WI Expo 2016 Mittwoch - page 3

POLITIK
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Gunther Adler,
Staatssekretär im
Bundesbaumi-
nisterium (links),
im Gespräch mit
Vertreterinnen
und Vertretern
aus Städten und
Ländern
Foto: Büro Roman Lorenz
EU-Digital-Kommissar Günther Oettinger
diskutiert am Messe-Mittwoch mit den
Präsidenten der Verbände in der BID. Der
wi hat er vorab drei Fragen beantwortet.
wi: Die Digitalisierung sorgt für
Veränderungen in vielen zentralen
Lebensbereichen. Wo liegt aus Ihrer
Sicht die größte Chance des digita-
len Fortschritts für das Wohnen?
Oettinger:
Die Digitalisierung unse-
rer Häuser, Wohnungen und Städte ist
eine große Herausforderung. Sie legt ein
rasantes Tempo vor und dürfte in den
kommenden Jahren ungeheure Fort-
schritte machen mit digitalen Lösungen,
die auf dem Internet der Dinge, Big Data
und 5G aufbauen. Sie zielt auf eine effi-
zientere und nachhaltigere Bewältigung
der wirtschaftlichen und gesellschaftli-
chen Herausforderungen, und das Ergeb-
nis sind intelligentere Städte und alters-/
energiefreundliches Wohnen.
Das Heim wird als flexibler Energienach-
frager (im Rahmen der Nachfragesteue-
rung) entscheidend zum Erfolg der Smart
Grids der Zukunft beitragen. So bedarf
es weniger Erzeugungskapazitäten, der
wachsende Anteil erneuerbarer Energie
kann integriert, der Treibhausgasaus-
stoß abgebaut, die Versorgungssicher-
heit erhöht und die Energiekosten von
Versorgern und Verbrauchern gesenkt
werden. Und das durch eine Standard-
plattform unterstützte Smart Home wäre
nicht nur energieeffizient. Dank benut-
zerfreundlicher Anwendungen könnten
Senioren auch noch länger zu Hause
wohnen bleiben.
Datensicherheit und die Bezahlbar-
keit der Innovationen für Mieter sind
zwei der großen Knackpunkte für
den Erfolg des „digitalen Wohnens“.
Wo sehen Sie konkret die größten
Herausforderungen?
Oettinger:
Datensicherheit ist eine wich-
tige Voraussetzung für den Erfolg von
Smart Homes, Smart Cities, intelligen-
ter Energie und intelligentem Verkehr.
Um die entsprechenden Technologien
erfolgreich einzuführen, müssen sich
alle Beteiligten (Energieversorger, Haus-
eigentümer, Mieter und so weiter) auf die
Sicherheit ihrer Daten verlassen können.
Auf Englisch heißt es „My home is my
castle“, und dies gilt umso mehr für per-
sonenbezogene Daten. In diesem Kontext
zieht jegliches Leck und jegliche Beschä-
digung von Daten in der Regel einen phy-
sischen, materiellen oder immateriellen
Schaden nach sich und wirkt sich sehr
negativ auf die Betroffenen aus. Deshalb
nehmen alle Beteiligten einschließlich der
Europäischen Kommission das Thema
Datensicherheit sehr ernst und ergreifen
politische Maßnahmen, unterstützen die
technische Forschung oder erarbeiten
Standards und Normen mit Industriever-
bänden und anderen Stakeholdern. Die
Bezahlbarkeit ist ein weiterer entschei-
dender Erfolgsfaktor und sollte durch das
Spiel der Marktkräfte im Wege von zum
Beispiel Normung, Innovation und Ska-
leneffekten realisiert werden.
Das vernetzte Haus ist vielerorts
schon Realität. Welche digita-
len Anwendungen würden Sie zu
Hause nicht mehr hergeben oder
welche hätten Sie gerne in Ihrer
Wohnung?
Oettinger:
Das vernetzte Haus ist bereits
Realität, aber das intelligente Heim steckt
noch in den Kinderschuhen. Verschiedene
wirtschaftliche und gesellschaftliche Her-
ausforderungen lassen sich durch intelli-
gente Häuser wirksam angehen. So kann
ich zum Beispiel meinen Energieverbrauch
zu Hause bald intelligent steuern, indem
ich Spitzenlastzeiten vermeide oder über-
schüssige Energie ins Netz zurückspeise.
Mein intelligentes Heim wird sich auch
an meine Bedürfnisse anpassen, wenn
ich älter werde und mehr Unterstützung
brauche. Es gibt keine Grenzen für die
neuen Anwendungen und Dienste des
intelligenten Heims, und es liegt ganz bei
den Stakeholdern, ob sie früher oder spä-
ter verwirklicht werden.
Foto: EU, Etienne Ansotte
Günther Oettinger
EU-Kommissar für Digitale
Wirtschaft und Gesellschaft
INTERVIEW
Neue Bündnisse braucht das Land – Münchener Erklärung unterzeichnet
München – Vertreter von Städten und Ländern fordern mehr lokale Wohnbaubündnisse. Aus Anlass der Immobilienmes-
se Expo Real haben sie am Stand der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) am 4. Oktober
2016 den sogenannten „Münchener Aufruf“ initiiert. Gunther Adler, Staatsekretär im Bundesbauministerium, bewertet
die Initiative als wichtige Ergänzung für das „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“
„Die Bereitstellung von bezahlbarem
Wohnraum ist eine der drängendsten Auf-
gaben unserer Zeit. Nur durch ein starkes
Miteinander vor Ort kann es gelingen, aus-
reichend angemessenen und bezahlbaren
Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Daher
begrüße ich die Gründung von weiteren
lokalen und regionalen Bündnissen sehr“,
sagte Adler.
2014 hat Bauministerin Dr. Barbara Hen-
dricks das „Bündnis für bezahlbares Woh-
nen und Bauen“ ins Leben gerufen. Unter
dem Dach des Bündnisses arbeiten Bund,
Länder, Kommunen, Wohnungs- und Bau-
wirtschaft, Deutscher Mieterbund und
Gewerkschaften und weitere relevante
Akteure zusammen. Dank enger und ver-
trauensvoller Kooperation ist es gelungen,
Handlungsempfehlungen zu erarbeiten,
aus denen das Bundesbauministerium eine
BUNDESPOLITIK
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