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AUS DEN VERBÄNDEN
Ein Jahr nach der Mietpreisbremse steht
fest: Sie hat ihre Wirkung verfehlt. Die
Bundesregierung denkt bereits über eine
Nachbesserung nach. Der VNW warnt vor
einer „Verschlimmbesserung“ und emp-
fiehlt ein Umdenken. Um die Mieterin-
nen und Mieter vor überhöhten Mieten zu
schützen, fordern VNW und Mieterverein
daher gemeinsam: „Paragraf fünf Wirt-
schaftsstrafgesetz reformieren, statt Miet-
preisbremse reparieren, damit Mietpreis-
überhöhungen wieder wirksam geahndet
werden können.“
Der Paragraf fünf im Wirtschaftsstrafge-
setz (Mietpreisüberhöhung) besagt, dass
ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich
oder leichtfertig für die Vermietung von
Räumen zum Wohnen „unangemessen
hohe Entgelte“ fordert. Mieten sind dann
unangemessen hoch, wenn sie die üblichen
Entgelte um mehr als 20 Prozent überstei-
gen und dies infolge der Ausnutzung eines
geringen Angebotes an vergleichbaren
Räumen geschieht.
Der Paragraf fünf weist Schwächen auf –
er schreckt die schwarzen Schafe auf dem
Wohnungsmarkt nicht ab. Ein „zahnloser
Tiger“ also. Dies liegt vor allem an zwei
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs:
Das „geringe Angebot an vergleichbaren
Räumen“ bezieht sich auf das gesamte
Gebiet, nicht auf den Stadtteil, in dem sich
die Wohnung befindet. Das „Ausnutzen“
eines zu geringen Angebotes ist damit
folglich kaum nachweisbar. Des Weiteren
steht der Mieter in der „Bringschuld“. Er
muss beweisen, dass er aufgrund fehlen-
der Angebote auf das teure Mietange-
bot angewiesen ist. In der Realität kaum
umsetzbar.
„Es ist total unverständlich, dass es einen
Paragrafen gibt, der aufgrund seiner Aus-
gestaltung keine Anwendung findet. Statt-
dessen hat die Politik als Alternative ein
schlechteres Instrument wie die Mietpreis-
bremse eingeführt. Nur es wirkt nicht“,
erklärte VNW-Verbandsdirektor Andreas
Breitner.
„Wir wollen, dass die Hamburgerinnen und
Hamburger Wohnungen zu bezahlbaren
Preisen mieten können“, so Breitner. „Die
VNW-Mitgliedsunternehmen liegen mit
einer Durchschnittsmiete von 6,22 netto-
kalt unter der allgemeinen Durchschnitts-
miete von rund acht Euro. Doch nicht alle
Menschen können in den Wohnungen der
Verbandsunternehmen wohnen. Einige
schwarze Schafe auf demWohnungsmarkt
nutzen die hohe Nachfrage in begehrten
Lagen aus und verlangen horrende Mieten.
Das ist unsozial und schadet dem Image
der gesamten Branche. Um dem einen
Riegel vorzuschieben, sollte sich der Ham-
burger Senat auf Bundesebene für einen
anwendbaren Paragraf fünf Wirtschafts-
strafgesetz einsetzen.“
„Mit einer Stärkung des Paragrafen fünf
wäre den Hamburger Mieterinnen und
Mietern sicherlich mehr geholfen als mit
ungewissen Nachbesserungen der Miet-
preisbremse“, sagte Siegmund Chychla,
Geschäftsführer des Mietervereins zu Ham-
burg. „Im Gegensatz zur Mietpreisbremse
sieht der Paragraf 5 stärkere Sanktionen
vor. Die Rückzahlung der überhöhten Mie-
ten ab Vertragsschluss und Bußgelder ent-
wickeln eine ausreichende generalpräven-
tive Wirkung.“
Um den Paragrafen fünf zu einem praxist-
auglichen Instrument zu machen, muss an
einigen Stellen nachgebessert werden. Zum
Beispiel sollte sich das „geringe Angebot
an vergleichbaren Räumen“ auf ein Teil-
gebiet beziehen, nicht auf das Gesamtge-
biet. Des Weiteren sollte die Beweisführung
(der Mieter muss darlegen, welche Bemü-
hungen er bisher geleistet hat, um eine
Wohnung zu finden) verändert werden.
Der Hamburger Senat hatte im Jahr 2013
bereits einen Gesetzesantrag zur Ände-
rung in den Bundesrat gegeben (Drucksa-
che 176/13).
„Der Hamburger Senat sollte sich der Sache
im Sinne der Hamburger Mieterinnen und
Mieter dringend erneut annehmen. Wir,
der VNW und der Mieterverein zu Ham-
burg, stehen gern beratend zur Seite“, for-
derten Breitner und Chychla gemeinsam.
(frit/schi)
„Mieter besser schützen – Mietpreisüberhöhungen wirksam bekämpfen“ – ge-
meinsamer Appell von norddeutscher Wohnungswirtschaft und Mieterverein
Hamburg – Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) und der Mieterverein zu Hamburg fordern, zu-
nächst die einfache Reform des Paragrafen fünf Wirtschaftsstrafgesetz (Mietpreisüberhöhung) umzusetzen, statt kompli-
zierte und nicht zielführende Nachbesserungen der Mietpreisbremse zu planen. Der Hamburger Senat sollte sich im Bun-
desrat dafür einsetzen.
Berlin-Brandenburgische Wohnungswirtschaft veröffentlicht Wohnleitfaden
für Geflüchtete
Berlin – Um den neuen Mieterinnen und Mietern das Ankommen in ihrer Nachbarschaft zu erleichtern und mögliche
Probleme in der neuen Umgebung gar nicht erst aufkommen zu lassen, hat der Verband Berlin-Brandenburgischer Woh-
nungsunternehmen (BBU) auf Grundlage von Erfahrungen aus der Vermietungspraxis seiner Mitgliedsunternehmen
einen Wohnleitfaden erarbeitet. Er ist nun auf Deutsch, Arabisch und Englisch erschienen.
Der Leitfaden erklärt unter anderem die
Themen „Richtige Nutzung der Woh-
nung“, „Heizen und Lüften“, „Mül-
lentsorgung“ und „Gemeinschaftlicher
Umgang“ verständlich in Wort und Pik-
togrammen.
„Im letzten Jahr sind rund 125.000 Men-
schen nach Berlin und Brandenburg
geflüchtet. Viele von ihnen werdend dauer-
haft bei uns bleiben. Dieser Zuzug stellt uns
vor große Herausforderungen, ist aber auch
eine große Chance“, erklärte BBU-Vorstand
Maren Kern. „Um unsere Mitgliedsunter-
nehmen bei der Integration der Geflüchte-
ten zu unterstützen, haben wir gemeinsam
mit ihnen unseren Wohnleitfaden erarbei-
tet. Damit wollen wir die Neuankömmlinge
bei ihren ersten Schritten in den neuen
Nachbarschaften erleichtern.“
(ebe/schi)
Der Wohnleitfaden steht unter
Bereich „Downloads“
als Word- und PDF-Datei zur Verfügung.
Die offene InDesign-Datei kann beim BBU per
E-Mail unter
treff „Wohnleit­
faden“, angefordert werden. Wohnungsunter-
nehmen und Hilfsinitiativen können die Dateien
so bei Bedarf ergänzen und für ihre jeweilige
Nutzergruppe anpassen werden.
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