DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 6/2015 - page 44

ENERGIE UND TECHNIK
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6|2015
Einblasdämmung
Harte Schale, weicher Kern
Im Städtchen Westerstede im Nordwesten Niedersachsens wurden vier baugleiche mehrgeschossige
Wohngebäude nachträglich gedämmt. Dazu wurde die Luftschicht zwischen der tragenden Außenwand und
der vorgemauerten Klinkerschale mit einem nichtbrennbaren Mineralwolledämmstoff ausgeblasen.
Der U-Wert der Außenwand verbesserte sich dadurch um mehr als zwei Drittel.
Blumenliebhaber und Züchter zieht es nach Wes-
terstede, denn nirgends blühen die Rhododendren
und Azaleen so herrlich wie hier im Ammerland,
nahe Oldenburg. Doch trotz der Blütenpracht
und der milden Sonnentage herrscht hier auch
ein raues Klima mit kräftigen Stürmen, heftigen
Regenschauern und kühlenWintertagen. Dement-
sprechend sind die meisten Gebäude in robuste
zweischalige Klinkerfassaden gekleidet, umderen
Wärmeschutz es jedoch nicht überall zum Besten
steht. Wie in anderen Regionen der Republik weck-
te erst der Ölpreisschock in den 1970er Jahren das
Bewusstsein, dass manmit gedämmten Gebäuden
nicht nur die Heizkostenrechnung zu reduzieren
vermag, sondern auch von einem spürbar besse-
renWohnkomfort profitiert. Bei Neubautenwurde
daher die Luftschicht zwischen dem tragenden
Mauerwerk und der vorgesetzten Klinkerschale
mit einer Kerndämmung versehen, was jedoch erst
ab den 1980er Jahren Standard wurde.
Gute Bausubstanz, schlechter Wärmeschutz
Zu jener Zeitwar jedochderWohnungsbedarf schon
weitgehend gedeckt, weshalb inWesterstede viele
Gebäude aus den 1950er und 1960er Jahren zu
finden sind, deren Gebäudehüllen nur marginal
oder sogar komplett ungedämmt sind. Zu dieser
sanierungsbedürftigen Kategorie zählten auch vier
baugleiche, 1966 errichtete Wohnblöcke in der
Breslauer Straße 27-33, die insgesamt 84 Wohn-
einheiten beherbergen. Zwar zeugte die baulich
ordentliche Substanz der vier Häuser davon, dass
sich die zwei Eigentümergemeinschaften gemein-
sammit der Harre Hausverwaltung und Immobilien
GmbH aus Rastede redlich umdie nötigen Instand-
haltungsarbeiten kümmerten. Der 2008 in Auftrag
gegebene Energieausweis zeigte allerdings, dass
der Wärmeschutz nicht der Beste war.
Die fehlende Dämmung in den Außenwänden
ließ im Winter nicht nur die Räume auskühlen,
sondern provozierte an den zur Nordseite orien-
tierten Wänden vereinzelt sogar Schimmelbefall.
Zudemmachte allmählich der 300-kW-Gaskessel
schlapp, der über ein Nahwärmenetz drei der vier
Gebäudemit Heizwärme versorgte. Deren Energie-
verbrauchkennwert lag mit 177 kWh/(m
2
a) auch
etwas höher als bei der solobeheizten Breslauer
Straße 27, die mit 155 kWh/(m
2
a) aufgrund der
1998 modernisierten Gastherme zwar etwas bes-
ser, wegen der ebenfalls ungedämmtenHülle aber
keineswegs zeitgemäß abschnitt. Selbst der Aus-
tausch der Fenster in den 1990er Jahren half nur
wenig, zumal die obersten Wohnungen an ein un-
genutztes, unbeheiztes und ungedämmtes Dach-
geschoss grenzten. Besser hatten es die Bewohner
imParterre, unter deren Füßen die ungedämmten
Heizleitungen die Kellerdecke angenehm tempe-
rierten – eine ungeplante Fußbodenheizung, die die
Mietergemeinschaft subventionierte.
Auswahl: Material, Technologie, Verfahren
In Anbetracht der energetischen und stellenwei-
se hygienischen Mängel beschlossen die Eigen-
tümergemeinschaften, mit den angesparten In-
standhaltungsrücklagen denWärmeschutz der vier
Wohnblöcke zu verbessern und denmaroden Kessel
sowie das verlustreiche Nahwärmenetz durch drei
moderne Gas-Brennwertthermen zu ersetzen. Das
Stilllegen der Rohrleitungen und die Installation
der neuen Heizanlage verlief routinemäßig. Beim
nachträglichen Dämmen der Luftschicht in dem
zweischaligen Mauerwerk vertraute man auf den
Rat und die Erfahrung von Hartmut Mäcken. Sein
Betrieb, das Ammerländer Energiespar Kontor
GmbH (AEK) aus Bad Zwischenahn, kennt sich
mit der nachträglichen Dämmung von Altbauten
bestens aus und setzt dafür unterschiedliche Ma-
terialien, Technologien und Verfahren ein.
Er empfahl eine Einblasdämmung aus loser, nicht-
brennbarer Glaswolle (Baustoffklasse A1) ohne
jeglichen Bindemittelzusatz - Supafil Cavity Wall
Michael Leibold
Produktmanagement / System­
entwicklung Blowing Wool
Knauf Insulation GmbH
Simbach am Inn
Gebäudetyp:
3-geschossiger Wohnungsbau mit 2-schaliger Klinkerfassade
Baujahr:
1966
Sanierung:
Januar 2014
Gebäudenutzfläche A
N
:
1.200 m
2
je Wohnblock
U-Wert der Außenwände vor der Sanierung:
1,49 W/(m
2
K)
U-Wert der Außenwände nach der Sanierung:
0,40 W/(m
2
K)
Wandaufbau
(von innen nach außen):
• 15 mm Kalkzementputz
• 115 mm Kalksandsteinmauerwerk (Rohdichteklasse 1,4)
• 70 mm Luftschicht/Einblasdämmung Supafil Cavity Wall
• 115 mm Vollklinker (1800 kg/m
3
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GEBÄUDE- UND ENERGIEKENNWERTE
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