HR-Software-Kompendium - page 72

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HR-SOFTWARE
_ZEITWIRTSCHAFT
spezial Softwarekompendium 2017
essant ist, dass die PWC-Studie, die ich
schon erwähnt hatte, nicht den Finanz-
bedarf als Problem darstellt. Vielmehr
sehen die befragten Unternehmen den
Mangel an Fachkräften als größtes Pro-
blem auf dem Weg zur Industrie 4.0 an.
Darüber hinaus befürchten vor allem
die mittelständischen Unternehmen ei-
nen möglichen Datenklau.
personalmagazin:
Zum Thema Fachkräf-
temangel: Welche Auswirkungen wird
Industrie 4.0 auf den Personalbedarf
und die Personalstruktur in den Unter-
nehmen haben?
Röhrig:
Tatsache ist, dass die meisten Un-
ternehmen nicht die benötigten IT-Fach-
leute finden. Insbesondere Datenanalys-
ten sind kaum am Markt zu bekommen.
In dieser Not gehen die Unternehmen
unterschiedliche Wege. Die einen grün-
den eine externe Softwaregesellschaft,
in die sie die eigenen Mitarbeiter über-
führen, in der Hoffnung, attraktive Ar-
beitsplätze zu bieten. Außerdem wollen
sie das eigene Know-how anderen Unter-
nehmen zugänglich machen und zusätz-
lich für Wertschöpfung sorgen. Andere
Unternehmen kaufen ganze IT-Firmen
dazu, um den eigenen Weg zur Industrie
4.0 forciert angehen zu können. Mögli-
cherweise wird sich eine Arbeitsvorbe-
reitung in Zukunft dahingehend verän-
dern, dass dort neben einem erfahrenen
Meister ein Datenanalyst sitzt, der einen
informationstechnischen Hintergrund
hat, um aus dem gewonnenen Datenma-
terial Prognosen zu ermitteln oder einen
optimalen Durchlauf durch die Produk-
tion zu finden.
„Mehr Selbstorganisation“
INTERVIEW.
Ohne Software und entsprechende Investitionen kann es Industrie 4.0
nicht geben, sagt Burkhard Röhrig. Auch für die Mitarbeiter ergeben sich Vorteile.
personalmagazin:
Herr Röhrig, was sagen
Sie als Vorstandsvorsitzender des VDMA-
Fachverbands Software und Digitalisie-
rung: Wo stehen die deutschen Firmen
auf ihrem Weg zur Industrie 4.0?
Burkhard Röhrig:
Der VDMA ist sehr ak-
tiv in der Unterstützung seiner Mit-
gliedsunternehmen und hat zahlreiche
Schriften erarbeitet, um beispielsweise
sinnvolle Bausteine auf dem Weg zur
Industrie 4.0 zu identifizieren oder in
einem Selbstcheck die Ausgangslage
festzustellen. Das eigene Stadium zu
erkennen ist wichtig, um darauf abge-
stimmt den individuell richtigen Weg
zur Industrie 4.0 zu finden. Laut einer
Studie von PWC, die im Handelsblatt
vorgestellt wurde, investieren produzie-
rende Unternehmen bis 2020 jährlich
31 Milliarden Euro zur Digitalisierung.
Und laut einer Studie der Commerz-
bank, die Anfang Juni im Handelsblatt
vorgestellt wurde, nutzen zwei Drittel
der 4.000 befragten mittelständischen
Unternehmen bereits viele Möglichkei-
ten der Digitalisierung.
personalmagazin:
Können Sie Beispiele
nennen, wie Industrie 4.0-Anwendungen
konkret aussehen?
Röhrig:
In erster Linie geht es darum,
Daten zu sammeln, um Ausfälle von
Maschinen zu vermeiden oder sogar
Maschinen-Tuning durchzuführen. Wir
müssen Daten und Informationen ge-
winnen – das passiert durch vernetzte
Maschinenanbindung, durch Sensorik
und durch cyber-physical Systems. Im
zweiten Schritt gilt es, diese Daten zu
analysieren und daraus sinnvolle Maß-
nahmen zu erarbeiten. In einem dritten
Schritt wird es darum gehen, Prognosen
aus diesem Datenmaterial zu entwi-
ckeln. Das ist sozusagen die Kür. So weit
sind wir noch lange nicht. Aber es gibt
bereits Szenarien, in denen Maschinen
Verschleißteile automatisch bestellen
oder einen entsprechenden Vorschlag
generieren.
personalmagazin:
Wie wichtig sind Investi-
tionen in Software, um das eigene Unter-
nehmen fit für Industrie 4.0 zu machen?
Röhrig:
Ohne Software kann es Industrie
4.0 nicht geben. Hier sind umfangreiche
Investitionen erforderlich, insbesonde-
re vor dem Hintergrund, dass im deut-
schen Mittelstand in der Vergangenheit
häufig weniger als ein Prozent des Um-
satzes in die IT investiert wurde. Inter-
„Wenn wir Werkstücken
zutrauen, sich selbst
den in der aktuellen
Situation am besten
passenden Weg durch
die Fertigung zu su-
chen, dann sollten wir
auch den Mitarbeitern
mehr Möglichkeiten
zur Selbstorganisation
zubilligen.“
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