PERSONALquarterly 4/2016 - page 33

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04/16 PERSONALquarterly
Mehrzahl der MINT-Fachkräfte nutzt im Prozess der Stellen-
suche das eigene Personennetzwerk, Kontakte zu Mitarbeiten-
den sowie Unternehmenshomepages, um sich Informationen
über ein infrage kommendes Unternehmen zu beschaffen. Die
MINT-Fachkräfte geben ganz offensichtlich den aus ihrem per-
sönlichen Umfeld gewonnenen Informationen mehr Gewicht
als inszenierten Arbeitgeberauftritten oder direkten Anfragen
von Personalvermittlern oder Recruitern über Karrierenetz-
werke wie etwa Xing oder Linkedin. In Anbetracht des hohen
Anteils an technologieaffinen „Digital Natives“ bei den Infor-
matikerinnen und Informatikern in unserer Stichprobe scheint
die intensiv geführte Debatte um „Social Media Recruiting“
eher als Hype denn als wichtiger Trend. Wichtig erscheint uns
aber, dass Unternehmen die Potenziale proaktiver Rekrutie-
rungsstrategien wie Active Sourcing, Talent Relationship Ma-
nagement oder Hochschulmarketing konsequenter als bislang
nutzen, um Studierende, Absolventinnen und Absolventen wie
auch erfahrene MINT-Fachkräfte direkt anzusprechen und zu
gewinnen (vgl. Weitzel et al., 2015; Trost, 2014).
Zweitens unterstreichen unsere Resultate, dass MINT-Fach-
kräfte die Attraktivität eines Arbeitgebers auf Basis greifbarer
stellen- und anstellungsbezogenerMerkmale beurteilen, anstatt
sich von einer rein imagebezogenen Unternehmenskommuni-
kation (als Employer of Choice oder Marktführer) beeindrucken
zu lassen. Hierbei stehen konkrete Arbeitsinhalte, Entwick-
lungsmöglichkeiten, das Team sowie flexible Arbeitszeitmodel-
le im Zentrum. Wie die qualitative MINT-Studie von Kels et al.
(2015, S. 184-185) zeigt, bevorzugenMINT-Fachkräfte abwechs-
lungsreiche, herausfordernde und lernintensive Aufgaben mit
Technikbezug. Als besonders attraktive Entwicklungsmög-
lichkeiten gelten fachliche Aufgaben- und Tätigkeitswechsel
und herausfordernde Projekte, da viele MINT-Fachkräfte ihr
Kompetenzprofil fortlaufend weiterentwickeln und Neues ler-
nen möchten. Dass der Gesamtlohn insgesamt erst an fünfter
Stelle der Arbeitgeberattraktivitätskriterien rangiert, lässt sich
mit dem bereits hohen Lohnniveau im MINT-Bereich erklä-
ren (vgl. die MINT-Absolventenbefragung BFS, 2013 für die
Überzeit kompensieren
20-30 Jahre
31-50 Jahre
Flexibler Arbeitsbeginn/
-ende
20-30 Jahre
31-50 Jahre
Frei für private Bedürfnisse 20-30 Jahre
31-50 Jahre
Teilzeitarbeit
20-30 Jahre
31-50 Jahre
Unbezahlter Urlaub
20-30 Jahre
31-50 Jahre
Homeoffice
20-30 Jahre
31-50 Jahre
Längere Ferien mit höherer
Arbeitszeit
20-30 Jahre
31-50 Jahre
Bezahltes Sabbatical
20-30 Jahre
31-50 Jahre
Jobsharing
20-30 Jahre
31-50 Jahre
Abb. 4:
Aspekte flexibler Arbeitsbedingungen
Quelle: Eigene Darstellung
0%
20%
40%
60%
80%
100%
sehr wichtig
eher wichtig
teils,teils
4 Im Rahmen unserer Befragung können wir keinen direkten Vergleich zu anderen Berufsgruppen
ziehen. Die Ergebnisse der Universum Professional Survey (2013) aber unterstützen unsere Emp-
fehlung einer zielgruppenspezifischen Personalmarketing- und Rekrutierungspraxis. Die genannte
Studie zeigt, dass MINT-Professionals sich in ihren Erwartungen an attraktive Arbeitgeber von anderen
Berufsgruppen unterscheiden. Die befragten MINT-Professionals messen Faktoren wie Gehalt und
Aufstiegsmöglichkeiten einen vergleichsweise geringeren Stellenwert bei und zeigen sich weniger
aufstiegsorientiert als andere Berufsgruppen.
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