CONTROLLER Magazin 4/2015 - page 72

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fene Software den Unternehmenskern betrifft,
auch zum Scheitern des Mergers führen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass
aufgrund der Immaterialität des Gutes
Software und der Unkenntnis der Kunden
über die komplexen, der Softwarenutzung
zugrunde liegenden Nutzungsrechte das
Thema in vielen Unternehmen nicht mit der
notwendigen Sorgfalt behandelt wird.
Dass
es sich bei Software nicht nur um ein Thema
der unternehmensinternen Einkaufsabteilung
handelt, sondern um ein strategisches, bera-
tungsintensives Thema des Controllings, wird
den Verantwortlichen oftmals erst im Scha-
densfall bewusst. Denn der vermeintlich güns-
tige Bezug von Softwareprodukten, kann im
Zweifel hohe Folgekosten nach sich ziehen.
Software-Assetmanagement
als Lösungsansatz
Die beschriebenen Risiken können in großen
Teilen durch eine umfassende Beratung im Vor-
feld einer Entscheidung über den Erwerb einer
Software vermieden oder zumindest reduziert
werden. Darüber hinaus bietet sich als Funda-
ment ein
Software-Asset-Management
(SAM) Workshop
an. So lässt sich nicht nur
eine Ist-Darstellung der im Unternehmen aktu-
ell zum Einsatz kommenden Software aufbau-
en, sondern der Workshop hilft auch dabei,
Softwarenutzungsverhalten zu analysieren, und
bildet somit die Grundlage zur Einführung von
Softwarenutzungs- und Verwaltungsprozessen.
Hierzu zählt die planmäßige Erfassung und
Steuerung des Bedarfs und des Bestands an
Computerhardware und der eingesetzten Soft-
warelizenzen.
Lizenzmanagement umfasst
insbesondere die administrative Verwal-
tung der Lizenzen für gekaufte oder gemie-
tete Software
, also in der Regel Standardsoft-
ware. Allerdings sollte die Aufgabe des Lizenz-
managements auch auf selbst entwickelte
Softwareprodukte ausgedehnt werden, damit
ein vollständiges Bild über die eingesetzte Soft-
ware vorhanden ist.
Die Abbildung 1 zeigt die wesentlichen Schritte
des Life-Cycles für das Software-Assetma-
nagement auf. Der Prozess muss durch ein
durchgängiges Controllingsystem ausgehend
aus der Vergangenheit ausgeglichen werden
muss und zudem die ggf. zusätzlich durch
Nachzahlung angeschafften Lizenzen im Zwei-
fel nicht den Anforderungen der zukünftigen IT-
Strategie entsprechen – womit letztlich neue
Kosten auf das Unternehmen zukommen.
Spätestens an dieser Stelle geht es dann um
das bereits angesprochene Thema Risikoma-
nagement bzw. Compliance.
Oftmals ist den
Entscheidern der eigentliche Wert der in ih-
rem Unternehmen eingesetzten Software
nicht vollumfänglich bewusst
, ebenso wie
die hiermit verbundenen Risiken. Je nach Unter-
nehmensgröße und Komplexität der eingesetz-
ten Software, kann es hier schnell um hohe
sechs- bzw. siebenstellige stellige Werte gehen.
Zudem spielt der Sachverhalt auch bei der
Bewertung von Unternehmen eine gewichtige
Rolle, z. B. im Rahmen von Veräußerungen. Teil
einer jeden Prüfung vor einem Unternehmens-
kauf ist eine IP Due Diligence, mit welcher der
Bestand an gewerblichen Schutzrechten – ei-
genen wie lizenzierten – und deren Wertigkeit
geprüft wird. Stellen sich hierbei erhebliche li-
zenzrechtliche Probleme des Zielunternehmens
heraus, kann dies zu einem Risikoabschlag be-
zogen auf den Kaufpreis oder, wenn die betrof-
Kunden überprüfen
, oder diese zu einer
Selbstauskunft über ihr Softwarenutzungsver-
halten auffordern. Zwar kennt das deutsche
Recht keine gesetzliche Grundlage für anlass-
unabhängige Audits, sodass entsprechende
Klauseln in Lizenzverträgen bei Anwendbarkeit
des deutschen Rechts unwirksam wären. Aller-
dings „flüchten“ die Hersteller oft unter auslän-
disches Recht, in Europa sehr gerne das Recht
der Republik Irland. Dieses kennt eine dem
deutschen Recht vergleichbare Kontrolle von
AGB in B2B-Verträgen nicht, sodass wirksame
und effektive Audit-Klauseln vereinbart und
durchgesetzt werden können.
Nicht selten kommen
in Folge solcher Audits
auf die Kunden hohe, nicht geplante Nach-
zahlungen
für im Rahmen der Nutzungsbedin-
gungen nicht richtig eingesetzte Software zu.
Fehlt es an einem Lizenzmanagement im Unter-
nehmen, sind Zuwiderhandlungen gegen die
mit den Herstellern geschlossenen Verträge in
der Regel schuldhaft begangen, mit der Folge,
dass neben Unterlassungsansprüchen auch
Schadensersatzansprüche für die rechts-
widrige Nutzung in der Vergangenheit
bei
einer Unter- oder Falschlizenzierung möglich
sind (§ 97 Abs. 1, Abs. 2 Urheberrechtsgesetz).
Problematisch ist dabei, dass hier ein Schaden
Autoren
Dipl.-Kfm. Stefan Brassel, M.A.
ist Leiter des Bereiches Licens Consulting des zur Bechtle AG
gehörenden IT-Systemhauses in Aachen, das für den Bereich
Lizenzberatung, Software-Assetmanagement sowie Lizens-
verwaltungsprozesse als interner Dienstleister für die Bechtle
Systemhäuser in Nordrhein Westfalen auftritt.
E-Mail:
Sascha Kremer
ist Fachanwalt für IT-Recht, Experte für Softwarerecht, Grün-
dungspartner der LOGIN Partners Rechtanwälte und Lehrbe-
auftragter an den Hochschulen Düsseldorf und Bonn-Rhein-
Sieg.
Prof. Dr. Andreas Gadatsch
ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Wirt-
schaftsinformatik im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin.
E-Mail:
Lizenz-Controlling für Software
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