WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 28/2017 - page 2

JAHRESSTATISTIK
ausreichend an Fahrt aufnimmt“, so der
GdW-Chef. Hinzu kommt, dass Unterneh-
mer heute viel mehr Geld in die Hand neh-
men müssen, um auf die gleiche Anzahl
von neuen Wohnungen zu kommen, als
noch vor 15 Jahren. Das bedeutet: Mehr
Investitionen allein führen noch nicht zu
ausreichend bezahlbarem Wohnraum.
Deutschland
Alte Länder
Neue Länder
2013
13.036
11.231
1.805
2014
14.729
12.025
2.704
2015
17.382
13.386
3.996
2016
19.994
15.708
4.286
2017
28.292
21.048
7.244
Quelle: GdW-Jahresstatistik
400.000 Wohnungen jährlich benötigt
Im Jahr 2016 wurde in Deutschland der Bau
von 375.400 Wohnungen genehmigt. Die
Baugenehmigungen sind damit um 19,8
Prozent gestiegen. Damit hat sich der posi-
tive Trend des Jahres 2015 mit einem Plus
von 9,9 Prozent gegenüber 2014 erfreuli-
cherweise gefestigt. Ein Teil dieses Anstiegs
im Jahr 2016 ist, wie die rückläufige Ent-
wicklung der Baugenehmigungen im ers-
ten Quartal 2017 bestätigt, als Vorziehef-
fekt zu erklären. Die betroffenen Bauherren
wollten sich durch eine schnelle Genehmi-
gung der Vorhaben eine Durchführung
nach dem alten Standard der Energieein-
sparverordnung (EnEV) sichern. Seit Anfang
2016 gilt die verschärfte EnEV, die ein deut-
liches Plus an Bauwerkskosten von sieben
Prozent verursacht. Die vorgezogenen
Baugenehmigungen haben wie vom GdW
prognostiziert in den ersten vier Monaten
2017 zu einem deutlichen Rückgang der
Baugenehmigungen geführt. Damit ist die
Zahl der genehmigten Wohnungen in den
ersten drei Monaten 2017 im Vorjahres-
vergleich erstmals seit dem ersten Quartal
2012 gesunken.
Ein Blick auf die tatsächlich fertig gestell-
ten Wohnungen zeigt: Mit rund 277.700
Wohnungen blieb die Zahl der Fertigstel-
lungen 2016 deutlich hinter den Erwartun-
gen zurück. Die Fertigstellungen von Miet-
wohnungen im Mehrfamilienhausbau sind
zwar um 15,4 Prozent überdurchschnitt-
lich angestiegen. Allerdings wurden auch
2016 mit 62.000 Wohneinheiten erneut
mehr Eigentumswohnungen als Mietwoh-
nungen, hier waren es 53.000 Wohnein-
heiten, fertig gestellt.
Ohne Berücksichtigung der Wohnungen
in Wohnheimen, die 2016 in Folge der
gestiegenen Flüchtlingszuwanderung mit
60 Prozent rasant angestiegen sind, wur-
den 2016 nur 25.000 Wohneinheiten mehr
als im Vorjahr gebaut. Das zeigt, dass der
Wohnungsbau weiterhin nicht ausreichend
in Schwung kommt.
Maßnahmen umsetzen
„Die Bilanz beim Wohnungsbau erlaubt
keine Entwarnung“, erklärte Gedaschko.
Das Ziel, den Neubaubedarf von 400.000
Wohnungen jährlich insbesondere in den
Ballungsräumen zu decken, rückt so in
immer weitere Ferne. „Statt den Neubau-
motor endlich anzuwerfen, sorgt die Poli-
tik mit einer steigenden Auflagenflut und
fehlenden Anreizen für den Wohnungsbau
dafür, dass die Dynamik im Segment der
dringend benötigten bezahlbaren Miet-
wohnungen bei den Wohnungsfertigstel-
lungen nicht stärker wird“, so Gedaschko.
„So kann es nicht weitergehen. Alle von
der Baukostensenkungskommission bereits
identifizierten Maßnahmen müssen jetzt
dringender denn je umgesetzt werden,
damit die Neubaumieten wieder für alle
bezahlbar werden“, forderte Gedaschko.
Seit einigen Jahren hängen die Baufertig-
stellungen den Baugenehmigungen deut-
lich hinterher. Auch im Jahr 2016 war der
Anstieg der genehmigten Wohnungen mit
einem Plus von 19,8 Prozent auf 375.400
Wohnungen deutlich höher als die Zunahme
der Fertigstellungen. Die Schere zwischen
Planung und Realisierung hat sich also wei-
ter geöffnet. Nunmehr summiert sich die
Zahl der genehmigten, aber noch nicht fer-
tig gestellten Wohnungen auf insgesamt
605.800. Die Lücke zwischen Genehmigun-
gen und Fertigstellungen, der sogenannte
Bauüberhang, stieg seit dem Jahr 2008
zunehmend an und erreichte zum Jahres-
ende 2016 den höchsten Wert seit 1999.
Damals waren es 679.200. Immer weniger
Wohnungen werden zügig fertig gestellt.
Es steht zu befürchten, dass ein Teil der
geplanten Wohnungen nicht in die Reali-
sierung kommt. Grund für die mangelnden
Fertigstellungen seien auch zunehmende
Streitigkeiten im Planungsprozess, die den
Neubau verzögern, so der GdW-Chef.
„Bauherren haben es hier immer häufiger
mit dem sogenannten ‚Nimby‘-Trend zu
tun. Nach dem Motto ‚not in my backyard‘
wollen Anrainer immer öfter Bauprojekte in
der eigenen Nachbarschaft verhindern“, so
Gedaschko. „Dringender denn je braucht
der Wohnungsbau jetzt wirksame Anreize“,
forderte der GdW-Präsident. Es müssen
mehr Bauflächen zur Verfügung gestellt
und durch die Kommunen verstärkt nach
Konzeptqualität vergeben werden. Neben
einem Stopp der Preisspirale insbesondere
bei der Grunderwerbsteuer sei zudem eine
Erhöhung der linearen Abschreibung für
Abnutzung (AfA) von zwei auf mindestens
drei Prozent notwendig. „Um den Woh-
nungsbau wirklich anzukurbeln, brauchen
wir endlich auch die Sonderabschreibung
für den Wohnungsbau – sowie zusätzlich
eine gleichwertige Investitionszulage für
all diejenigen Bauherren, die die Abschrei-
bung nicht nutzen können“, so Gedaschko.
Er forderte die Politik auf, dieses Thema in
der kommenden Legislaturperiode endlich
umzusetzen. Konkret müssten in Deutsch-
land bis zum Jahr 2020 jährlich insgesamt
rund 400.000 Wohnungen und damit rund
140.000 Mietwohnungen mehr als in die-
sem Jahr gebaut werden. Davon 80.000
Sozialwohnungen und 60.000 Einheiten
im bezahlbaren Wohnungssegment. Ange-
sichts der im Jahr 2016 fertiggestellten rund
278.000 Wohnungen gibt es also derzeit
jährlich immer noch 122.000 Wohnungen
zu wenig.
Der Bestand an Sozialwohnungen
schrumpft
Bundesweit gibt es immer weniger Sozial-
wohnungen. Waren es im Jahr 2002 noch
rund 2,6 Millionen Wohnungen mit Preis-
bindung, verringerte sich die Zahl bis zum
Jahr 2016 auf nur noch rund 1,3 Millio-
nen Wohnungen. Aktuelle Zahlen des GdW
unterstreichen diesen Trend. Die Unterneh-
men im GdW bewirtschaften knapp 61 Pro-
zent der Sozialwohnungen in Deutschland.
Im Jahr 2016 gab es bei den GdW-Unter-
nehmen insgesamt nur noch 812.256 Woh-
nungen mit Mietpreis- oder Belegungsbin-
dung. Das sind über 28.000 Wohnungen
weniger als noch in 2015. „Diesem Minus
stehen nur 5.297 Wohnungen gegenüber,
die im Jahr 2016 mit Mietpreis- oder Bele-
gungsbindung, also als ‚Sozialwohnungen‘
neu errichtet wurden“, kommentierte Axel
Gedaschko die Entwicklung. Die Zahl der
neu gebauten Sozialwohnungen hat sich
zwar im Vergleich zum Vorjahr fast verdop-
pelt, dennoch ist diese Menge angesichts
des großen Wohnungsbedarfes als Tropfen
auf den heißen Stein zu sehen. „Es gibt
dringenden Handlungsbedarf. Wir brau-
chen am Wohnungsmarkt einen Mix aus
Sozialwohnungen und bezahlbaren Woh-
nungen für die Mittelschicht. Besonders
in den Ballungsregionen wird es derzeit
immer schwerer, den Bedarf an bezahlba-
ren Wohnungen dauerhaft zu sichern.“
GdW-Präsident Gedaschko begrüßte in
diesem Zusammenhang, dass die Bundes-
regierung die Mittel für die soziale Wohn-
raumförderung auf 1,5 Milliarden Euro auf-
gestockt hat: „Dies ist ein wichtiger Schritt
Weiter auf Seite 3
Fortsetzung von Seite 1
Baufertigstellungen bei den GdW-Unternehmen (in Wohneinheiten)
2
28/2017
1 3,4,5,6,7,8
Powered by FlippingBook