CONTROLLER Magazin 4/2015 - page 79

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schwelle geben, sondern mehrere. Die Gründe
sind: (a) Gewinne und Verluste verschiedener
Produkte können sich ausgleichen, (b) die Rei-
henfolge der verkauften Produkte beeinflusst
natürlich die Gewinnschwelle und (c) Fixkosten
lassen sich nicht unbedingt auf einzelne Pro-
dukte zurechnen, so dass man dann keine
Gewinne für eine Produktart ermitteln kann.
Die Kernfrage der Break-Even-Rechnung ver-
schiebt sich vom einzelnen Produkt hin zum
gesamten Produktions- und Absatzprogramm.
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Die Lösungsvorschläge für den Mehrproduktfall
konzentrieren sich meist auf den zweiten Aspekt
(b). Drei Vorschläge finden sich in Lehrbüchern:
(1) Eine Break-Even-Menge lässt sich dann für
mehrere Produkte ermitteln, wenn man davon
ausgeht, dass die Absatzmengen in einem kons-
tanten Verhältnis stehen, dass also beispielswei-
se die Produkte A und B immer im Verhältnis 1:5
verkauft werden.
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(2) Es wird mit durchschnittli-
chen, konstanten Absatzmengen je Produkt ge-
rechnet, wobei das Ergebnis im Grunde wieder
dasselbe wie bei (1) ist. Der dritte Ansatz be-
trachtet zwei extreme Absatzszenarien, die sich
darin unterscheiden, in welcher Reihenfolge die
Produkte verkauft werden. Im pessimistischen
Fall werden die Produkte vom am wenigsten pro-
fitablen hin zum profitabelsten verkauft, der
Break-Even erfolgt also erst „spät“; im optimisti-
schen Fall ist es umgekehrt und die Gewinn-
schwelle wird schneller erreicht. Die Bezeichnun-
gen „pessimistisch“ und „optimistisch“ beziehen
sich hier nicht auf Wahrscheinlichkeiten, sondern
nur auf die auf- oder absteigende Reihenfolge
der Profitabilitäten der Produkte, also auf eine
ungünstige bzw. günstige Entwicklung.
Die Profitabilität wird entweder als DB direkt
oder über das Verhältnis DB zu Umsatz je Pro-
dukt ermittelt. Die Abbildung 1 veranschaulicht
diesen Ansatz mit dem DB je Produkt als Maß-
stab der Profitabilität. Die Fixkosten betragen
25 Tsd. €.
Damit erhält man ein Intervall möglicher Ge-
winnschwellen. In diesem Beispiel wird die Ge-
winnschwelle entweder bereits mit dem fünften
oder erst mit dem sechsten Produkt erreicht. Es
wird zwar deutlicher, dass die Gewinnschwelle
durchaus schwanken kann, die Unsicherheit
der Absatzentscheidungen wird aber immer
noch deutlich unterschätzt und das Risiko wird
nicht quantifiziert.
Berücksichtigung von Unsicher-
heit und Risiko = stochastische
Break-Even-Analyse
Unter
Unsicherheit
ist hier zu verstehen, dass
die wesentlichen Eingangsgrößen für die Zu-
kunft nicht sicher vorhergesagt werden können,
sondern dass es eine
Bandbreite möglicher
Werte
gibt. In der Break-Even-Analyse trifft
das meist auf die
Absatzmengen, Absatz-
preise und Absatzreihenfolge
zu, etwas ge-
ringer dürften die Schwankungen für fixe Kos-
ten und variable Stückkosten sein.
Das Risiko bezeichnet die mögliche negative
Auswirkung dieser Unsicherheit.
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Für die
Break-Even-Analyse ist das wesentliche Risiko
ein möglicher Verlust, allerdings wird dieser üb-
licherweise nicht quantifiziert; es wird also nicht
eine zu erwartende Verlusthöhe bei einer be-
stimmten Verlustwahrscheinlichkeit ermittelt.
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Doch nur wenn man Letztere kennt, kann man
Abb. 1: Break-Even-Diagramm im Mehrproduktfall
CM Juli / August 2015
1...,69,70,71,72,73,74,75,76,77,78 80,81,82,83,84,85,86,87,88,89,...116
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