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BUNDESPOLITIK
„Die Wohnungswirtschaft leistet einen
starken Beitrag, um Deutschland zu einer
attraktiven Heimat zu machen. Wohnungs-
unternehmen arbeiten jenseits ihrer origi-
nären Aufgaben intensiv an sozial funk-
tionierenden Quartieren und sorgen mit
zahlreichen Angeboten Hand in Hand mit
den Kommunen für gute Nachbarschaf-
ten und Integration vor Ort ”, erklärte Dr.
Christian Lieberknecht
, Geschäftsfüh-
rer des GdW Bundesverband deutscher
Wohnungs- und Immobilienunternehmen.
„Das gelingt aber nur, wenn die Kommu-
nen ihrer Betreuungsaufgabe, und sowohl
die Länder als auch der Bund ihrer Pflicht
zur Finanzierung einer strukturierten Inte-
grationsarbeit nachkommen. Intensive
soziale Betreuungsangebote für die Hil-
fesuchenden müssen bereitgestellt wer-
den. Wir brauchen frühzeitige Integrati-
onshilfe, insbesondere durch Sprachkurse
und Flüchtlingslotsen in den Quartieren,
damit die Wohnquartiere nicht überlas-
tet werden, sondern zusammenwachsen
können. Gerade in der aktuellen Situation
würde eine Integration über den Arbeits-
markt zu viel Zeit brauchen. Die Chance
liegt daher für absehbare Zeit vor allem
in den Wohnquartieren der Menschen“,
so Lieberknecht. „Die Wohnungsunter-
nehmen leisten hierfür ein umfassendes
Angebot: von der Studie ‚Mieter mit Mig-
rationshintergrund’ mit zahlreichen Hand-
lungsempfehlungen über ein Online-Portal
Zuwanderung für Wohnungsunternehmen
bis hin zu Infoveranstaltungen und Semi-
naren für Mitarbeiter und Mieter. In einem
eigens eingerichteten Experten-Arbeitskreis
entwickelt der GdW sein Angebot für die
Branche stetig weiter und führt regelmäßig
Umfragen unter seinen Mitgliedsunterneh-
men zu den aktuellen Herausforderungen
der Zuwanderung und Integration durch.”
„Mit der Aufnahme und Integration von
Hilfesuchenden kommen wir einer gesamt-
gesellschaftlichen und moralischen Verant-
wortung nach, der sich auch die Immobilien-
wirtschaft in ihrer vollen Breite stellen muss.
Dafür benötigt sie aber passende Rahmen-
bedingungen und Planungssicherheit, um
insbesondere auf den wachsenden Flächen-
bedarf angemessen reagieren zu können“,
erklärte
Klaus-Peter Hesse
, Geschäftsfüh-
rer des Zentralen Immobilien Ausschusses
(ZIA). „Der aktuelle Verteilungsschlüssel
für Hilfesuchende auf Basis des Königstei-
ner Schlüssels etwa überfordert vor allem
die ohnehin schon angespannten Immo-
bilienmärkte der Metropolregionen sowie
Groß- und Universitätsstädte. Die Politik
hat jedoch die Möglichkeit, auf Basis der
beschlossenen Wohnortzuweisung einen
neuen Verteilungsschlüssel anzuwenden,
der bestehende Potenziale berücksichtigt.
Einen entsprechenden Vorschlag hat empi-
rica im Auftrag des ZIA im Frühjahr dieses
Jahres entwickelt. Dieser neue Verteilungs-
schlüssel konzentriert sich insbesondere auf
Regionen, in denen einerseits ein hohes
Wohnungsangebot, andererseits auch ein
Arbeitskräftemangel herrscht. Schrump-
fende Regionen könnten so mit Hilfe von
Hilfesuchenden motiviert werden, die sich
dann auch mit Hilfe eines Arbeitsplatzes
und eines passenden sozialen Umfelds bes-
ser integrieren können.“
„Im letzten Jahr kamen über 125.000
Geflüchtete nach Berlin-Brandenburg,
viele von ihnen dauerhaft. Sie brauchen
bezahlbare Wohnungen und gute Nach-
barschaften“, sagte
Maren Kern
, Vor-
stand des BBU Verband Berlin-Branden-
burgischer Wohnungsunternehmen. „Hier
ist die Wohnungswirtschaft als traditio-
nelle Nachbarschafts- und Integrations-
branche stark gefordert. Der BBU bietet
seinen Mitgliedsunternehmen hierbei viel-
fältige Unterstützung, beispielsweise mit
einem mehrsprachigen Wohnleitfaden. Die
eigentlichen Herausforderungen fangen
aber jetzt erst an. Zwei Dinge sind dabei
besonders wichtig. Erstens: Ihre Bewälti-
gung ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die
nur mit den richtigen Rahmenbedingungen
gelingen kann. Und zweitens: Oberstes Ziel
aller Bemühungen muss immer die Stär-
kung des gesamtgesellschaftlichen Zusam-
menhalts sein. Keine Gruppe darf gegen
eine andere ausgespielt werden.“
„Immobilienfinanzierern kommt in der
Gemengelage von Zuwanderung, Unter-
bringung und Integration die Aufgabe zu,
auf die Nachhaltigkeit der dazu angesto-
ßenen (Bau-)Maßnahmen zu achten“, so
Dr.
Carsten Düerkop
, Vorstandsmitglied
der WL BANK. „Nachhaltigkeit ist in die-
sem Zusammenhang allerdings ein sehr viel-
schichtiger Begriff. Dazu gehört die Frage
nach den Standorten, nach Makro- wie Mik-
rolage betrachtet, und deren soziodemogra-
fischen Konsequenzen ebenso wie die Frage
der bautechnischen Zukunftsfähigkeit, zum
Beispiel der möglichen Nachverwertung,
von Gebäuden. Diese Aspekte dürfen nicht
der Dringlichkeit der Aufgabe geopfert wer-
den. Der GdW hat eine Reihe von unterstüt-
zenswerten Vorschlägen für die Beschleu-
nigung des Bauprozesses gemacht. Auch
wir sagen ‚Ja‘ zu weniger Bürokratie und
weniger Auflagen im Antrags- und Geneh-
migungswesen.“
(schi)
„Wohnen wird ein Topthema im Bundestagswahlkampf“
München – Die Wohnungs- und Immobilienpolitik wird eines der TOP 5-Themen im anstehenden Bundestagswahlkampf.
Darüber waren sich die Immobilienjournalisten Andreas Remien von der
Süddeutschen Zeitung (SZ)
, Michael Fabricius
von der
WELT
und der freie Journalist Christian Hunziker bei einer Diskussionsrunde am Stand der Bundesarbeitsgemein-
schaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) auf der Expo Real am 4. Oktober 2016 einig.
Das Thema Miet- und Kaufpreise ist aus
Sicht von
WELT-
Journalist Fabricius ein
regelrechtes Reizthema, die ideologischen
Gräben seien hier tief. Für
SZ
-Journalist
Remien steht angesichts der Brisanz des
Themas die Umsetzung der 10 Punkte
des Bündnisses für bezahlbares Wohnen
und Bauen im Mittelpunkt. Die Kommu-
nen seien hier aber der erste Schlüssel,
deshalb gestalte sich die Realisierung der
auf bundespolitischer Ebene festgeleg-
ten Maßnahmen auch so schwierig. Den
freien Journalisten Christian Hunziker inte-
ressiert insbesondere die Frage, wie es in
10 bis 20 Jahren auf dem Wohnungsmarkt
aussehe und ob die jetzt gebauten Woh-
nungen dann tatsächlich noch gebraucht
würden. Angesichts des beginnenden Bun-
destagswahlkampfes rief Michael Fabricius
die Immobilienverbände dazu auf, insbe-
sondere kreativ an der Politikgestaltung
mitzuwirken. Er schlug die Einrichtung
eines digitalen Echtzeit-Mietspiegels vor,
denn Deutschland sei bei der Mietpreis-
Datenlage noch ein regelrechtes „Entwick-
lungsland“. Es komme insbesondere auf
eine transparente Darstellung der Markt-
lage an. Auf die Frage von Moderator Dr.
Hans-Michael Brey, Geschäftsführender
Vorstand der BBA Akademie der Immo-
bilienwirtschaft, ob denn die Wohnungs-
wirtschaft der „Reparaturbetrieb für fal-
sche politische Entscheidungen“ sei, hob
Christian Hunziker die große Schwierigkeit
hervor, für kurzfristige Entwicklungen wie
die Flüchtlingskrise auch die richtigen Ent-
scheidungen zu treffen. Prognosen seien
bei solchen Ereignissen immer schwierig.
Dennoch müsse der Fokus für die kommen-
den Monate weiterhin lauten, so Andreas
Remien: günstigen Wohnraum schaffen.
(schi)
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05.10.2016
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