DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 05/2015 - page 69

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5|2015
Herr Sydow, Sie haben das komplexe Thema der Kosteneinsparung
auf eine einfache mathematische Formel heruntergebrochen.
Können Sie diese kurz erklären?
Die Formel ist ganz einfach: Gewinn = Umsatz – Kosten. Auf der Kosten-
seite stehen neben Zins, Personal-/Verwaltungskosten und Abschreibung
insbesondere auch die Instandhaltungskosten. Die Instandhaltung ist in
allen Unternehmen eine wesentliche Kostenposition und hat somit direkte
Auswirkung auf den Gewinn. Durch vorausschauende Planung der Instand-
haltung wird der Aufwand über den Planungszeitraum verteilt und Kosten-
spitzen geglättet. Gute Planung reduziert daher auch die Zufälle, schafft
Berechenbarkeit, führt zu Budgets imRahmen der Wirtschaftsplanung. Kurz:
Sie verschafft Handlungsfähigkeit.
Wie kann intelligente Instandhaltung zukünftig
konkret aussehen?
Klar ist: Der Instandhaltungsbedarf ist jetzt schon hoch. Entsprechend sind
Lösungen zu bevorzugen, die Volumen, Geschwindigkeit, Bauqualität, Preis-
würdigkeit und Umsetzungmit Kundensicht miteinander verbinden. Unsere
Mieter sind in die Prozesse zwingend mit einzubeziehen.
Wo sehen Sie bisher ungenutztes Potenzial bei der
Instandhaltung?
Der Markt muss insgesamt professioneller werden. Die Instandhaltung an sich
muss planbarer werden. Wir brauchen ex-ante-Indikatoren, umdie Budgets
der Zukunft passgenau aufzustellen.
Instandhaltungskostenmanagement: Wo Sparen zukünftig sexy wird
Die Herausforderungen auf der Kostenseite werden für Wohnungsunternehmen in den kommenden
Jahren hoch sein. Eine der schwierigeren Baustellen dabei ist das Instandhaltungskostenmanage-
ment. Es bietet aber gleichzeitig auch die größten Chancen für die Wohnungswirtschaft und
wird die Branche entscheidend für die Zukunft prägen. Die stark gestiegenen Baukosten sind
dabei nicht nur eine Bremse für den dringend benötigten Wohnungsneubau in Ballungszent-
ren, sondern auch für die Instandhaltung des Bestandes. Laut Statistik sind die Baukosten von
2000 bis 2012 um 28,6% gestiegen. Der Kostenblock „Instandhaltung“ wird nach Meinung von
Experten in den nächsten Jahren in vielen Wohnungsunternehmen über Erfolg oder Niedergang
entscheiden.
Nachgefragt bei Manfred Sydow, Vorstand der GEWOBA Aktiengesellschaft Wohnen und Bauen, Bremen.
Die städtische Gesellschaft bewirtschaftet im Norden Deutschlands mehr als 42.000 Wohnungen und Gewerbeimmobilien.
Sie engagieren sich stark für ein Miteinander. Warum?
Wir sanieren beispielsweise bei uns das Wohngebiet Potsdam-Drewitz.
Wir wollen dort langfristig ein Null-Emissions-Gebiet mit Ökostrom und
grüner Fernwärme haben. Lange hatte die Gegend nicht das beste Image.
Nun aber sehen sich die Bewohner in einem Pilotprojekt und sind stolz
darauf. Sie fühlen sich fast ein bisschen wie Öko-Pioniere. Wir haben sie
eingebunden und suchen gemeinsam nach Lösungen. Die Wertschätzung
der Mieter ist ein sehr wichtiger Faktor. Das kann die Spirale nach unten
unterbrechen. Wir haben gute Erfolge mit schnell sichtbaren Maßnahmen.
Graffiti beispielsweise werden sofort entfernt.
Wo sehen Sie die größten Hemmschwellen?
Wichtig ist, dass die Mitarbeiter ein Bewusstsein für das Thema Instand-
haltungskostenmanagement bekommen. Die Mitarbeitersensibilisierung
ist das A und O. Oft sind es Dinge, die gar nicht so auffallen, die uns Kosten
sparen lassen.
Beispielsweise werden Aufzüge nur 10% des Tages genutzt. Da spielt es
dann schon eine Rolle, ob das Licht immer brennt oder nur wenn sie benutzt
werden. Das Gleiche gilt für die Lüftung.
Wir müssen daher das Personal bei der Instandhaltung stärken. Wir müssen
aber auch die Organisation anpassen.
Der Mensch im Mittelpunkt: Mit Mietern und Mitarbeitern auf Augenhöhe
Lange wurde die Instandhaltung als Kostentreiber gesehen, inzwischen aber hat das
moderne Bild begonnen, sich durchzusetzen: Instandhaltung als ein attraktiver Wettbewerbs-
faktor, um sich von der Konkurrenz abzusetzen und um von den Kunden als guter Dienst-
leister wahrgenommen zu werden. Das funktioniert aber nur, wenn Mitarbeiter und Mieter
mitziehen.
Nachgefragt bei Jörn-Michael Westphal, Geschäftsführer der ProPotsdam GmbH.
Die kommunale ProPotsdam GmbH ist mit einem Bestand von knapp 17.000 Mietwohnungen
der größte Wohnungsanbieter auf dem Potsdamer Wohnungsmarkt.
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