personalmagazin 9/2018 - page 3

Liebe Leserinnen und Leser,
die New-Work-Bewegung hat ihre Nische verlassen und ist
im Jahr 2018 mitten in der Unternehmenswelt angekom-
men. Auf den beiden führenden Branchenkongressen (BPM,
DGFP) waren ihre Gedanken omnipräsent. Viele Konzerne
schaffen neue Bürowelten und verabschieden Konzern-
vereinbarungen, die sich von diesen Gedanken inspirieren
lassen. Aber was ist eigentlich New Work? Halten die The-
sen, die New Worker vertreten, einer Überprüfung stand?
In diesem Heft beschäftigen wir uns mit diesen Fragen und
legen eine Zwischenbilanz zu New Work vor.
Unsere Autorin Stefanie Hornung hat sich auf den Weg
gemacht und mit Frithjof Bergmann gesprochen, der als
Gründer der New-Work-Bewegung gilt und den wir auf
unserer Titelseite mit einem „Jugendfoto“ würdigen. Im
Interview erläutert der 87-Jährige seinen Begriff von „Neuer
Arbeit“ und distanziert sich von der heutigen Auslegung.
„Das ist Lohnarbeit im Minirock“, sagt Bergmann, dessen
Vorstellungen von Freiheit und Selbstbestimmung radikal
sind. Als Spinnerei wurden seine Thesen lange verspottet,
erst vor fünf Jahren begannen die ersten Konzernmanager,
sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Das Thesen-
papier von Thomas Sattelberger über „Die Arbeitswelt von
morgen“ (Personalmagazin 5/2013) war dafür ein Zeichen.
Die heutige New-Work-Bewegung hat sich zwar von Berg-
mann emanzipiert und mit dem Kapitalismus arrangiert.
Gleichwohl stellt sie vieles in Frage, was bislang in der
Arbeitswelt akzeptiert wurde. Sechs zentrale Thesen haben
wir Professor Dr. Heiko Weckmüller vorgelegt, der diese auf
empirische Evidenz abgeklopft hat. Manche Thesen haben
Substanz, andere erweisen sich als fragwürdig. Auch zum
Thema „sinnstiftende Arbeit“, der Kern von New Work, hat
Weckmüller auf Grundlage empirischer Daten wichtige
Erkenntnisse herausgearbeitet: Sinnempfinden wirkt sich
positiv auf die Produktivität der Mitarbeiter aus. Da haben
die New Worker offenbar recht. Nicht bestätigen konnte er
allerdings die populäre Behauptung, dass die Mehrzahl der
Menschen ihre Arbeit als sinnentlernt erfährt. Über 90 Pro-
zent der Beschäftigten erkennen in ihrer Arbeit einen Sinn
für das Unternehmen wie für sich selbst. Es ist aber nicht
die coole Corporate Story, die sinnstiftend wirkt, sondern
die Wertschätzung, die Mitarbeiter von Vorgesetzten und
Kollegen erfahren.
Reiner Straub
Herausgeber
„Wir haben sechs
zentrale Thesen
der New-Work-
Bewegung empirisch
geprüft, drei davon
haben Substanz.“
Titelbild: Bosse/laif, Foto: Peter Granser
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personalmagazin 09.18
Editorial
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