editorial
wirtschaft + weiterbildung
09_2017
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Nein, das ist kein Druckfehler. Diese Überschrift ist ein Protest gegen
den Führen-4.0-Hype, ohne den zurzeit kein Kongress auszukommen
scheint. Die Idee, mit „0.4“ wider den Stachel zu löcken, stammt von
Dr. Christine Flaßbeck, Sozialpsychologin und Chefin von Flaßbeck-
Interventions in Hamburg
Flaßbeck wurde eingeladen, auf dem diesjährigen Ausbildungskongress
der Bundeswehr (siehe Seite 58) einen Workshop zu halten und wählte
den Workshop-Titel „Antithese 0.4 – Bleibt alles anders!“ Sie will damit
zum Ausdruck bringen, dass es für Manager in der Regel sinnvoller ist,
sich mit den Basics guter Führung zu beschäftigen (Denkanstöße dazu
ab Seite 42), als den Gurus der Digitalisierung und den Propheten der
Agilität hinterherzulaufen.
Worauf Flaßbeck aufmerksam macht: Bestimmte Prozesse ändern sich
nicht, auch wenn sie digitalisiert werden. Viele Führungskräfte können
immer noch kein Feedback geben (und erst recht nicht nehmen) und der
Schaden, der dadurch entsteht, wird auch nicht kleiner, wenn die
Kommunikation zukünftig via App abläuft. Und wenn man liest, wie
vorsichtig und absichernd manche Teamleiter immer noch ihre Mails
formulieren, die nach „ganz oben“ gehen, dann erkennt man schnell,
dass auch Dezentralisierung und Agilität Statusunterschiede nicht
aufheben.
Natürlich leben nicht nur Berater, sondern auch wir Journalisten von
immer neuen Modewellen („The trend is our friend“). Trotzdem müssen
wir uns alle im Klaren sein: Auf jeden Trend folgt irgendwann ein
Gegentrend – Christine Flaßbeck hat ihm diesmal rechtzeitig einen
Namen gegeben.
Führen 0.4
Viele Inspirationen mit
unserem neuen Heft
wünscht
Martin Pichler, Chefredakteur