AUS DEN VERBÄNDEN
luftschneisen, Grüngürteln und Baumbe
ständen. “Wohnungsbauprojekte werden
unter diesen Prämissen immer komplizier
ter und schwieriger, sie dauern länger und
werden teurer. Die Stadtgesellschaft muss
sich fragen lassen, welche Prioritäten sie
setzen will. Geht es wirklich um Lebens-
und Wohnqualität für alle?“, stellte er die
Frage in den Raum.
Einmalige Wirtschafts- und Sozial-
strukturen
„Wohnen im ländlichen Raum ist immer
ein Gewinn“, knüpfte
Peter Hauk
, Lan
desminister für den Ländlichen Raum
(MLR), an. „Dieser Überzeugung bin ich
nicht nur, weil ich selbst im ländlichen
Raum wohne, sondern weil 30 bis 40 Pro
zent der Einwohner von Baden-Württem
berg dies ebenfalls wollen“. Gewachsen
aufgrund der historischen Verhältnisse
haben viele mittelständische Weltmarkt
führer ihren Sitz im ländlichen Raum.
„Mit dieser dezentralen Entwicklung und
einer dynamischen Wirtschaft haben wir
in Baden-Württemberg eine einzigartige,
unvergleichliche Stellung in Deutschland
und Europa“, so der Minister. Diese gelte
es zu bewahren und weiter zu entwickeln.
Das werde nicht im Gegeneinander, son
dern nur im Zusammenwirken von Met
ropolregionen, Kommunen, Gemeinden
und den ländlichen Regionen funktionie
ren. „Die Probleme des ländlichen Raumes
werden morgen die Probleme der Städte
sein oder sind es schon, wie wir durch den
anhaltenden Trend hin in die Stadt und
damit verbunden, an steigenden Miet- und
Kaufpreisen für Wohnraum bemerken“,
sagte der Minister.
Wohnen jenseits der Metropolen
„Stadt und Land können niemals ein
Gegensatz sein. Es geht nur im Miteinan
der“, sagte
Axel Gedaschko
, Präsident
des Spitzenverbandes der Wohnungswirt
schaft GdW. Die Herausforderungen von
Stadt und Land sind als Thema bei den
Koalitionären in Berlin angekommen. Die
eigens gegründete Kommission „Gleich
wertige Lebensverhältnisse“ soll innerhalb
eines Jahres konkrete Vorschläge erarbei
ten, die sodann in dieser Legislaturperiode
umgesetzt werden sollen. In die Kommis
sion werde der GdW seine Anregungen
und Hinweise einbringen. „Wie können wir
bezahlbar bauen, wenn derzeit eine Über
lastung der Architekten und Bauunterneh
men besteht? Dieser Frage habe sich der
GdW gestellt und sei auf einen neuen Part
ner zugegangen: Die Bauindustrie“, sagte
Gedaschko. Der GdW hat einen europa
weiten Wettbewerb zum seriellen, modu
laren Bauen ausgeschrieben, dessen Ergeb
nisse Mitte Mai verkündet werden. Alle
Wohnungsunternehmen – insbesondere
die kommunalen Unternehmen - könn
ten sich dann ohne eigene Ausschreibung,
direkt aus einem Katalog, Häuser heraus
suchen und zum Festpreis für die nächs
ten fünf Jahre bestellen. „Das spart Zeiten
und Kapazitäten und damit Geld. Wir hof
fen damit einen Teilbeitrag für das künftige
kostensparende Bauen leisten zu können“,
sagte der GdW-Präsident.
Die Zukunft des ländlichen Raumes
Unter dem Titel ‚Heimat 4.0’ präsentierte
Dr.
Daniel Dettling
, Geschäftsführender
Gesellschafter des Instituts für Zukunfts
politik (IfZ), wie die Digitalisierung zu einer
Dezentralisierung des Lebens, Wohnens
und Arbeitens führt. „Die Grenzen zwi
schen Stadt und Land werden fließend und
vermischen sich“, sagte er. Umso wichti
ger werde die Frage werden, wie sich die
Regionen definieren. Denn in attraktive
Regionen werden die Menschen ziehen.
„Mit dem Wort der Glokalisierung zeigen
wir, dass sowohl das Globale als auch das
Lokale in unserem Leben an Bedeutung
gewinnt, aber auch immer mehr ineinan
der übergehen.“
Ländlicher Raum – Auslauf- oder
Zukunftsmodell?
An der anschließenden Podiumsdiskussion
nahmen neben den Referenten Peter Hauk,
Dr. Daniel Dettling und Axel Gedaschko
auch Steffen Braun vom Fraunhofer IAO,
Leiter Mobilität und Stadtsystemgestal
tung, und Christoph Jäger, Bürgermeister
der Gemeinde Großerlach, teil. Die Diskus
sion leitete
Martina Meisenberg
, lang
jährige Moderatorin des SWR-Magazins
Landesschau Baden-Württemberg. Debat
tiert wurde über notwendige neue For
men der Mobilität, über Vernetzungsleis
tungen, Schnittstellen und technologischen
Entwicklungen, die schon bei der Planung
von Neubaugebieten und Quartieren mit
zudenken seien, über die Infrastruktur und
die Möglichkeiten der Gesundheitsversor
gung im ländlichen Raum.
Positive Signale aus den Ministerien
Sigrid Feßler,
Verbandsdirektorin des vbw,
berichtete von der erfolgreichen Arbeit in
der Wohnraum-Allianz Baden-Württemberg
(BW). Die Prognos-Studie zum Wohnraum
bedarf in Baden-Württemberg habe klarge
macht, dass schon im Jahr 2015 eine Woh
nungsbaulücke von 88.000 Wohnungen
bestanden hat. Bis 2020 bedürfe es jährlich
weiterer 54.000 Wohnungen. Diese Lücke
gelte es zu schließen. „Viele Forderungen
des vbw wurden in dem aktuellen Förder
programm Wohnungsbau BW 2018/2019
umgesetzt, das eine deutliche Optimierung
der bisherigen Programme darstellt“, sagte
die Verbandsdirektorin. Nun müsse es mit
der seit langem anstehenden Novellierung
der Landesbauordnung vorangehen. Hier
stehe die Politik in der Pflicht. „Wir arbeiten
derzeit auch gemeinsam mit dem Umwelt
ministerium an einem Pilotprojekt zum seri
ellen Sanieren, welches das Ministerium
fördern wird. Außerdem wird das Sozialmi
nisterium, mit Unterstützung des vbw, ein
separates Förderprogramm für den Woh
nungsbau für ambulant betreute Wohnge
meinschaften für Ältere und Bedürftige auf
legen. Dies zeigt: Die Ministerien suchen die
Zusammenarbeit mit der Wohnungswirt
schaft. Das ist ein positives Signal“, so die
Verbandsdirektorin.
Nach 30 Jahren Verbandsarbeit wird Sigrid
Feßler zum 1. Januar 2019 von Dr.
Iris
Beuerle
als Verbandsdirektorin abgelöst.
Mit der erfahrenen Geschäftsführerin des
Landesverbandes Hamburg wird der vbw
auch künftig in den Bereichen der Interes
senvertretung, Öffentlichkeitsarbeit sowie
der Rechtsabteilung von einer Fachfrau der
Branche geleitet.
Absolventen ausgezeichnet
Für ihre herausragende Leistung wurden
die Absolventen, des Studiengangs Immo
bilienwirtschaft, Sina Bückle, Patrick Bren
ner, Sarah Hauke und Pia Steuerlein mit dem
vbw-Immo-Preis ausgezeichnet.
(schu/koch)
Fortsetzung von Seite 5
Sigrid Feßler, Verbandsdirektorin des vbw
Peter Hauk, Minister für den Ländlichen Raum
6
19/2018