WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 4/2017 - page 4

Flüchtlinge (RL Flü). In diesem Bereich wur-
den mehr als 1.429 Wohnungen mit insge-
samt 152,5 Millionen Euro gefördert – ein
Anstieg von 90,9 Prozent.
Die Förderung von Wohnraum für Men-
schen mit Behinderungen ist im Förderjahr
2016 sogar um 135 Prozent gestiegen. Im
vergangenen Jahr gab es 28,77 Millionen
Euro für 582 Wohneinheiten, 2015 waren
es 12,21 Millionen Euro bei 273 Einheiten
gewesen. Ebenfalls auffällig ist das gute
Ergebnis im Bereich des experimentellen
Wohnungsbaus zur Umsetzung innovati-
ver Lösungsansätze im Wohnungsbau und
zur Umsetzung von Landeswettbewerben
mit einem Volumen von 17,7 Millionen
Euro.
Die Förderung von Bestandsinvestitionen ist
um 54 Prozent gesunken. Gründe für die
rückläufigen Förderergebnisse liegen unter
anderem in der Konzentration der Inves-
toren auf das Segment der Neubauförde-
rung sowie den attraktiven Förderalter-
nativen der KfW Bankengruppe. Darüber
hinaus konnten bereits im Förderjahr 2015
mit den Starterquartieren im Rahmen des
Programms „Energetische Sanierung Plus“
große Förderprojekte realisiert werden, die
nicht in jedem Jahr in gleicher Höhe anste-
hen. Bei der Eigentumsförderung sind auf-
grund der anhaltenden Niedrigzinsphase,
die eine Eigentumsbildung für weite Kreise
der Bevölkerung auch ohne Förderung
ermöglicht, die Zahlen mit einem Minus
von 25 Prozent weiter rückläufig. Die Ent-
wicklung der Baugenehmigungen für Ein-
und Zweifamilienhäuser ist jedenfalls stabil.
(win/schi)
Die detaillierten Förderzahlen der Kreise und
kreisfreien Städte finden Sie unter
die aktuellen Förderbedingungen unter
wohnraumfoerderung
AUS DEN VERBÄNDEN
Fortsetzung von Seite 3
Neujahrsempfang in Hannover:
Wohnungsneubau reicht nicht aus – Nachholbedarf immer drängender
Hannover – Der Engpass am Wohnungsmarkt spitzt sich zu. Der Mietwohnungsneubau hat die hohen Erwartungen
bisher nicht erfüllen können. Schlimmer noch: Die Lücke zwischen Bedarf und Angebot insbesondere bei bezahlbaren
Wohnungen wird in den nächsten Jahren eklatant größer. „Die Zeit drängt. Wir brauchen schnell einen Kurswechsel in
der Wohnungspolitik: Zuschüsse statt Darlehen“, sagte Heiner Pott, Direktor des Verbandes der Wohnungs- und Immobi-
lienwirtschaft Niedersachsen Bremen (vdw), beim Neujahrsempfang am 10. Januar 2017 in Hannover.
Trotz verbesserter öffentlicher Wohnraum-
förderung und einer drastisch ausgeweite-
ten Bautätigkeit bei den vdw-Mitgliedsun-
ternehmen seit rund drei Jahren sind die
von Politik und Marktbeobachtern genann-
ten Neubauzahlen bei weitem verfehlt
worden. Der Markt an preiswerten Woh-
nungen ist leergefegt. Haushalte mit klei-
neren Einkommen finden in Ballungsräu-
men kaum noch bezahlbaren Wohnraum.
Die Situation wird deshalb sozialpolitisch
immer brenzliger. vdw-Chef Pott verwies
auf die vorliegenden Zahlen: „Als jährlicher
Neubaubedarf werden in Niedersachsen
rund 40.000 Wohneinheiten bis zum Jahr
2020 benötigt, darunter sollten jährlich
10.000 neue Sozialwohnungen sein. 2016
sind niedersachsenweit aber nur 28.000
Wohnungen gebaut worden, und davon
sind lediglich 1.510 sozial gebunden.“
„Sozialwohnungen werden zu einer
Restgröße“
Sollte sich an diesen Zahlen in den nächsten
Jahren nichts gravierend ändern, wird der
soziale Wohnungsbau zu einer indiskutab-
len Restgröße verkommen. Aktuell gibt es
in Niedersachsen noch rund 90.000 Sozial-
wohnungen. Bis 2020 fallen 60.000 davon
aus der öffentlichen Bindung und können
dann am freien Wohnungsmarkt angebo-
ten werden. „Eine jährliche Neubauquote
wie im vorigen Jahr kann diese Entwicklung
natürlich nicht kompensieren“, sagte Pott.
Mehr als 20 Jahre ist es her, als in Nie-
dersachsen in größerem Umfang öffent-
lich geförderte Wohnungen errichtet wur-
den. Zahlen, wie sie aktuell nötig wären
und von der Landesregierung als Zielgröße
angegeben werden, gab es zuletzt Anfang
der 1990er Jahre. „Mit der derzeitigen
Förderkulisse bleiben diese Ziele absolut
unerreichbar“, betonte Pott und erneu-
erte die Forderung seines Verbandes an
die Länder, den Bau von Sozialwohnungen
mit Zuschüssen und nicht weiter mit Dar-
lehen zu fördern. „In den nächsten Jahren
müssen 400 Millionen Euro als Zuschüsse
bereitgestellt werden.“
„Wir brauchen eine Baupreisbremse“
Die Gründe für das bisherige Scheitern
einer Wohnungsbauoffensive liegen nach
Ansicht von Pott seit langem auf der Hand:
„Es fehlt an geeigneten Bauflächen. Es
gibt zu viele kostentreibende Vorschriften.
Genehmigungsverfahren dauern zu lange.
Und es gibt Kapazitätsengpässe im Bau-
handwerk.“ Die Empfehlungen des vdw:
„Wohnungsbau muss in den Kommunen
Chefsache werden. Wir brauchen eine Bau-
preisbremse. Die gesetzlichen Anforderun-
gen an den Neubau müssen entschärft,
noch striktere Klimaschutzvorgaben aus-
gesetzt werden.“
Zum Neujahrsempfang des vdw Nieder-
sachsen Bremen kamen mehr als 220
Gäste, darunter neben Abgeordneten des
Niedersächsischen Landtages und der Bre-
mer Bürgerschaft die Bremer Senatsbaurä-
tin Professor Iris Reuther, der Vizepräsident
des Niedersächsischen Städtetages, Ulrich
Mädge, der Präsident des Sozialverbandes
Deutschland, Adolf Bauer, und LKA-Präsi-
dent Uwe Kolmey In ihrem Grußwort ging
die Niedersächsische Justizministerin Antje
Niewisch-Lennartz unter anderem auf Fra-
gen der Integration und den Wunsch nach
einer sicheren Wohnung ein. Im abschlie-
ßenden Festvortrag hatte der Politikpro-
fessor Werner Weidenfeld aus München
einige interessante Antworten auf die
Frage: „Quo vadis, Europa?“
(ens/schi)
Foto: vdw
vdw-Verbandsdirek-
tor Heiner Pott mit
der Niedersächsi-
schen Justizminist­
erin Antje Niewisch-
Lennartz, dem
Münchener Politik-
professor Dr. Dr. h. c.
Werner Weidenfeld
und dem vdw-Ver-
bandsratsvorsitzen-
den Andreas Otto
(v. l.)
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