WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 44/2015 - page 3

BUNDESPOLITIK
Energieeffizienz, bezahlbares Wohnen
und Mieterstrom. Das Jahr 2015 hält
große und wichtige Themen bereit. Die
Vorsitzende des Bauausschusses und
stellvertretende Vorsitzende der Grünen-
Bundestagsfraktion hat der wi-Redaktion
dazu drei Fragen beantwortet.
wi: Mehrfamilienhäuser in Deutsch­
land sind, auch im internationalen
Vergleich, auf einem energetisch
sehr hohen Niveau. Rund zwei
Drittel der Gebäude von GdW-
Wohnungsunternehmen sind
bereits energetisch teil- oder
vollmodernisiert. Müssen die
energetischen Anforderungen –
gerade angesichts deutlich stei­
gender Wohn- und Baukosten –
trotzdem immer noch weiter nach
oben geschraubt werden? Oder
wäre nicht ein Paradigmen-Wechsel
in Richtung CO
2
-Neutralität der
bessere Weg?
Höhn:
In der Tat wurde in den letzten
Jahren viel erreicht. Die Sanierungsquote
liegt aber weiterhin nur bei einem
Prozent im Jahr. Wenn wir unsere
Klimaziele bis 2050 erreichen wollen,
muss der gesamte Gebäudebestand
bis 2050 klimaneutral und damit
energetisch saniert sein. Wir brauchen
also eine Verdreifachung der Sanierung.
Dabei gilt es den Pfad einzuschlagen,
der bezüglich Energie- und CO
2
-
Einsparung pro Einheit am wenigsten
kostet, und geeignet ist, die Klimaziele
zu erreichen. Eine aktuelle Untersuchung
des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU;
2015) hat ergeben, dass angesichts
niedriger Zinsen und gesunkener
Energiepreise energetische Sanierungen
nach Energieeinsparverordnung 2014
überwiegend wirtschaftlicher geworden
sind.
Energieeffizientes Wohnen ist
unbestritten ein erstrebenswertes
Ziel. Wie kann sicher gestellt
werden, dass sich auch Haushalte
mit mittleren und niedrigen
Einkommen energetisch vorteilhafte
Wohnungen leisten können?
Höhn:
Wir treten für eine deutliche
Ausweitung der öffentlichen Förderung
ein. Eckpunkte sind dabei eine steuerliche
Förderung für die energetische Sanierung
selbstgenutzten Wohneigentums, sowie
die stärkere Berücksichtigung der sozialen
Verträglichkeit durch die Betrachtung
von Stadtvierteln statt Einzelgebäuden.
Ein Klimazuschuss zum Wohngeld
kann ebenfalls dazu beitragen, dass
Haushalte mit mittleren und niedrigen
Einkommen sich energetisch vorteilhafte
Wohnungen leisten können. Und die
Modernisierungsumlage im Mietrecht
sollte die Energieeinsparwirkung der
Modernisierungen viel stärker als heute
berücksichtigen, und deutlich gesenkt
werden.
Es gibt Pläne des Bundeswirt­
schaftsministeriums, die Förderung
von Kraft-Wärme-Kopplungs-
Projekten in Mietwohngebäuden
und Quartieren zu verschlechtern
beziehungsweise einzustellen.
Aus welchem Grund werden
Mietwohngebäude und Mieter­
stromprojekte bei der dezentralen
Strom- und Wärmeerzeugung
außen vor gelassen beziehungs­
weise benachteiligt?
Höhn:
Diese Pläne sind absolut kontra­
produktiv. Eine dezentrale Energiewende
wird von der Bundesregierung
offensichtlich nicht favorisiert. Statt­
dessen bekommen RWE & Co Geld für
ihre alten Braunkohlekraftwerke. Die
neu eingeführte Bestandsförderung soll
nur für Gas-Kraft-Wärme-Kopplungs-
Anlagen über zwei Megawatt Leis­
tung gelten. Das ist eine grundlose
Benachteiligung von kleineren Anlagen,
zum Beispiel bei Stadtwerken oder
Quartierslösungen. Die Förderung für
neue Mini- und Micro-KWK-Anlagen
bis maximal 50 Kilowatt elektrische
Leistung fällt künftig deutlich niedriger
aus als bisher. Der Zuschlag für selbst
verbrauchten Strom sinkt und außerdem
soll die Förderdauer um rund 25 Prozent
gesenkt werden. Es wäre absolut
notwendig, dass es im parlamentarischen
Verfahren hier im Bundestag noch zu
Änderungen kommt.
Foto: Bärbel Höhn
Bärbel Höhn (BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN)
Vorsitzende des Aus­
schusses für Umwelt,
Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit im
Deutschen Bundestag
DREI FRAGEN AN…
Verbessertes Wohnraumförderprogramm in Nordrhein-Westfalen in Kraft
Düsseldorf – Seit dieser Woche sind die verbesserten Förderkonditionen für den sozialen Wohnungsbau in Nordrhein-
Westfalen (NRW) in Kraft. Investoren werden nun beim Bau von Flüchtlingswohnungen Tilgungsnachlässen in Höhe von
bis zu 35 Prozent gewährt – und das sogar rückwirkend für das gesamte Jahr 2015. Um über die beschleunigte Schaffung
von zusätzlichem Wohnraum zu diskutieren, haben sich auf Einladung des Bauministeriums und des Verbandes der
Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen (VdW) in Bochum rund 200 Experten getroffen.
AUS DEN VERBÄNDEN
„Von diesem neuen Wohnraum­
förderprogramm werden alle Menschen
profitieren: Sowohl die heimische
Bevölkerung, als auch die Flüchtlinge“,
sagte der nordrhein-westfälische Bau­
minister
Michael Groschek
(SPD) anlässlich
der Fachtagung. „Vor allem wurden die
Tilgungsnachlässe kräftig erhöht. Das
macht das Programm für Investoren äußerst
attraktiv und interessant, denn damit ist
der soziale Wohnungsbau nun so rentabel
wie der frei finanzierte. Gemeinsam mit
dem Bündnis für Wohnen NRW werden
wir jetzt alles unternehmen, damit diese
Maßnahmen bei uns nun tatsächlich zu
einem neuen Bau-Boom führen.“
„Wohnungsgesellschaften und -genossen­
schaften tun viel für die Unterbringung
der Menschen, die jetzt nach Deutschland
kommen“, ergänzte
Alexander Rychter
,
Verbandsdirektor der Wohnungswirtschaft
im Westen. „In Nordrhein-Westfalen steht
der Wohnungswirtschaft mit den nun
noch einmal verbesserten Konditionen ein
attraktives Förderprogram zur Verfügung.
Der zusätzliche Spielraum entsteht auch
durch die wichtige Entscheidung, einige
Standards zu senken und den Bau von
Flüchtlingswohnungen dadurch noch
einmal erschwinglicher zu ermöglichen.“
Mit dem neuen Förderprogramm werden
bei Maßnahmen zur Herrichtung und
Anpassung von Wohnraum für Flüchtlinge
Tilgungsnachlässe von bis zu 30 Prozent
gewährt, beim Neubau sogar von bis zu 35
Prozent. Hinzu kommt, dass die Vorschriften
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