editorial
wirtschaft + weiterbildung
11/12_2015
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Mit dem Einsatz einer Software, die Abgaswerte verfälschen kann, hat
sich der Automobilhersteller Volkswagen des Betrugs am Kunden
schuldig gemacht. Ob die Personalentwicklung den Skandal hätte
verhindern können, indem sie frühzeitig eine bessere Unternehmens-
kultur gefördert hätte? Dieser Frage geht Oliver Maassen in seinem
Beitrag ab Seite 30 nach.
Als die ersten Berichte über die manipulierten Abgaswerte auftauchten,
wurde betont, dass die Tricksereien den Experten aus der Branche längst
bekannt gewesen seien. Sie hätten sich aber nicht vorstellen können,
dass sich jemand wirklich dafür interessieren und darüber aufregen
würde. Die Zeit vor Weihnachten sollte uns Gelegenheit bieten, in uns zu
gehen und einmal darüber nachzudenken, wo in unserer
Weiterbildungsbranche Grenzen des Anstands übertreten werden – bevor
sie als Skandal auf der Titelseite der „Wirtschaftswoche“ oder des
„Spiegels“ landen.
Jeder kennt solche Fälle, aber eine selbstkritische Diskussion findet nur
im Verborgenen statt – zum Beispiel, wenn ein Coach die Leistungs
fähigkeit seines Coachees schriftlich beurteilt, weil der Auftraggeber
Munition für die nächste Kündigungswelle braucht. Oder wenn
verkaufsstarke Trainergruppen bei einem arglosen Mittelständler mit
Test- und Befragungstools ein Sammelsurium an „dringenden“ Bedarfen
entdecken, deren Bearbeitung für eine Auslastung der Trainer sorgt, aber
für das Unternehmen keine strategische Relevanz hat.
Einen ersten Denkanstoß, wie die Weiterbildungsbranche mit
Bauernfängereien umgehen könnte, bietet das gerade erschienene Buch
über „Motivationslügen“ des Trainers Steffen Kirchner (Seite 14).
Er räumt mit Erfolgstipps auf, mit denen andere viel Geld verdienen.
„Die Motivationspfuscherei in gravierendem Ausmaß muss endlich ein
Ende haben“, schreibt er und argumentiert anschließend rein sachlich,
ohne sich dem Verdacht auszusetzen, sich durch Konkurrenz-Bashing
Marktvorteile verschaffen zu wollen.
VW-Skandal als Denkanstoß
Viel Spaß beim Lesen
des neuen Hefts
wünscht
Martin Pichler, Chefredakteur