Wohnungspolitische Informationen 47/2018 - page 4

BUNDESPOLITIK
Sonder-AfA ist unpassendes Mittel zur Bewältigung der Wohnungsknappheit
Berlin – „Die Idee, den bezahlbaren Wohnungsbau steuerlich zu fördern, ist absolut richtig. Allerdings steckt hinter
dieser Idee der Bundesregierung leider ein unpassendes Mittel. Eine befristete Sonderabschreibung wirkt in Zeiten der
sowieso schon überhitzten Baukonjunktur als Preistreiber, da die Kapazitäten am Bau weitgehend ausgeschöpft sind“,
erklärte Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, anlässlich der öf-
fentlichen Anhörung zum Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus im Finanzausschuss des Deut-
schen Bundestages am 19. November 2018. Der GdW vertrat bei der Anhörung als größter Branchendachverband die
Interessen der Wohnungswirtschaft.
Die enge zeitliche Beschränkung dieser
Steuerregelung wirke zudem als fatales Sig­
nal an die Baubranche, nicht in neue Kapa­
zitäten zu investieren. „Dabei sind die völ­
lig ausgelastetem Kapazitäten aber gerade
eines der Hauptprobleme, die ein Mehr an
Neubau verhindern. Die gut gemeinte steu­
erliche Förderung geht daher am Ende voll
nach hinten los und nutzt herzlich wenig“,
so Esser. „Sinnvoller wäre es, die reguläre
lineare Abschreibung für den Neubau von
2 auf 3 Prozent zu erhöhen. Das wäre ein
echter und länger anhaltender Anreiz für
den bezahlbaren Wohnungsbau und zudem
eine längst überfällige Anpassung.“ Sollte
an der geplanten Sonderabschreibung fest­
gehalten werden, müssen die Vorausset­
zungen für eine Inanspruchnahme aber
noch weiter modifiziert werden. Ein ers­
ter Schritt in die richtige Richtung war laut
GdW die Aufgabe des ursprünglich im Refe­
rentenentwurf des Bundesfinanzministeri­
ums vorgesehenen Kumulierungsverbots
mit anderer Förderung aus öffentlichen
Haushalten, was nunmehr eine gleichzei­
tige Mittelinanspruchnahme im Rahmen
der Sozialen Wohnraumförderung oder eine
Inanspruchnahme der KfW-Neubauförde­
rung für „Energieeffizient Bauen“ ermög­
licht. Weitere Schritte aber müssen folgen.
Ansonsten werden die Ziele der Bundesre­
gierung mit 1,5 Mio. neuen Wohnungen
in dieser Legislaturperiode in keinem Fall
erreicht werden können.
„Wir begrüßen auch sehr, dass die steuer­
lichen Probleme von Wohnungsgenossen­
schaften bei der Erzeugung von Mieterstrom
gelöst werden sollen“, sagte Esser. Der jetzt
vorgelegte Gesetzentwurf bezieht aber nur
Photovoltaik-Strom ein und schließt Strom
aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) aus.
Das müsse unbedingt nachgebessert wer­
den. Darüber hinaus müsse es eine gene­
relle Lösung der gewerbesteuerlichen Pro­
blematik geben: Wohnungsunternehmen,
die Strom aus erneuerbaren Energien wie
Photovoltaik oder aus Kraft-Wärme-Kopp­
lung (KWK) lokal erzeugen wollen, werden
weiterhin gravierend steuerlich benachtei­
ligt. Sobald sie den erzeugten Strom ins all­
gemeine Netz einspeisen oder den Mietern
zur Verfügung stellen, wird die eigentlich
gewerbesteuerbefreite Vermietungstätig­
keit, die sogenannte erweiterte Kürzung
des Unternehmens gewerbesteuerpflich­
tig. „Wohnungsunternehmen, die Strom
erzeugen, zahlen für das damit verbun­
dene Geschäft wie jeder andere auch die
Gewerbesteuer. Ihr Vermietungsgeschäft
darf durch ein Engagement bei der Energie­
wende aber nicht benachteiligt werden“, so
die GdW- Hauptgeschäftsführerin.
(schi)
Die Stellungnahme des GdW finden Sie unter
folgendem Kurz-Link:
Bauen statt bremsen – Baugenehmigungen müssen weiter zulegen
Berlin – „Die Baugenehmigungszahlen steigen, aber noch zu langsam. In den ersten neun Monaten 2018 wurden mehr
Wohnungen genehmigt als im Vorjahr, insbesondere bei den Mehrfamilienhäusern. Das ist ein positives Zeichen. Der
Trend reicht allerdings nicht aus, um die jährlich notwendigen 400.000 Wohnungen in Deutschland zu schaffen. Wenn
dieser Wert in absehbarer Zeit nicht einmal bei den Genehmigungen erreicht wird, sieht es für die Zukunft des bezahlba-
ren Wohnens düster aus“, erklärte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, zu
den heute veröffentlichten Baugenehmigungszahlen des Statistischen Bundesamtes. „Statt immer mehr Bremsen brau-
chen wir endlich den notwendigen Schub für bezahlbaren Wohnungsbau.“
Nach Angaben des Statistischen Bundes­
amtes wurde von Januar bis September
2018 in Deutschland der Bau von insge­
samt 262.800 Wohnungen genehmigt. Das
ist ein Anstieg von 2,3 Prozent gegenüber
dem Vorjahreszeitraum. Bei den Mehrfa­
milienhäusern gab es mit rund 135.300
genehmigten Wohnungen eine Zunahme
um 8,3 Prozent. Hier maßgeblich auch
durch die vom GdW vertretenen Unter­
nehmen.
„Es muss jetzt an den richtigen Stellschrau­
ben gedreht werden, um den Wohnungs­
bau dauerhaft anzukurbeln“, forderte
Gedaschko. „Das im Koalitionsvertrag
verankerte Planungs- und Baubeschleu­
nigungsgesetz muss zügig kommen. Die
angekündigten steuerlichen Verbesserun­
gen müssen dringend in Richtung einer
dauerhaften Änderung statt eines Stroh­
feuers für gerade einmal drei Jahre ange­
passt werden. Zudem benötigen wir drin­
gend als Ergänzung ein Zuschussmodell.
Die Genehmigungskapazitäten in den
Ämtern sind zu erhöhen und die Ergeb­
nisse der Baukostensenkungskommission
aus der letzten Legislaturperiode dringend
umzusetzen. Kommunen, Länder und die
Bundesregierung müssen an einem Strang
ziehen, denn nur wenn alle Maßnahmen
zusammen wirken, lässt sich das notwen­
dige Tempo beim Wohnungsbau errei­
chen.“
„Wir brauchen dringend Lösungen, denn
im vergangenen Jahr wurden nur rund
285.000 Wohneinheiten statt der benö­
tigten 400.000 fertiggestellt und auch
2018 wird die Zielmarke wieder verfehlt
werden“, so Gedaschko. Die Lösungen
liegen auf dem Tisch. „Die serielle und
standardisierte Bauweise muss gefördert
und dazu eine bundesweit gültige bauli­
che Zulassung für diese Gebäude geschaf­
fen werden“, so der GdW-Chef. So kann
man Kapazitätsengpässen entgegenwir­
ken.
Die Wohnungswirtschaft hat kürzlich
zukunftsweisende Konzepte für seriellen
und modularen Wohnungsbau vorgelegt,
die in einer Rahmenvereinbarung als Ergeb­
nis eines erstmals durchgeführten europa­
weiten Wettbewerbs vorliegen, bestellt
und gebaut werden können. „Wir brau­
chen ausreichend bezahlbare Grundstü­
cke für die neuen Wohngebäude und eine
bundesweit gültige Typengenehmigung.
Ansonsten drohen lange Verfahren in den
Bauämtern zu einer weiteren Bremse für
innovative Bauvorhaben zu werden“, so
der GdW-Chef.
(schi/koch)
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