WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 15/2016 - page 3

BUNDESPOLITIK
Foto: BArch, B 145 Bild-00304083 / Steffen Kugler
Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel: GdW fordert Wohnsitzauflagen für
Flüchtlinge und Fokus auf Integrationsmaßnahmen in Quartieren
Berlin – „Wir brauchen einen Zweiklang aus Bauen und Betreuen“, erklärte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenver-
bandes der Wohnungswirtschaft GdW, anlässlich des Austausches am 8. April 2016 im Bundeskanzleramt mit Vertretern
von Verbänden, Organisationen und Religionsgemeinschaften über die Flüchtlingsaufnahme in Deutschland. Es seien
zügig praktikable Lösungen gefragt, um nicht nur die Erstunterbringung der Flüchtlinge, sondern auch die längerfristige
Integration zu sichern.
Deutschland braucht mehr bezahlbaren
Wohnraum für alle. Bis heute geplante neue
Wohnungen tatsächlich auf den Markt kom-
men, dauert es in aller Regel zwei bis drei
Jahre. Daher sind jetzt alle Vermietergrup-
pen gefragt, möglichst viele Bestandswoh-
nungen zur Verfügung zu stellen. Bis 2020
müssen jährlich insgesamt rund 400.000
Wohnungen und damit rund 140.000 Miet-
wohnungen mehr als in diesem Jahr gebaut
werden – davon 80.000 Sozialwohnungen
und 60.000 Einheiten im bezahlbaren Woh-
nungssegment. Diese Wohnungen fehlen
insbesondere in Großstädten, Ballungszen-
tren und Universitätsstädten. Die hohen
Zuwanderungsraten verstärken dabei den
Druck auf die Wohnungsmärkte. Insge-
samt gibt es in Deutschland aber nur rund
600.000 wirklich nutzbare leer stehende
Wohnungen. Die Mehrheit dieser Woh-
nungen befindet sich in strukturschwachen
ländlichen Regionen.
Das bedeutet: Wir brauchen auf der einen
Seite mehr bezahlbaren Wohnungsneubau
in den Ballungsräumen. Dafür müssen Bau-
hemmnisse aus demWeg geräumt werden.
Auf der anderen Seite sollte es wohnsitz-
zuweisende Regelungen für anerkannte
Asylbewerber geben, auch um die Städte
zu entlasten, die immensem Druck durch
starke Zuwanderung aus dem In- und Aus-
land ausgesetzt sind. Die Menschen hätten
dann häufig bessere Integrationschancen
als in den überlasteten Metropolen. „Ent-
sprechende zeitlich befristete Regelungen
dazu könnten die Integration der Men-
schen erleichtern und gleichzeitig die Ent-
stehung von sozialen Brennpunkten ver-
hindern“, so Gedaschko. Erst kürzlich hat
ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes
bestätigt, dass zeitlich befristete Wohnsitz-
auflagen möglich sind, wenn sie der besse-
ren Integration dienen.
Bezahlbaren Wohnraum ermöglichen
„An diesen Stellschrauben müssen Bund,
Länder und Kommunen zuerst drehen,
wenn sie bezahlbaren Wohnraum ermög-
lichen wollen“, so der GdW-Chef. Der
GdW begrüßt dabei ausdrücklich, dass
die soziale Wohnraumförderung verdop-
pelt wurde. Allerdings muss dringend die
Finanzierung der Mittel für den sozialen
Wohnungsbau auch über 2019 hinaus
langfristig auf hohem Niveau gesichert
werden. Ebenso sieht die Wohnungswirt-
schaft die derzeit in der Beratung befindli-
che Einführung einer Sonderabschreibung
für Wohnungsneubauten in Gebieten mit
angespannten Wohnungsmärkten als posi-
tives Signal. Sie wird insbesondere private
Investoren motivieren, sich am Wohnungs-
neubau zu beteiligen. Darüber hinaus sollte
es alternativ eine gleichwertige Investitions-
Zulagenregelung für die Investoren geben,
die steuerliche Sonderabschreibungen
nicht nutzen können.
„Wir müssen die Menschen, die zu uns
kommen, in die Gesellschaft integrie-
ren“, mahnte GdW-Präsident Gedaschko.
Die Wohnungswirtschaft übernimmt seit
Jahrzehnten eine aktivierende Funktion im
Wohnquartier. Mit einem großen Engage-
ment der Wohnungsunternehmen und der
wichtigen Unterstützung durch das Bund-
Länder-Programm „Soziale Stadt“ ist es
gelungen, viele Wohnquartiere zu stabili-
sieren, aus überforderten wieder funktio-
nierende Nachbarschaften zu machen und
damit den sozialen Frieden zu erhalten.
Aber: Die Integration der Zuwanderer und
Flüchtlinge kann nur durch eine langfristige
soziale Betreuung und integrative Maßnah-
men und nur mithilfe eines stärkeren finan-
ziellen Engagements aller staatlichen Ebe-
nen gelingen.
Integration: Rechtliche und kulturelle
Bedeutung
Auch Bundeskanzlerin Dr.
Angela Merkel
(CDU) betonte, dass das Thema Integration
immer stärker in den Vordergrund rücke
und Platz greife. „Wir wissen, dass Inte-
gration viele Facetten hat“, so Merkel. Es
müsse ein Bogen von rechtlichen Fragen
der Integration bis hin zu Fragen der kultu-
rellen Bedeutung von Integration gespannt
werden.
Positiv wertet der GdW die in den Eck-
werten des Bundeshaushalts 2017 veran-
kerte kräftige Aufstockung der Mittel für
das Städtebauprogramm Soziale Stadt.
Die Erhöhung der Mittel um 300 Millio-
nen Euro jährlich kommt genau zum rich-
tigen Zeitpunkt. „Integration findet nicht
nur im Bereich Arbeit und Bildung statt,
sondern gerade auch in den Wohnquar-
tieren“, so Gedaschko. „Deshalb brauchen
wir eine möglichst flexible Ausgestaltung
des Programms Soziale Stadt, die über die
bisherige städtebauliche Gebietskulisse
hinausgehen kann und die Integration in
den Wohnquartieren stärkt. Gut funkti-
onierende Nachbarschaften sind Voraus-
setzung für eine erfolgreiche Integration
der Menschen in ihrer neuen Heimat. Die
Integration der zu uns kommenden Flücht-
linge muss zur nationalen Aufgabe werden.
(burk/kön/schi)
gien im Sinne des EEG genauso verzichten,
wie auf die Lieferung von Strom aus Kraft-
Wärme-Kopplung oder Photovoltaik an
Mieter. Darüber hinaus muss es ermöglicht
werden, dass regenerativ erzeugte Strom-
gewinne, beispielsweise durch eine Photo-
voltaikanlage auf dem Dach, zur Deckung
des Heizwärmebedarfs der Mieterhaus-
halte herangezogen werden dürfen.
„Wir möchten bei der Diskussion um die
Neukonzeption der Energievorgaben aus-
drücklich an den Beschluss der Bauminis-
terkonferenz vom Herbst 2015 erinnern:
Die EnEV muss sowohl ökologische als
auch wirtschaftliche Aspekte verbinden“,
so Gedaschko.
(burk/schi)
Weitere Infos zur Sonderbauministerkonferenz
finden Sie in Kürze unter
Fortsetzung von Seite 2
Die Bundes­
kanzlerin
betonte die
Bedeutung
der Integra­
tion.
15/2016 3
1,2 4,5,6
Powered by FlippingBook