WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 41/2017 - page 3

BUNDESPOLITIK
Deutschland braucht neue Einheit für lebenswerte Städte und ländliche
Regionen – und eine einheitliche Grunderwerbsteuer
Berlin – „Unser Land steht fast 30 Jahre nach der Wiedervereinigung vor großen regionalen Unterschieden: In den be-
liebten Großstädten wird Bauen und Wohnen für Normalverdiener unerschwinglich, während viele ländliche Regionen
wegen mangelnder Infrastruktur und Dienstleistungen immer unattraktiver werden. Um eine Spaltung Deutschlands in
Boomtowns und Geisterstädte zu verhindern, braucht es in der neuen Legislaturperiode schnell zielführende Lösungen,
um annähernd zu gleichen Lebensverhältnissen in ganz Deutschland zu kommen“, erklärte Axel Gedaschko, Präsident
des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, anlässlich des Tages der Deutschen Einheit.
Insgesamt leben 60 Prozent und damit
mehr als die Hälfte der Deutschen in Land-
gemeinden, Kleinstädten und kleineren
Mittelstädten bis zu 50.000 Einwohner. 93
Prozent der Fläche Deutschlands werden
von diesen Gemeinden jenseits der gro-
ßen Metropolen eingenommen. „In vielen
Kleinstädten und Dörfern besteht jedoch
die Sorge, zurückgelassen zu werden. Jobs
gehen verloren, junge Leute ziehen weg,
die Versorgung mit Einzelhandelsgeschäf-
ten und Arztpraxen wird immer dünner.
Es geht jetzt darum, gesellschaftlichen
Zusammenhalt auch jenseits der Metro-
polen durch Förderung, den Ausbau der
digitalen Infrastruktur und gesellschaftli-
che Aufwertung schrumpfender periphe-
rer Räume zu sichern“, so der GdW-Präsi-
dent. „Wir brauchen eine neue deutsche
Einheit, auch bei der Grunderwerbsteuer“,
appellierte Gedaschko mit Blick auf die
Preisexplosion beimWohnungsbau. In den
vergangenen Jahren haben sich die Länder
hier ein regelrechtes Wettrennen um die
höchsten Steuersätze geliefert. Die meis-
ten Bundesländer verlangen mittlerweile
Steuersätze von über 5 Prozent, vier Län-
der sogar Spitzensätze von 6,5 Prozent.
„Der Erhöhungswettbewerb der Länder
bei der Grunderwerbsteuer ist unsozial“,
so der GdW-Chef. „Die Grunderwerb-
steuer muss einheitlich wieder auf ein
Niveau von maximal 3,5 Prozent zurück-
geführt werden. Nur Sachsen und Bay-
ern gehen hier noch mit gutem Beispiel
voran“, so Gedaschko. Die übrigen Länder
verdienten sich mit der Grunderwerbsteuer
eine goldene Nase. So hat Rheinland-Pfalz
nach Angaben des dortigen Steuerzah-
lerverbandes im vergangenen Jahr durch
die Grunderwerbsteuer fast 462 Millionen
Euro eingenommen – nahezu doppelt so
viel wie noch 2007. Damit profitieren die
Länder von einer Fehlentwicklung, über
die sie sich selbst beklagen: immer höhere
Grundstückskosten und immer weniger
bezahlbarer Wohnungsbau.
(schi/koch)
Schluss mit Wettbewerb bei der Grunder-
werbssteuer.
Quelle: Statistisches Bundesamt, Bundesfinanzministerium
Bodenschutz: Mehr Platz für Wohnraum durch Flächenrecycling
Berlin – Das Bundeskabinett hat am 27. September 2017 den von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks vorgeleg-
ten Bodenschutzbericht verabschiedet. Darin werden unter anderem die Potenziale des Flächenrecyclings in Deutschland
und die grundlegenden Änderungen der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung erläutert. Dies ist der vierte Be-
richt der Bundesregierung, der alle derzeitigen Aktivitäten des Bundes und der Länder zum Schutz der Böden darstellt.
Seit 2000 wird der Bericht einmal pro Legislaturperiode vorgelegt.
Der Bericht zeigt die erheblichen Potenzi-
ale auf, die Flächenrecycling für die Schaf-
fung neuer Wohngebiete hat. Bereits aus
früherer Nutzung versiegelte Flächen sind
aus Umweltsicht für den Bau neuer Woh-
nungen besonders interessant. Neuere
Abschätzungen des Bundesinstituts für
Bau-, Stadt und Raumforschung (BBSR)
schätzen die Entwicklungspotenziale
innerhalb der Städte und Gemeinden auf
mindestens 120.000 bis 165.000 Hektar.
Dass trotzdem unbebauten Flächen oft
der Vorzug gegeben wird, liegt an einer
Reihe von Hemmnissen: etwa an beste-
hender Bebauung, an alten Versorgungs-
leitungen und Fundamenten oder an vor-
nutzungsbedingten, möglichen Altlasten.
Im Rahmen des Flächenrecyclings werden
ehemals bebaute Areale so hergerichtet,
dass dort leichter Wohnungen entstehen
können. Das verringert den Druck, auf
die grüne Wiese auszuweichen und wert-
volle Natur- oder Landwirtschaftsflächen
zu belasten.
Der Bodenschutzbericht geht auch auf die
geplante Neufassung der Bundes-Boden-
schutz- und Altlastenverordnung ein. Der
Entwurf sieht nun erstmals bundeseinheitli-
che Anforderungen für die Verfüllung abge-
grabener Bodenmassen vor. Diese müssen
so verwendet werden, dass an anderen
Stellen Böden wiederhergestellt bezie-
hungsweise in einen guten Zustand versetzt
werden. Auch bei Baumaßnahmen wird der
Bodenschutz gestärkt. Die Verordnung sieht
bei allen großen Bauvorhaben eine boden-
kundliche Baubegleitung vor. Dadurch sol-
len mögliche Schäden der ursprünglichen
Böden wie Schadstoffverunreinigungen
und extreme Bodenverdichtungen zukünf-
tig besser vermieden werden.
Der Boden ist nach den Ozeanen und den
fossilen Energieträgern der drittgrößte
Kohlenstoffspeicher der Erde. Er spielt also
eine wichtige Rolle im Klimageschehen. Im
Humus und im Bodenleben ist mehr Koh-
lenstoff gebunden als in der Atmosphäre
und in der Vegetation zusammengenom-
men. Böden speichern zudem Regenwas-
ser. Damit halten sie Starkregen zurück und
füllen die Grundwasservorräte auf. Mehr
als 90 Prozent der weltweiten Nahrungs-
mittelproduktion ist direkt vom Boden
abhängig. Zugleich gehen weltweit jähr-
lich Bodenflächen etwa von der Größe
Italiens verloren. Die Vereinten Nationen
haben daher 2015 im Rahmen der UN-
Nachhaltigkeitsziele zur Verbesserung der
Lebens- und Umweltbedingungen das Ziel
einer „Land Degradation Neutral World“
beschlossen. Die Bundesregierung orien-
tiert sich an diesen Nachhaltigkeitszielen
und engagiert sich weltweit für den Erhalt
von Böden.
(koch)
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