WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 41/2017 - page 2

EUROPAPOLITIK
geringem Maße zusätzlich zur Energie-
einsparung bei. Umgekehrt steigen trotz
geringerer Energiekosten die Wohnkosten
für die Mieter.
Wirtschaftliche Umsetzbarkeit
Die Problematik verdeutlichte Dr.
Nikolas
Müller
von der Technischen Universität
Darmstadt in seinem Vortrag „Energy and
climate policy for the building sector“. Er
betonte, dass es zahlreiche Perspektiven auf
das Wohnen gebe. So seien die Betrach-
tungen von Mietern, Eigentümern und
Herstellern von Wohnraum weitgehend
unterschiedlich. Verschiedene Ansätze auf
unterschiedlich formulierte Ziele erzeug-
ten erhebliche Unterschiede im Ergebnis.
Die Frage imWohnungswesen sei nicht die
technische Machbarkeit, sondern adressa-
tenabhängig die soziale und wirtschaftliche
Umsetzbarkeit. Hier könnten, laut Müller,
in weitgehend sanierten nationalen Woh-
nungsbeständen, Neuausrichtungen nach
den Kriterien der CO
2
-Reduzierung und des
Endenergieverbrauchs bessere Ergebnisse
liefern. Er plädierte für einen erweiterten
Ansatz, unter diesem die beiden Indika-
toren CO
2
-Emissionen und Endenergie als
Alternative zu Primärenergie und Wärme-
verlust mit einbezogen würden.
Ein um diese Komponenten erweiterter
Ansatz ist besonders für die Mitgliedstaaten
wichtig, die bereits große Teile ihres Wohn-
gebäudebestandes energetisch saniert
haben. Nur mit einer flexiblen Alternative
können auch sie weiterhin einen Beitrag
zum Klimaschutz imWohngebäudebereich
leisten, beispielsweise über Quartiersan-
sätze. Die Kombination aus klimaschonen-
der Energieversorgung durch erneuerbare
Energien und optimaler Verminderung des
Endenergieverbrauchs ermöglicht sozial-
verträglichen Klimaschutz. Die Wohnungs-
wirtschaft appelliert an die Politik, die euro-
päische Energieeffizienzstrategie um diese
Komponenten zu ergänzen.
Soziale Vorteile
Im Rahmen der Veranstaltung betonten die
Abgeordneten unter anderem, dass sozi-
ale Vorteile entstünden, wenn die Energie-
wende kosteneffizient umgesetzt würde. Dr.
Ingrid Vogler
, Energieexpertin des GdW,
stellte verschiedene Szenarien dar, wie sich
in der Praxis Preisveränderungen in Kalt- und
Warmmiete darstellen, wenn unterschiedli-
che Sanierungsgrade angestrebt werden.
Bert Wijbenga
von AEDES und Vorsitzen-
der des Energieausschusses bei Housing
Europe zeigte den ehrgeizigen Sanierungs-
fahrplan der sozialen Vermieter in den Nie-
derlanden auf. Betonte aber ebenfalls, dass
dies die 62 Prozent der Wohneinheiten in
Händen privater Vermieter und Eigentümer
in den Niederlanden nicht erreiche.
Politikansätze auf EU Ebene
Paula Rey Garcia
, Leiterin des Bereichs
Energieeffizienz der Generaldirektion Ener-
gie der Europäischen Kommission, erläu-
terte die bestehenden Politikansätze. Die
Kostenoptimalität als Werkzeug gebe den
Mitgliedstaaten der EU auch bei unterschied-
lichen Startpunkten die Möglichkeit, ver-
schiedene Schwerpunkte zu setzen. Die zu
verabschiedenden Richtlinien seien ein Mini-
malniveau, das auf nachhaltigere Gebäude
und transparente Bewertung setze. Schwer-
punktmäßig stehe der Blick auf das ganze
Gebäude, die allmähliche Modernisierung
der Bauordnungen sowie die stärkere Ver-
zahnung von Finanzierung und hoher Ener-
gieeffizienz im Fokus der Kommissionarbeit.
Die Generalsekretärin von Housing Europe,
Sorcha Edwards
, unterstrich die Notwen-
digkeit einer fair gestalteten Energiewende
und zeigte weitere Problemfelder auf, die
unter anderem in der komplexen Hand-
habung der europäischen Strukturfonds
begründet liegen.
(öner/koch)
Fortsetzung von Seite 1
Ausweitung des Juncker-Fonds um 500 Milliarden Euro
Brüssel – Am 13. September 2017 haben sich das Europäische Parlament und die Europäische Kommission im Prinzip auf eine
Ausweitung des Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) geeinigt. Die Ausweitung gilt zeitlich wie budgetär.
Der ursprüngliche Zeitraum für die Etablie-
rung des EFSI von 2015 bis 2018 soll nun
bis zum Ende des mehrjährigen Finanzrah-
mens 2020 ausgeweitet werden. Volumen-
mäßig steigt das Finanzierungspotenzial
von vormals 315 Milliarden Euro auf min-
destens eine halbe Billionen Euro.
Künftig sollen die EFSI-Investitionsentschei-
dungen besser erklärt und online veröffent-
licht werden. Dabei soll herausgearbeitet
werden, dass entsprechende Projekte ohne
die EFSI-Finanzierung nicht zustande gekom-
men wären. Auch das „European Investment
Advisory Hub“ soll eine größere Rolle spie-
len als bisher. Dieses gibt technische Unter-
stützung und soll künftig den EFSI-Einsatz in
weiteren Regionen und Sektoren unterstüt-
zen. Gleichzeitig soll es für regionale und
nationale Förderbanken einfacher werden,
im Rahmen des EFSI tätig zu werden.
Die Einigung zwischen Parlament und Euro-
päischem Rat, der die Regierungen der Mit-
gliedstaaten repräsentiert, steht noch aus. Das
Parlament plant allerdings, das Paket bereits
zum 2. Oktober im Plenum zu verabschieden.
Der EFSI 2.0 wurde bereits in allen 28 Mit-
gliedstaaten genutzt und hat bereits mehr
als 225 Milliarden Euro an Investitionen
zusätzlich zum normalen Wirtschaftsablauf
ausgelöst, so die Kommission. Ursprünglich
war im EFSI die Förderfähigkeit von Maß-
nahmen am Gebäude nicht vorgesehen.
In der europapolitischen Arbeit ist es dem
Spitzenverband der Wohnungswirtschaft
(GdW) gelungen, die energetische Sanie-
rung des Gebäudebestands durch den
EFSI zu ermöglichen. Die Wohnungsunter-
nehmen LEG und Vonovia haben bereits
Kreditlinien aus EFSI-Unterstützung von
der Europäischen Investitionsbank (EIB)
zur energetischen Modernisierung ihres
Gebäudebestandes erhalten.
(bue/koch)
Weitere Informationen finden Sie unter
diesem Link
The State of Housing in the EU 2017
Was ist die Lage der Wohnungswirtschaft in der Europäischen Union? Ist die Woh-
nungskrise vorbei? Welche Länder haben die dringendsten Belange? Was sind die
neuesten politischen Initiativen, die versuchen, die wohnungswirtschaftliche Land-
schaft zu verändern? Wie arbeiten Städte mit Wohnungsunternehmen zusammen?
Gibt es eine Rolle für die europäischen Institutionen, auch wenn es sich um eine
nationale Kompetenz handelt? Das ‚Housing Europe Observatory‘ präsentiert die
2017 erscheinende Ausgabe des Berichts „The State of Housing in the EU“ Die
Lage der Wohnungswirtschaft in der EU im Rahmen einer eintägigen Veranstaltung
am 17. Oktober 2017. Veranstaltungsorte sind das Europäische Parlament und der
Ausschuss der Regionen.
Mehr Informationen zur Veranstaltung finden Sie unter diesem Link
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