Wirtschaft und Weiterbildung 5/2019 - page 3

editorial
wirtschaft + weiterbildung
05_2019
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Seit rund 20 Jahren veröffentlicht der Stuttgarter Finanzanalytiker
Volker Looman in einer Kolumne in der Dienstagsausgabe der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Ratschläge zur Geldanlage und zum
Immobilienerwerb. Looman beherrscht die Kunst, die Zahlungsströme
zum Beispiel beim Kauf einer Mietskaserne auf Kredit unter
Berücksichtigung der Steuern minutiös auf Jahrzehnte vorzurechnen
und das Ganze mit diversen Anlagealternativen des vorhandenen
Eigenkapitals zu vergleichen.
In seiner Kolumne vom 19. März 2019 überraschte er seine Leser jedoch
durch einen Ausflug in die Welt der Psychologie. Einer seiner Klienten
wollte Tipps, wie er sein Geld besser anlegen könnte. Doch Looman
spürte im Verlauf des Kennenlerngesprächs sehr schnell, dass der Mann
mit seinem Leben grundsätzlich unzufrieden war und dass der
Ratsuchende glaubte, dass alles besser würde, wenn er nur mehr Geld
hätte.
Die Gefühle, die ein Berater bei sich und beim Kunden wahrnimmt,
geben Hinweise auf unbewusste Motive. Ein Berater sollte ein Gefühl
dafür bekommen, was die „eigentlichen“ (= emotionalen) Gründe für
die Konflikte eines Kunden sind. Dem Finanzanalysten Looman gelang
das auf vorbildliche Weise. Sein Klient war unglücklich, weil er sich in
Vermögensfragen ständig mit anderen verglich. Looman nutzte seine
ganze Kolumne, um klarzumachen, dass Vergleiche „die besten
Voraussetzungen für dauerhafte Unzufriedenheit“ sind – quasi der
Vorhof zur Hölle.
Wir sagen: „Danke Looman!“ Er bestätigt als Praktiker das, was unser
Grundlagenartikel ab Seite 42 in allen Einzelheiten ausführt: Kein
Berater, der etwas auf sich hält, kommt ohne Kompetenz im Umgang mit
Gefühlen aus.
„Eigentliche“ Gründe erkennen
Viele Inspirationen mit
unserem neuen Heft
wünscht
Martin Pichler, Chefredakteur
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