationen 29/2018 - page 4

JAHRESSTATISTIK
Was kostet das Wohnen in Deutschland
Berlin – „Die größten Preiserhöhungen für die Mieter sind in den letzten Jahren durch steigende Energiepreise, Strom­
kosten und Steuern entstanden. Diese drastische Teuerung gilt in ganz Deutschland und für alle Mieter“, erklärte der
Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, Axel Gedaschko, anlässlich der Präsentation der Jahres­
statistiken. Die Nettokaltmieten sind bundesweit seit dem Jahr 2000 – ebenso wie die kalten Betriebskosten, zu denen
Wasserversorgung, Müllabfuhr, Steuern und andere Dienstleistungen gehören – um 25 Prozent gestiegen.
Größter Preistreiber bei den Wohnkosten
sind aber weiterhin eindeutig die Ener-
giepreise. Die Verbraucherpreise für Gas,
Heizöl und andere Haushaltsenergie sind
seit dem Jahr 2000 um über 81 Prozent
gestiegen. Nach einer Phase der spürba-
ren Entspannung bei den Energiepreisen
in den Jahren 2014/2015 sind die Preise
für Heizöl, Gas und andere Energieträ-
ger seit Anfang 2016 wieder auf leichtem
Wachstumskurs. Gas verteuerte sich über
den gesamten Zeitraum von 2000 bis 2017
um 80 Prozent, Fernwärme um 84 Prozent
und Flüssige Brennstoffe wie leichtes Heizöl
sogar um 86 Prozent.
Die Stromkosten, die meistens direkt mit
den Anbietern abgerechnet werden und
daher kein Bestandteil der von den Woh-
nungsunternehmen umgelegten Betriebs-
kosten sind, kletterten seit dem Jahr 2000
ebenfalls um 108 Prozent und trugen somit
weit mehr zur Überteuerung des Wohnens
bei als die Nettokaltmieten.
Die zuletzt leicht gesunkenen Energiepreise
machen gleichzeitig ein großes Dilemma
deutlich: Die von der Bundesregierung
angenommenen Einspareffekte infolge
umfassender energetischer Modernisie-
rungen werden angesichts der geringeren
Preise, beispielsweise für Gas und Heizöl,
noch langsamer beziehungsweise gar nicht
eintreten. „Energetische Modernisierungen
sind auf solch hohem Niveau, wie sie mitt-
lerweile in Deutschland vorgeschrieben
sind, angesichts geringerer Energiepreise
auch für die Mieter schlicht und ergreifend
unwirtschaftlich“, erklärte GdW-Präsident
Gedaschko. Dieses Dilemma erfasst auch
immer mehr Wohnungsunternehmen. „Sie
sollen und wollen modernisieren, sollen Kli-
maziele erreichen, wirtschaftlich arbeiten
und die Mieten bei immensen Baukosten
bezahlbar halten und dabei noch Millionen
von Wohnungen bauen“, so der GdW-
Chef. Dass das so nicht funktioniert, ist
offensichtlich. „Die Bundesregierung darf
die energetischen Anforderungen auf gar
keinen Fall noch weiter verschärfen, son-
dern muss hier neue Ansätze finden, um
die Energiewende im Gebäudebereich zu
schaffen und für Vermieter und Mieter
machbar zu gestalten: Gering investive
Maßnahmen zur Unterstützung des Mie-
ters beim Energiesparen und vor allem die
dezentrale Energieerzeugung – CO
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-arm
und preiswert – sind die richtigen Antwor-
ten beim Klimaschutz im Gebäudebereich.“
GdW-Mieten liegen unter Bundes­
durchschnitt
Die Nettokaltmieten sind in den GdW-
Unternehmen von 2016 auf 2017 um
13 Cent auf 5,64 Euro pro Quadratme-
ter gestiegen. Für die Mietwohnungen in
Deutschland insgesamt ergibt sich unter
Fortschreibung der Daten des Wohngeld-
und Mietenberichts 2016 der Bundes-
regierung mit den Steigerungsraten des
Mietenindex für das Jahr 2017 eine durch-
schnittliche Nettokaltmiete von 5,81 Euro
pro Quadratmeter. Damit liegen die Net-
tokaltmieten in den Beständen des GdW
unter dem Durchschnitt der bundesweiten
Bestandsmieten. Letztere sind im Verlauf
des Jahres 2017 um 1,6 Prozent bezie-
hungsweise um 9 Cent pro Quadratmeter
gestiegen. Trotz des moderaten Mietan-
stiegs wirkt das Wohnungsangebot der
GdW-Unternehmen weiterhin beruhigend
auf das Mietniveau.
Die Betriebskosten haben sich bei den
GdW-Unternehmen im Vergleich zu den
Preissteigerungen bei den einzelnen Kos-
tenarten nur relativ geringfügig erhöht.
Die Mieter mussten für die kalten Betriebs-
kosten im Jahr 2017 durchschnittlich 1,53
Euro pro Quadratmeter vorauszahlen –
und damit nur 4 Cent pro Quadratmeter
mehr als im Vorjahr. Die Vorauszahlungen
bei den warmen Betriebskosten sind von
2016 auf 2017 sogar erneut um 1 Cent
pro Quadratmeter gesunken.
Neu- und Wiedervermietungsmieten
steigen
Die Mieten am Markt angebotener Woh-
nungen aus Erst- und Wiedervermietun-
gen haben in den letzten Jahren bundes-
weit erneut deutlich zugelegt; 2017 um 4,5
Prozent auf durchschnittlich 7,99 Euro pro
Quadratmeter nettokalt. „Dieser Anstieg
ist niedriger als im Vorjahr, in dem die Mie-
ten noch um 4,9 Prozent gestiegen waren.
Aber es handelt sich trotzdem um den
zweithöchsten Anstieg seit zehn Jahren“,
so Gedaschko. Insbesondere in den großen
kreisfreien Städten mit mehr als 500.000
Einwohnern zogen die Mieten überdurch-
schnittlich um 5,8 Prozent an. Auch die-
ser Anstieg ist deutlich schwächer als im
Vorjahr. Die Wohnungssuche ist für viele
Mieterhaushalte schwieriger geworden.
Die Ursachen liegen in den Angebotseng-
pässen vieler Städte und Regionen, die
trotz steigender Genehmigungs- und Neu-
bauzahlen bisher noch nicht abgebaut wer-
den konnten.“
Anderseits ist die Datenlage zur Entwick-
lung der Neu- und Wiedervermietungs-
mieten in Deutschland deutlich verzerrt
und die Steigerung der Mieten damit ein
gutes Stück weit überzeichnet. Auswertun-
gen zu Angebotsmieten beruhen mangels
Alternativen auf Auswertungen von Online-
Plattformen für Mietwohnungsvermittlung.
Gerade in angespannten Märkten werden
die Wohnungen der GdW-Unternehmen
nicht mehr über diese Plattformen vermit-
telt, was generell auch für andere preisgüns-
tige Wohnungen zutrifft, die über Empfeh-
lungen und unter der Hand neu vermietet
werden. Genossenschaften haben oft lange
Wartelisten und die kommunalen Unter-
nehmen können ihren Wohnungsbestand
Die Wohnkosten steigen vor allem durch hohe Energiepreise.
Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 17, Reihe 7, Verbraucherpreis-
index; Monatswerte bis 04/2018
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