WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 12/2016 - page 3

rung von Mietwohnungsneubau wolle
man private Investoren dazu bringen,
„noch mehr zu bauen“. Alleine mit der
öffentlichen Wohnraumförderung kann
der Bedarf nicht gedeckt werden.
Im Anschluss an die Debatte nahm der
Bundestag den Bericht zur Kenntnis.
(hau/kön)
BUNDESPOLITIK
Fortsetzung von Seite 2
Online-Datenbank zeigt Bauten für Flüchtlinge und Migranten in Deutschland
Frankfurt – Das Deutsche Architekturmuseum (DAM) hat seit Oktober 2015 bereits realisierte beziehungsweise in Reali­
sierung befindliche Bauten für Flüchtlinge und Migranten gesammelt. Die Online-Datenbank wird ständig aktualisiert
und erweitert. Die Projekte zeigen die Realität in Deutschland, gegliedert nach Größe, Kosten und Bewohnern pro Quad-
ratmetern, Material und Konstruktion.
Ausgehend von den Thesen zur „Arrival
City“ des kanadischen Journalisten Doug
Saunders stellt die Ausstellung „Making
Heimat“ Bedingungen für Integration an
Beispielen in Deutschland zur Diskussion.
Ziel der Sammlung ist es nicht, die besten
Beispiele besonders hervorzuheben, son-
dern Debatten anzuregen. Die Datenbank
dient zum Vergleich gängiger Lösungen
und soll eine Grundlage für die lokalen und
regionalen Entscheidungsträger bieten.
Hinzu kommen einige internationale Pro-
jekte. Das Spektrum reicht von temporären
Leichtbauhallen für 300 Personen, deren
Inneneinrichtung durch einen Architekten
entworfen wurde, bis zu mehreren Pro-
jekten des dauerhaften, kostengünstigen
Wohnungsbaus, der nicht allein Flüchtlin-
gen eine Bleibe bietet. Einen Schwerpunkt
bilden Holzmodulbauten. Die Datenbank
versammelt auch Projekte von Bürgerini-
tiativen oder das Vorhaben eines privaten
Auftraggebers, der in München eine Art
Siedlung für Künstler und Flüchtlinge plant.
Bei der Zusammenstellung der Projekte
für die Datenbank hat das DAM mit der
Architekturzeitschrift Bauwelt zusammen-
gearbeitet. Außerdem ist das DAM Koope-
rationspartner beim Berlin Award, einem
weltweit offenen Wettbewerb des Landes
Berlin zu innovativen Konzepten der Flücht-
lingsunterbringung.
(kön)
Alle Informationen zur Datenbank finden Sie
hier: makingheimat.de/fluechtlingsunterkuenfte
Das Dokument, das alle
Bauten aufführt, wird stän-
dig aktualisiert. Sie können
es herunterladen, indem Sie
diesen QR-Code scannen:
Der Europäische Gerichtshof ebnet den Weg zur Einführung von
Wohnsitzauflagen
Luxemburg/Berlin – Bereits Anfang Oktober 2015 hat sich der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW mit
der Frage wohnortzuweisender Regelungen für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte beschäftigt.
Anlässlich des Flüchtlingsgipfels am 20. Dezember 2015 im Bundeskanzleramt forderte der Verband die Einführung
entsprechender Regelungen.
Wie der GdW stets betont hat, muss
Intention und Schwerpunkt einer entspre-
chenden gesetzlichen Regelung sein, die
Integration zu stärken. Angesichts der völ-
kerrechtlichen, europarechtlichen und auch
verfassungsrechtlichen Vorgaben gab und
gibt es jedoch immer wieder Irritationen
hinsichtlich der Zulässigkeit entsprechen-
der Regelungen.
Nach einem aktuellen Urteil des Europäi-
schen Gerichtshofes (EuGH) vom 1. März
2016 können anerkannten Flüchtlingen
und subsidiär Schutzberechtigten vom
Grundsatz her Beschränkungen im Hinblick
auf die freie Wahl des Wohnsitzes auferlegt
werden. Allerdings nur, wenn und soweit
dies mit dem Ziel geschieht, die Integra-
tion zu erleichtern. Anerkannte Flüchtlinge
sowie subsidiär Schutzberechtigte müssen
außerdem in stärkerem Maß mit Integra-
tionsschwierigkeiten konfrontiert sein, als
andere Drittstaatsangehörige, die sich aus
anderen als humanitären, politischen oder
völkerrechtlichen Gründen rechtmäßig in
Deutschland aufhalten und Sozialleistun-
gen beziehen.
Unterstellt man diese Unterschiede im Hin-
blick auf das Ziel der erleichterten Integra-
tion, dürften Wohnsitzauflagen für diese
Gruppe grundsätzlich zulässig sein. Es
müssen aber auch weitere Punkte berück-
sichtigt werden. So dürfen entsprechende
Auflagen nur zeitlich befristet gelten – in
der Regel drei Jahre – und nur solange, wie
der Betroffene nicht über einen Arbeits-
platz oder ein sonstiges den Lebensunter-
halt sicherndes Einkommen verfügt und
daher auf öffentliche Hilfe angewiesen ist.
Des Weiteren darf die allgemeine Bewe-
gungsfreiheit nicht eingeschränkt werden.
Schließlich müssen Härtefälle angemes-
sen berücksichtigt werden. Beispielsweise
ist von einer Wohnsitzauflage abzuse-
hen, wenn Ehegatten oder Lebenspart-
ner untereinander oder Eltern und ihre
minderjährigen ledigen Kinder auf Grund
der Auflage an verschiedenen Wohnorten
leben würden. Anders als zum Teil kolpor-
tiert wird, werden Familien durch die Ein-
führung von Wohnsitzauflagen nicht aus-
einandergerissen.
Auch und gerade die jüngst erhobenen
Bedenken im Hinblick auf Vereinbarkeit
mit der Europäischen Menschenrechts-
konvention lassen sich entkräften, wenn
die dargestellten Punkte berücksichtigt
werden. Insbesondere durch die zeitliche
Befristung und der Berücksichtigung diver-
ser Härtefälle lässt sich ein unverhältnismä-
ßiger Eingriff in die Rechte der Betroffenen
vermeiden.
Der Weg zur Einführung von Wohnsitz-
auflagen ist geebnet. Der EuGH hat eine
Möglichkeit aufgezeigt, Wohnsitzauflagen
zu verordnen. Nun ist es an der Politik, zu
handeln.
(zab)
Dr. Matthias Zabel
GdW-Referent „Recht“
KOMMENTAR
Foto: GdW, Urban Ruths
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