PERSONALquarterly 4/2016 - page 51

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04/16 PERSONALquarterly
Folgende internationale Zeitschriften verfolgen wir
für Sie regelmäßig:
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Academy of Management Journal
3
American Economic Review
3
Human Resource Management
3
Human Resource Management Review
3
Journal of Applied Psychology
3
Journal of Labor Economics
3
Journal of Organizational Behavior
3
Journal of International Business Studies
3
Journal of Political Economy
3
Management Science
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Personnel Psychology
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Quarterly Journal of Economics
3
Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie
Unser Rezensenten-Team wird darüber hinaus an dieser Stelle
auch richtungsweisende Veröffentlichungen aus weiteren Publi-
kationen darstellen.
Neues aus Top-Journals
G
ill Kirton und Kollegen untersuchten am Beispiel
eines Global Players im Professional-Services-Be-
reich (IT), inwiefern sich eine vom CEO ausgehende
Diversity-Initiative im Arbeitsalltag widerspiegelt.
Die Belegschaft des Unternehmens war durch weiße, männ-
liche Professionals mit wenig Bezug zu Team-Diversität im
Allgemeinen geprägt: Die Arbeit war in projektbasierten
Teams mit 40-250 Mitarbeitern, darunter selten mehr als 1-2
Frauen, organisiert. Führungskräfte genossen abseits von Ein-
stellungsentscheidungen vollkommene Autonomie bei der Zu-
sammenstellung der Projektteams. Frauen waren im mittleren
Management proportional gut vertreten, im oberen Manage-
ment jedoch stark unterrepräsentiert; der Gender Pay Gap lag
bei 18% – insgesamt also ein Unternehmen, in dem Gender
Diversity keine Selbstverständlichkeit ist.
Praktisch umgesetzt wurde die Diversity-Initiative mittels ei-
ner formalen Diversity-Richtlinie mit entsprechender Rhetorik
(Diversität steigert Kreativität/Innovationskraft, Diversität ist
unabänderliche Wirklichkeit, Diskriminierung ist moralisch
verwerflich); außerdem wurde ein 20-minütiger E-Learning-
Kurs zum Thema Diversität mit obligatorischer Teilnahme für
sämtliche Führungskräfte aufgesetzt. Der Kurs klärte u.a. über
die Diversity-Richtlinie des Unternehmens, Stereotypisierung,
unbewusste Wahrnehmungsverzerrungen (z.B. bei der Perso-
nalauswahl) und das Management diverser Teams auf.
Ein Erfolg war die Diversity-Initiative in Bezug auf die tat-
sächliche Umsetzung nicht: Die Hälfte der interviewten Ma-
nager nahm die Motivation des CEOs als fadenscheinig und
instrumentell wahr – das Unternehmen bewarb sich zum
Zeitpunkt der Interviews um einen „Responsible Business
Award“. Zudem wurde dem Diversity-E-Learning-Kurs wenig
Beachtung geschenkt; vermutlich waren die Befragten daher
auch nicht in der Lage, konkrete Implikationen für ihr eigenes
Handeln als Führungskraft abzuleiten, geschweige denn davon
zu berichten, wie sie diese im Alltag umsetzen.
Das eigentliche Ziel der Initiative – Diversität wertzuschät-
zen und aktiv zu fördern – wurde nach Einschätzung von Kir-
ton und Kollegen bereits dadurch untergraben, dass sie den
Führungskräften keinerlei Eigeninitiative abverlangte. Sie
wurden weder für die Zusammenstellung ihrer Projektteams
zur Rechenschaft gezogen, noch waren sie in der Karriereför-
Diversity Management:
Anspruch und Realität
Gill Kirton, Maxine Robertson
&
Nicole Avdelidou-Fischer
(Queen Mary University of London): Valuing and value in
diversity: the policy-implementation gap in an IT firm. Human
Resource Management Journal, Vol. 26, No. 3, pp. 321-336.
derung ihrer Mitarbeiter in irgendeiner Weise gebunden. Die
befragten Führungskräfte entschieden sich im Zweifelsfall für
Altbewährtes – d.h., Teams nach technischer Expertise und
zeitlicher Flexibilität der Mitarbeiter zusammenzustellen – an-
statt Zeit und Mühe darauf zu verwenden, Diversität bei der Zu-
sammenstellung ihrer Projektteams aktiv zu fördern. Dies war
den meisten Befragten – auch den weiblichen Führungskräf-
ten – aufgrund des permanenten Zeitdrucks im Rahmen der
Projektarbeit zu zeitaufwendig und auch zu riskant wegen der
ungewissen Auswirkungen auf die Teamleistung. Nur wenige,
hauptsächlich weibliche, Führungskräfte schätzten Gender Di-
versity wegen der Teamdynamik. So wurden Frauen innerhalb
von Projektteams häufig für die „soften“, organisatorischen
Aufgaben eingesetzt.
Die Studie von Kirton und Kollegen zeigt, wenn auch sicher-
lich auf einem eher extremen Fallbeispiel basierend, dass sich
im Arbeitsalltag praktisch nichts ändert, wenn sich das Top
Management auf Value-in-Diversity-Rhetorik und Diversity-
Trainings verlässt, die nicht einmal für Führungskräfte bin-
dende Konsequenzen haben. Das Problem dabei ist freilich,
dass sich mit „Zwang“ sicherlich kein Kulturwandel pro Diver-
sität initiieren lässt, dies aber ganz ohne (positive und/oder
negative) Sanktionen ebenfalls nicht zu bewerkstelligen ist.
Besprochen von
Benjamin P. Krebs
, Lehrstuhl International
Business, Universität Paderborn
1...,41,42,43,44,45,46,47,48,49,50 52,53,54,55,56,57,58,59,60
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