DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT 06/2016 - page 14

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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6|2016
für möglichst jede Lebensphase bieten zu wollen,
in demes sich selbstbestimmt leben lässt: gut und
sicher versorgt. Mit einer intakten Nachbarschaft.
Ob als Single, Familie, Senior oder in Fällen von
Krankheit oder Behinderung.
Inklusion ist dabei ein Kerngedanke. Somit kürten
die Schiffszimmerer imAugust 2014 das Quartier
Rübenkamp als ersten Piloten einer ganzheitlichen
Quartiersentwicklung. Der Grundstein dafür wur-
de durch die Kooperation mit der Evangelischen
Stiftung Alsterdorf (ESA) gelegt, nach deren
bekanntem Modellprojekt Q8 nunmehr auch im
Quartier Rübenkamp weitergeplant und gear-
beitet werden sollte. Q8 steht dabei für die acht
Lebensbereiche:
• Wohnen,
• Assistenz und Service,
• Arbeit und Beschäftigung,
• Gesundheit und Pflege,
• Bildung, Kunst und Kultur,
• lokale Ökonomie,
• Spiritualität und Religion sowie
• Kommunikation und Partizipation.
In jedem Quartier existieren zu genau diesen
Lebensbereichen Ideen, Initiativen und Projekte
– von engagierten Bürgern ebenso wie von sozi-
alen Trägern, Kirchengemeinden, Stadtplanern,
Unternehmen und politisch Verantwortlichen.
Das Anliegen von Q8 bzw. der dahinterstehen-
den Stiftung ist es, diese Potenziale in den Quar-
tieren so miteinander zu vernetzen, dass sie sich
gegenseitig ergänzen und unterstützen können
und schließlich alle davon profitieren.
Diese übergeordnete gemeinsame Überzeugung,
wie ein Quartier weiterzuentwickeln ist, ergän-
zen die Schiffszimmerer mit vier Bausteinen für
eine optimale Generationen- bzw. Lebensgerech-
tigkeit. Ein Baustein besteht aus barrierefreiem
Wohnraum mit technischen Hilfesystemen. Ein
weiterer beinhaltet barrierefreie Infrastrukturen
im direkten Umfeld, beispielsweise schwellenlo-
se Gehwege. Ein dritter Baustein setzt sich aus
wohnortnahen bzw. ambulanten Unterstützungs-
und Pflegeangeboten zusammen, die bei Bedarf
wahrgenommenwerden können. Dies wird ermög-
licht durch soziale Dienste und Kooperationenmit
sozialen Trägern, die vor Ort beraten und beglei-
ten. Und der vierte, gerade für die Genossenschaft
wichtige Baustein beinhaltet die Selbsthilfe und
das freiwillige Engagement von Mitgliedern, Be-
wohnern und Nachbarn, sodass daraus eine intakte
Nachbarschaft wachsen kann.
Quartiersmanagement und
Mitgliederbeteiligung
Seit Anfang 2015 bearbeitet das begleitende
Quartiersmanagement – gemeinsamgetragen von
der Schiffszimmerer-Genossenschaft und Stiftung
Alsterdorf – alle diese Punkte, insbesondere beim
fortschreitenden Neubau. Es bezieht alle dort
lebenden Menschen mit ein – von der baulichen
Planung der neu entstehenden Wohngebäude
bis zu kulturellen und sozialen Angeboten in der
Nachbarschaft. Bereits vorhandene Ressourcen,
professionelle Dienste und bürgerschaftliche In-
itiativen werden vernetzt und kreativ weiterent-
wickelt. Eine Quartiersentwicklerin nahm direkt
vor Ort ihren Dienst auf.
Eine für die Genossenschaft sehr hilfreiche Be-
wohnerbefragung zum Auftakt deckte erste
Erkenntnisse über die Bedarfe und Wünsche im
Quartier auf. Mittlerweile haben sich fünf Akti-
onsgruppen zu den Themen Wohnen, Begegnung
und Nachbarschaft, Umfeld, Grünanlagen und Ge-
meinschaftshaus gebildet. Auch ein runder Tisch
der Gewerbetreibenden und Dienstleister vor Ort
entstand. Und eine erste Bürgerversammlung ließ
die starke Gemeinschaft vor Ort spürbar werden.
So wird auch anhand der jüngsten Planung des
fünften Bauabschnitts dieMitgestaltung durch die
interessierten Bewohner konkret. Viele Anregun-
gen und Wünsche der Bewohner-Aktionsgruppen
sind darin eingeflossen. In den drei Bauteilen mit
insgesamt 61 Wohneinheiten und einer Tiefgara-
ge werden eine Quartierswohnung, eine Wohn-
Pflege-Gemeinschaft für Demenzkranke und 20
1,5- bis 2-Zimmer-Wohnungen mit Wohnungs-
größen von 42 bis 68m2, 22 2-Zimmer- (48 bis
73 m2) und 18 2,5- bis 3-Zimmer-Wohnungen (66
bis 79m2) realisiert. Balkone bzw. Terrassen sind
Standard. Es wird separate genauso wie offene
Küchen geben. Die gesamte Wohnanlage wird zu
90%barrierefrei sein. Durch die Einrichtung einer
Demenz-WGwerden entsprechende Service- und
Betreuungsangebote mit eingeplant.
Aus der Bewohnerbefragung und den Aktions-
gruppen wussten die Schiffszimmerer: Der Be-
darf an kleinen Wohnungen ist hoch. Deshalb
werden für den fünften Bauabschnitt vermehrt
Wohnungenmit kleinen Grundrissen vorgesehen.
So beläuft sich der Anteil von 1,5- bis 2-Zimmer-
Wohnungen auf 70%. Auch wurde ein höherer
Anteil geförderter Wohnungen angefragt. Daher
prüft die Genossenschaft neben dem 1. Förder-
weg für 18 Wohnungen noch andere Optionen
für weitere Wohnungen. Auch andere Ideen gilt
es umzusetzen, dazu gehört z. B. ein zusätzlicher
Gemeinschaftsraum als Nachbarschaftstreff und
eine Dachterrasse als Rückzugsort vor allem für
Senioren. In den Außenanlagen werden z. B. kon-
krete Wünsche nach Obstbäumen, einer Grand-/
Boulebahn, nach verschiedenen Sitzgelegenheiten
und Ruhezonen sowie vielen Fahrradlehnbügeln
berücksichtigt. Und im vorangehenden vierten
Bauabschnitt soll ein Kletterbereich für Kinder
umgesetzt werden.
Ausblick
Gemeinsamden Lebensraum für jede Lebensphase
planen und gemeinschaftlich leben – diesen Weg
wird die Genossenschaft mit ihrenMitgliedern und
den Bewohnern vor Ort nicht nur im Quartier Rü-
benkamp gezielt weiter beschreiten. Sie handelt
auch hier ganz imSinne der genossenschaftlichen
Prinzipien von Solidarität und Selbsthilfe.
Dialogveranstaltung zum fünften Bauabschnitt im Januar 2016
Quelle: M. Tollhopf
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