CONTROLLER Magazin 4/2015 - page 75

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In China ist eine drängende Personalfrage für
Firmen aus dem Ausland: Wie können wir un-
sere chinesischen Mitarbeiter an uns binden?
Denn chinesische Angestellte neigen dazu,
ihren Arbeitsplatz oft zu wechseln. Und mit den
Stellenwechseln geht meist ein Know-how-
Verlust einher.
In den zurückliegenden Jahren haben viele Un-
ternehmen aus Deutschland, Österreich und
der Schweiz in der Volksrepublik China Ver-
triebsniederlassungen und Produktionsstätten
eröffnet. Und das werden sie auch künftig tun,
denn China ist der größte Wachstumsmarkt
weltweit.
Außerdem stellt das „Reich der
Mitte“ oft das Tor für einen Export in ande-
re asiatische Märkte dar.
Bei ihrer Expansion
in China kämpfen Unternehmen jedoch nicht
nur mit dem Problem, ausreichend qualifizier-
tes Personal zu finden. Noch schwerer fällt es
ihnen, speziell höher qualifizierte Mitarbeiter an
sich zu binden, denn diese sind stark umwor-
ben und haben meist viele Optionen. „Den Chi-
nesen“ gibt es ebenso wenig wie „den Deut-
schen“. Trotzdem lassen sich bei chinesischen
Arbeitsnehmern große Mentalitäts- und Ver-
haltensunterschiede zu Arbeitsnehmern im
deutschsprachigen Raum konstatieren. So ten-
dieren chinesische Angestellte zum Beispiel zu
Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit dazu, sich zu-
nächst zwei, drei Jahre bei einem renommier-
ten Unternehmen zu verdingen, damit dieser
„brand“ als Referenz in ihrem Lebenslauf steht
– selbst wenn sie zum Beispiel finanziell attrak-
tivere Jobangebote haben. Doch danach su-
chen sie eine Stelle, die ihnen ein höheres Ge-
halt und bessere Aufstiegschancen verspricht.
Geringe Loyalität zu Marken
und Arbeitgebern
Chinesische Konsumenten haben eine geringe
Marken-Treue. Sie wetteifern darum, der Erste
zu sein, wenn es darum geht, neue Trends, De-
signs und Produkte zu testen. Und ihr Selbst-
wertgefühl hängt auch stark davon ab, ob sie
sich Trendprodukte leisten und an Moden teil-
haben können.
Diese innere Einstellung lässt sich auf ihre Be-
ziehung zu (ausländischen) Arbeitgebern
übertragen. Und sie erklärt, warum chinesi-
sche Mitarbeiter so oft ihre Stelle wechseln.
Solange sie das Gefühl haben, sie könnten
durch einen Arbeitsgeberwechsel ihren finan-
ziellen oder sozialen Status verbessern, bin-
den sie sich emotional nicht an ein Unterneh-
men. So wechseln chinesische Mitarbeiter
zum Beispiel aus Status-Gründen von einem
Top-500- zu einem Top-100-Unternehmen.
Oder von einer sicheren Facharbeiter-Stelle
auf einen recht unsicheren Projektmanager-
Posten. Häufig ist aber auch eine eher be-
scheidene Gehaltsverbesserung ausschlag-
gebend für einen Stellenwechsel. Für Arbeit-
CM Juli / August 2015
Internationale Personalentwicklung
Chinesische Mitarbeiter ans Unternehmen binden
von Sabine Machwürth
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