Wohnungspolitische Informationen 47/2018 - page 6

AUS DEN VERBÄNDEN
Kräfte bündeln in einem Hessischen Bauministerium –
Wohnungswirtschaft fordert, die Wahlversprechen einzuhalten
Frankfurt am Main/Wiesbaden – Wohnen gehörte im Hessischen Landtagswahlkampf zu den Top-Themen. Im Rahmen
ihrer Koalitionsverhandlungen müssen CDU und Grüne den Worten in ihren Wahlprogrammen jetzt Taten folgen lassen,
und ihre Anstrengungen auf diesem Gebiet verstärken, fordert der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft
VdW südwest anlässlich der beginnenden schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen. „Dreh- und Angelpunkt einer er-
kennbar verstärkten Wohnungspolitik muss ein eigenständiges Hessisches Bauministerium sein. Dies hat die CDU in ih-
rem Wahlprogramm zugesagt“, erinnert VdW-Chef Dr. Axel Tausendpfund.
Zu den zentralen Forderungen des VdW
südwest hat sich die CDU in ihrem Wahl­
programm überwiegend positiv geäußert.
Auch die Grünen unterstützen zahlreiche
Forderungen des Verbandes. Folgendes
haben CDU und Grüne versprochen:
Bauministerium:
Dafür setzt sich die CDU
ein. Die Grünen machen in ihremWahlpro­
gramm dazu keine Aussage.
„Auch wenn die Grünen sich in Ihrem
Wahlprogramm nicht für ein eigenständi­
ges Bauministerium ausgesprochen haben,
sollten sie in den Koalitionsverhandlungen
über ihren Schatten springen und dafür
eintreten,“ ermuntert Tausendpfund. Jetzt
sei es an der Zeit, „Nägel mit Köpfen“ zu
machen. Bei der Konzeption eines Baumi­
nisteriums dürfe der Wohnungsbau aber
nicht isoliert betrachtet werden. Um die
Probleme an den Wohnungsmärkten zu
lösen, müssten Verkehrsanbindung, Lan­
desentwicklung und Breitbandversorgung
einbezogen werden. „Es ist notwendig, Inf­
rastrukturthemen besser als bisher mit dem
Wohnungsbau zu koordinieren. Hierfür ist
eine Bündelung der Themen in einem Res­
sort notwendig“, fordert Tausendpfund.
Baulandausweisung – Unterstützung
der Kommunen:
Beide Parteien möchten
die Kommunen bei der Ausweisung von
zusätzlichem Bauland unterstützen.
Ein erster, dringend notwendiger politi­
scher Schritt nach einer Regierungsbildung
sei die schnelle und verstärkte Auswei­
sung von Bauland. Da die Kommunen in
diesem Bereich die Planungshoheit haben,
könne die Landesregierung nur unterstüt­
zend und motivierend tätig werden. Dies
müsse unbedingt in stärkerem Maße als
bisher geschehen. „Aus Sorge vor den Fol­
gekosten in der Infrastruktur – beispiels­
weise der Bau einer Kita oder einer Schule
– verzichten Kommunen zuweilen auf die
Ausweisung von Bauland“, konstatiert Tau­
sendpfund. „Beide Parteien zeigen beim
Thema Bauland gute Ansätze in den Wahl­
programmen, die unbedingt auch in den
Koalitionsvertrag aufgenommen werden
sollten. Die CDU möchte die Ausweisung
von Bauland im kommunalen Finanzaus­
gleich besser berücksichtigen und die Grü­
nen möchten nicht nur Sozialwohnungen,
sondern auch die notwendige Infrastruktur
fördern.“
Baukostensenken, Planungs- undGeneh-
migungsverfahren beschleunigen:
Hier schlägt die CDU unter anderem vor,
kommunale Bauämter zu unterstützen und
serielles Bauen zu fördern. Die Grünen wol­
len sich im Bund für einen Steuerbonus bei
energetischen Sanierungen einsetzen.
Dies begrüßt der VdW südwest. „Die Bau­
kosten sind in den vergangenen Jahren
explodiert und haben sich von der sonsti­
gen Preisentwicklung weit entfernt. Aktu­
elle Zahlen zeigen, dass die Bauwerkskosten
zwischen 2010 und 2017 im Bundesschnitt
um 55 Prozent gestiegen sind, die Netto­
löhne im selben Zeitraum jedoch nur um 35
Prozent. Dies ist eine bedenkliche Entwick­
lung, der wir entgegenwirken müssen“, so
Tausendpfund. Darüber hinaus fordert der
VdW südwest, dass durch die Klimaschutz­
politik in Hessen keine weiteren Auflagen
für den Gebäudebereich entstehen.
Zu steigenden Baukosten trage aber auch
die Bürokratie bei. Das liege an den kom­
plexen Anforderungen, an langwierigen
Abstimmungs- und Beteiligungsprozessen,
aber auch an der Personalausstattung. „Die
Rückmeldungen unserer Mitglieder aus der
Praxis zeigen, dass die Kapazitäten in den
kommunalen Bauämtern dringend erhöht
werden müssen. Planungs- und Geneh­
migungsprozesse müssen schlanker und
schneller werden. Hier müssen die Par­
teien den Ankündigungen in den Wahl­
programmen auch Taten folgen lassen“,
fordert Tausendpfund. Auch die Steuerpoli­
tik könne den Wohnungsbau beleben. Hes­
sen habe eifrig an der Grunderwerbsteuer-
Rallye der Bundesländer teilgenommen.
So sei das Grunderwerbsteueraufkommen
seit 2010 von rund 400 Millionen auf rund
1,4 Milliarden Euro pro Jahr gestiegen. Bei
sprudelnden öffentlichen Kassen solle man
hier nicht nur einige Gruppen entlasten,
wie im Wahlprogramm der CDU vorgese­
hen, sondern jetzt sei der Zeitpunkt da,
diese Steuer generell wieder von sechs auf
dreieinhalb Prozent zu senken.
Förderung verbessern:
Hier wollen die
Grünen Fördermittel erhöhen und die
Richtlinien attraktiver gestalten. Beide Par­
teien möchten Wohnungsgenossenschaf­
ten fördern.
In den vergangenen Jahren hat die Landes­
regierung die Mittel für die soziale Wohn­
raum- und Städtebauförderung zwar auf­
gestockt, ummehr bezahlbaren Wohnraum
für Menschen mit geringen und mittleren
Einkommen zu schaffen, es werden jedoch
nach wie vor zu wenige Mittel abgerufen.
Um den Bau geförderter Wohnungen zu
forcieren, sind deshalb deutlich attraktivere
Förderkonditionen mit höheren Zuschüssen
nötig, so der VdW südwest.
Es sei gut, dass beide Parteien den Wert
und die wichtige Rolle von Wohnungs­
genossenschaften erkannt hätten und
diese nun besser fördern wollten. Woh­
nungsgenossenschaften wirkten mit
bezahlbaren Mieten neben kommunalen
und öffentlichen sowie privatwirtschaft­
lichen Unternehmen stabilisierend auf
die Mietwohnungsmärkte. Sie engagier­
ten sich auf vielerlei Weise in den Wohn-
und Stadtquartieren und seien verlässli­
che Partner der Städte und Gemeinden,
so der VdW südwest. Viele Wohnungs­
genossenschaften können von steuer­
lichen Abschreibungen allerdings nicht
profitieren, weil es sich häufig um steu­
erbefreite Vermietungsgenossenschaften
handele. Es bedürfe deshalb einer alter­
nativen Investitionszulage für den Woh­
nungsneubau.
Angesichts der demografischen Entwick­
lung sei die Politik ebenfalls gefordert. Die
Wohnung müsse als Gesundheits- und Pfle­
gestandort gestärkt werden, damit ältere
und gesundheitlich beeinträchtigte Mieter
bis ins hohe Alter im gewohnten Umfeld
bleiben könnten. In Hessen werde bisher
vor allem der barrierefreie Umbau von
selbstgenutztem Wohneigentum geför­
dert. Hier sollten auch verstärkt vermietete
Wohnungen und Gebäude einbezogenen
werden, verlangt der VdW südwest. Nicht
nur Eigentümer, auch Mieter hätten ein
Recht darauf, in den eigenen vier Wänden
alt zu werden.
(fra)
Weitere Informationen sowie
die Positionen des Verbandes zur
Landtagswahl finden Sie unter:
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