WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 12/2017 - page 5

AUS DEN VERBÄNDEN
Maren Kern, die sich für Augenmaß und
Realismus bei den staatlichen Auflagen und
der Nachverdichtung sowie für eine Wohn-
kosten-Folgenabschätzung aussprach, hielt
Berlins Senatorin für Stadtentwicklung und
Wohnen, Katrin Lompscher, ein Grußwort.
Sie unterstrich, dass Neubau in Berlin das
Gebot der Stunde bleibe. Für die Akzep-
tanz von Neubau sei allerdings notwendig,
dass stets auch sein Nutzen für die jeweili-
gen Nachbarschaften und Anwohner dar-
gestellt werde.
Mit Leidenschaft für eine moderne
Baunutzungsverordnung
Zeitgemäße Stadtplanung und zukunfts-
fähiges Bauen standen dann im Fokus
des Vortrags des Hamburger Oberbaudi-
rektors, Prof. Dipl.-Ing. Jörn Walter, der
engagiert dafür plädierte, sich „endlich
des Regelungs-Schrotts“ der letzten Jahr-
zehnte zu entledigen und eine stärkere Ver-
mischung von Wohnen und Gewerbe zu
ermöglichen. Der Hamburger Hafen und
die gegenüberliegende Hafencity seien
das beste Beispiel dafür, wie attraktiv die
Nähe von Arbeitsplätzen und lebenswerten
Quartieren sein kann.
WBM-Geschäftsführer Jan Robert Kowa-
lewski stellte das umfangreiche Bestand-
serweiterungsprogramm vor, das die Ber-
liner Wohnungsbaugesellschaft stets mit
Partizipation verbinde. Hier spiele vor allem
das Wohnumfeld des Neubaus eine ent-
scheidende Rolle für die Akzeptanz der
Anwohner. Der Neubauleiter der Deut-
sche Wohnen, Klaus Zahn, ging vor allem
auf Nachhaltigkeit als Denkprinzip für den
Neubau ein. So müssten die positiven Wir-
kungslinien der Berliner Bautradition von
Stadtplanern wie Bruno Taut, Martin Wag-
ner und August Endell wieder stärker in
den Blick genommen werden.
Alternative Mikrowohnen!?
Der Geschäftsführer der Hilfswerk-Sied-
lung, Jörn von der Lieth, plädierte dafür,
beim Thema Neubau und Wohnflächen-
verbrauch die Grenzen im Kopf abzubauen
und sich immer wieder zu fragen: Für wen
bauen wir? Gerade in Zeiten von immer
vielfältigeren Familienmodellen, dem ver-
stärkten Wunsch nach urbanem Woh-
nen und immer weniger Bedarf z.B. nach
umfangreichen Bücherschränken seien
auch kleinflächige Grundrisse im Neubau
gut bewohn- und vor allem auch bezahlbar.
Auf großes Interesse stieß in diesem Zusam-
menhang das vor dem Tagungsort aufge-
stellte und von der Hilfswerk-Siedlung
ermöglichte „Tiny House“: Einer mutigen
Wohn-Studie des Berliner Architekten Van
Bo Le-Mentzel. Der charismatische Wohn-
Querdenker ließ sich dabei von der Frage
leiten: Wie viel Raum kann im Neubau für
eine Warmmiete von 100 Euro im Monat
zur Verfügung gestellt werden? Das Ergeb-
nis ist das „Tiny House“: Auf 6,4 Quadrat-
metern findet sich hier alles, was eine kom-
plette Wohnung ausmacht. Diese kleinen
Einzelwohnungen könnten auch – rund
um Gemeinschaftsräume gruppiert – dank
„Harry-Potter-Wänden“ zu größeren Einhei-
ten zusammengeschlossen werden. Seine
Vision: Ein mehrgeschossiges „Co-Being-
House“, das nicht nur günstige Wohnun-
gen, sondern auch Raum für gemeinschaft-
liches Leben und Arbeiten bietet.
(ebe/str)
Fortsetzung von Seite 4
Stabile Mieten und Rekordinvestitionen –
Wohnungswirtschaft in Sachsen zieht Bilanz
Dresden - Die Wohnungswirtschaft in Sachsen beweist ihren Wert als verlässlicher Partner für die Menschen und die
Wirtschaft. Die organisierte Wohnungswirtschaft bleibt ein Garant für stabile günstige Mieten und ein bedeutender
Wirtschaftsfaktor im Freistaat – das zeigt die am 14. März vorgestellte Jahresstatistik des vdw Sachsen Verband der
Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V.
So betrug die durchschnittliche Nettokalt-
miete/Nutzungsgebühr aller im vdw Sach-
sen organisierten Unternehmen 2016 4,88
Euro je Quadratmeter Wohnfläche und
lag damit lediglich um 14 Cent bzw. rund
2,9 Prozent über dem Wert des Vorjahres
(2015: 4,74 Euro/m²). „Damit befinden wir
uns sowohl beimMietpreis als auch bei des-
sen Anstieg weit entfernt von den Horrors-
zenarien, die bei diesem Thema häufig in
die Öffentlichkeit getragen werden“, erklärt
Rainer Seifert, Verbandsdirektor des vdw
Sachsen. Diese Aussage trifft auch auf die
Metropolen Sachsens Dresden, Leipzig und
Chemnitz zu, in denen die Verbandsunter-
nehmen mit durchschnittlich 5,17 Euro/m²
ebenfalls bezahlbare Mieten bieten. Der Ver-
bandsdirektor weist zusätzlich darauf hin,
dass dieser Durchschnittswert auch Moder-
nisierung, Neubau und Neuvermietungen
innerhalb des Wohnungsbestandes bein-
haltet. Diese Faktoren wirken eher mieter-
höhend. „Damit ist eindrucksvoll bewiesen,
dass die Debatte um zu hohen Mieten in
Sachsen eher eine künstliche und an weni-
gen Einzelfällen aufgemachte ist und nicht
die breite Realität widerspiegelt.“
Welchen Wert die Mitglieder des vdw Sach-
sen für die sächsische Wirtschaft haben,
zeigen auch ihre Investitionen in Neubau,
Instandhaltung und Modernisierung. Über
331 Millionen Euro wurden 2016 für diese
wichtigen Maßnahmen insgesamt ausge-
geben. „Davon profitierten nicht nur die
Mieter und die Kommunen, sondern auch
die meist in Sachsen beheimateten Auf-
tragnehmer“, erläutert Rainer Seifert. In
2017 planen die Unternehmen des Ver-
bandes mit knapp 410 Millionen Euro
sogar noch höhere Investitionen. „Das ist
das höchste Niveau seit 15 Jahren“, berich-
tet der Verbandsdirektor. Sollten die aktu-
ell vom Freistaat angestrebten Projekte im
sozialen Wohnungsbau realisiert werden,
würden sich die Investitionen sogar auf
eine Summe von weit über 600 Millionen
Euro beziffern. Einen solchen Umfang hätte
es seit der Wiedervereinigung in Sachsen
noch nicht gegeben und wäre somit ein
historisches Novum.
Kaum Veränderungen gab es beim Leer-
stand. Insgesamt standen bei den berich-
tenden Mitgliedsunternehmen Ende 2016
rund 29.000 Wohnungen leer. Das ist eine
Quote von 9,9 Prozent. Sie sank damit
gegenüber 2015 um etwa ein halbes Pro-
zent. Der Rückbau hat auf diese Zahlen
kaum noch Einfluss. Rund 640 Wohnungen
wurden auf diese Weise in 2016 vom Markt
genommen. Im aktuellen Jahr ist der Rück-
bau von weiteren etwa 600 Wohnungen
geplant. „Der relativ stabile und niedrige
Leerstand darf aber nicht darüber hinweg-
täuschen, dass es hier eine große Kluft zwi-
schen den Metropolregionen und den länd-
lichen Gebieten in Sachsen gibt“, mahnt
Weiter auf Seite 6
BBU-Vorstand Maren Kern bei der Eröffnung
der 11. BBU-Neubautagung
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