WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 39/2018 - page 5

BUNDESPOLITIK
70 Jahre wi – Eine Diskussion um die Rolle und Wertschätzung von Qualitäts­
medien in Zeiten polarisierender Schlagzeilen
Berlin – Anlässlich des 70. Jährigen Geburtstags der wi lud die Redaktion am 12. September 2018 zur politischen Diskus­
sionsrunde mit dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesbauministerium, Marco Wanderwitz, und dem Leitenden
Redakteur Immobilien der Tageszeitung
WELT
, Michael Fabricius – moderiert von wi-Chefredakteurin Katharina Burkardt
und dem stellvertretenden Chefredakteur Andreas Schichel. Eine Vielzahl von Branchenvertretern und Gästen aus Politik
und Medien verfolgte die Diskussion um die aktuelle wohnungspolitische Berichterstattung und das Spannungsfeld zwi­
schen populistischen Schlagzeilen und sachlichem Diskurs in diesem Themenfeld.
Im Fokus der Diskussion stand die Frage
nach der zunehmenden Polarisierung der
Debatte um Mietpreise und Wohnungsnot.
In diesem Zusammenhang wurde über die
Rolle der Medien als unabhängiger Bericht-
erstatter debattiert, aber auch die Pläne der
Bundesregierung und speziell des Baumi-
nisters wurden in den Blick genommen.
Einig war man sich darin, dass ein Schwarz-
Weiß-Denken der Komplexität der aktuel-
len Situation an den Wohnungsmärkten
nicht gerecht wird.
Gefragt nach der Rolle der Medien in der
zunehmend emotionsgeladenen Debatte
um wohnungspolitische Themen, wünschte
sich der Parlamentarische Staatssekretär
Marco Wanderwitz
mehr Verständnis für
die politischen Entscheidungsträger und die
politischen Abläufe sowie eine differenzier-
tere Berichterstattung. In der Diskussion
verwies Wanderwitz auch auf die spezielle
Rolle der Hauptstadt: „Berlin ist in der woh-
nungspolitischen Debatte ein Sonderfall,
der so in Deutschland eher nicht die Regel
ist. Dieses Thema wird nicht überall so pola-
risierend wahrgenommen“, so Wanderwitz.
Er verwies weiterhin darauf, dass der Bau
von bezahlbaremWohnraum teilweise Auf-
gabe der Länder sei, sich die Bundesregie-
rung jedoch zukünftig stärker für den sozi-
alen Wohnungsbau engagieren werde.
WELT
-Journalist
Michael Fabricius
vertei-
digte seine Kollegen gegen den Vorwurf
der undifferenzierten Berichterstattung
und erklärte die Zunahme von populisti-
schen Debatten mit der Vielzahl von Ver-
antwortlichen und den damit verbunde-
nen komplexeren Handlungsstrukturen
und Gemengelagen. Diese würden, auch
bedingt durch die Vielzahl von Kommuni-
katoren, oft auf einfache und eingängige
Parolen heruntergebrochen. „Auch des-
halb ist die Arbeit der sogenannten ‚Quali-
tätsmedien‘ so wichtig. Sie stehen für seri-
öse und differenzierte Berichterstattung“,
betonte Fabricius. Mit Blick auf die Zukunft
der Printmedien im Allgemeinen und der wi
als Fachmagazin im Besonderen, hoffe er
auf eine Trendwende bei der Leserschaft,
wieder hin zu einer höheren Wertschät-
zung des Qualitätsjournalismus.
Einzelthemen beherrschen mediale
Debatten
Als gesamtgesellschaftliches Problem
machten beide Diskutanten die zuneh-
mende Fokussierung auf nur ein Thema
in der öffentlichen Debatte aus: den Streit
über die Migration. „Wir sehen an unseren
eigenen Lesetrends, dass das Thema Migra-
tion zwangsläufig die täglichen Nachrich-
ten beherrscht und viele anderen Zukunfts-
themen verdrängt“, kritisierte Michael
Fabricius. Zurückzuführen sei dies auch auf
falsches Verhalten der Politik.
Auch Wanderwitz äußerte seine Beden-
ken, den öffentlichen Diskurs immer wie-
der auf ein und dasselbe Thema zu len-
ken, gab aber auch zu bedenken, dass die
Politik Zeit brauche, sich angemessen und
vollumfänglich mit dieser großen Aufgabe
zu befassen. „Bisher gibt es im Bundestag
keine Partei, die sich dabei ausschließlich
mit einem Thema beschäftigt. Gerade bei
den wohnungspolitischen Themen sind wir
in den letzten Monaten vorangekommen“,
so Wanderwitz.
Abschließend war sich die Runde einig,
dass man den Entwicklungen auch etwas
Zeit geben müsse. Die Diskutanten zeigten
sich zuversichtlich, dass in den nächsten
Jahren trotz schwieriger Ausgangslage und
vielfältigen Herausforderungen dennoch
ausreichend Wohnraum zu fairen Preisen
bereitgestellt werden könne.
(koch/str/schi)
Fotos: Tina Merkau
wi-Chefredakteurin Katharina Burkardt und der stellvertretende Chefredakteur Andreas Schichel
(links) diskutierten mit...
…WELT-Immobilienjournalist Michael Fabri-
cius…
…und Marco Wanderwitz, Parlamentarischer
Staatssekretär im Bundesbauministerium.
Die Distutanten mit GdW-Präsident Axel Ge-
daschko (links)
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