WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 15/2016 - page 2

BUNDESPOLITIK
des Betrachtungszeitraums bei der ortsüb-
lichen Vergleichsmiete auf acht Jahre aus.
Zwar wurde hier eine kosmetische Verbesse-
rung eingebaut – ursprünglich war eine Ver-
breiterung auf 10 Jahre vorgesehen – den-
noch wird die ortsübliche Vergleichsmiete
so auf niedrigem Niveau eingefroren. Neue,
effektive Maßnahmen der energetischen
Modernisierung werden dadurch viel später
Bestandteil der ortsüblichen Vergleichsmiete
– und diese selbst damit letztlich ein Hemm-
nis für Investitionen in die energetische
Sanierung. „Mietspiegel sollen die Markt-
mieten objektiv abbilden“, so Gedaschko.
„Dieses Instrument hat sich seit mehreren
Jahrzehnten bewährt und maßgeblich zum
sozialen Frieden auf den Mietmärkten bei-
getragen. Der jetzige Entwurf stellt eine
Manipulation der Miethöhen dar.“
Modernisierung wird unattraktiv
Allein eine Absenkung der modernisie-
rungsbedingten Mieterhöhung auf 10 Pro-
zent – wie im Koalitionsvertrag gefordert
– hätte bereits ein Investitions- beziehungs-
weise Modernisierungshindernis darge-
stellt, wie ein Gutachten des Forschungs-
instituts InWIS nachweist. Dort heißt es:
„Schon eine Verringerung der Mieterhö-
hungsmöglichkeit von elf auf 10 Prozent
macht viele Modernisierungen nicht mehr
attraktiv. Sie sind nicht mehr wirtschaftlich
darstellbar.“ Die nun geplante, deutlich
stärkere Absenkung auf acht Prozent hätte
noch drastischere Folgen. Die Politik würde
damit selbst die Energiewende im Gebäu-
debereich ausbremsen. Viele energetische
Sanierungen werden sich nicht mehr rech-
nen und werden nicht mehr ausgeführt.
Die Bundesregierung verhält sich zudem
widersprüchlich. Der „Nationale Aktions-
plan Energieeffizienz“ legt fest, dass bei
Umsetzung der im Koalitionsvertrag vor-
gesehenen Anpassungen der Modernisie-
rungsmieterhöhung darauf zu achten ist,
dass die Anreize im Mietrecht für energe-
tische Modernisierungen nicht verringert
werden.
Die Pläne des Justizministeriums, die
Modernisierungsmieterhöhung auf höchs-
tens 50 Prozent innerhalb von acht Jahren
zu begrenzen, sind vom Tisch. Die Begren-
zung der Miete nach Modernisierung auf
drei (vorher vier) Euro pro Quadratmeter
für acht Jahre nimmt vielen Unternehmen
den Anreiz und die wirtschaftliche Mög-
lichkeit, Modernisierungen durchzuführen.
Zudem ist diese Regelung mit einem enor-
men bürokratischen Aufwand verbunden.
Härtefallregelung für Geringverdiener
Die Regelung besagt, dass ein wirtschaft-
licher Härtefall künftig in der Regel dann
vorliegen soll, wenn der Mieter mehr als
40 Prozent des Haushaltseinkommens für
die Miete einschließlich der Heizkosten
ausgeben muss. „Damit werden beson-
ders die Mieter mit geringerem Einkom-
men hart getroffen, denn die Regelung
führt dazu, dass sie noch schwerer an eine
Wohnung auf dem Mietmarkt kommen“,
so der BID-Vorsitzende. „Vermieter würden
durch diese weitere Verschärfung des Miet-
rechts künftig in ihrem Engagement für die
Modernisierung des Wohnungsbestandes
behindert. Dies wird sich auch negativ auf
die Mieter auswirken: Die Qualität des
Wohnens in Deutschland wird sinken“, so
Gedaschko.
(burk)
Fortsetzung von Seite 1
GdW zur Sonderbauministerkonferenz: Energieeinsparmaßnahmen müssen
wirtschaftlich umsetzbar sein
Berlin – Bei der Sonderbauministerkonferenz am 13. April 2016 stand unter anderem die Neukonzeption des Energieein-
sparrechts bei Gebäuden auf der Tagesordnung. Auf Grundlage eines Wirtschaftlichkeitsgutachtens zur Energieeinspar-
verordnung (EnEV) diskutierten die Bauminister des Bundes und der Länder die Weiterentwicklung der EnEV und des
Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG).
„Das Wohnen in Deutschland wird erneut
deutlich teurer, wenn die Energieeinspar-
vorgaben auf Grundlage dieser realitätsfer-
nen Berechnungen noch weiter verschärft
werden“, erklärte dazu
Axel Gedaschko
,
Präsident des Spitzenverbandes der Woh-
nungswirtschaft GdW. „Die Kosten für den
Wohnungsneubau steigen so deutlich. Für
Menschen, die eine bezahlbare Wohnung
suchen, werden Neubauten absolut uner-
schwinglich. Der Druck in den angespann-
ten Märkten wird größer.“
In dem Gutachten wird der Niedrigstener-
giestandard KfW 55 für Neubauten als
wirtschaftlich dargestellt. „Das ist völlig
unrealistisch“, so der GdW-Chef. „Einzelne
Parameter sind hier schlicht unzutreffend.
So wird eine Wirtschaftlichkeit durch viel zu
hohe Gaspreise einerseits und viel zu lange
Amortisationszeiten andererseits herbeige-
rechnet. Heute wird der KfW 55-Standard
noch gefördert, weil er unwirtschaftlich
ist, morgen schon soll er eine Neubauan-
forderung ohne Förderung sein. Das kann
nicht funktionieren.“ Die Umsetzung des
Standards wäre im Vergleich zur möglichen
Energieeinsparung viel zu teuer. Generell
werden die in dem Gutachten berechne-
ten theoretischen Einsparungen überhaupt
nicht durch konkrete Messungen in existie-
renden Gebäuden belegt.
„Das grenzt an Wahrsagerei“, kritisierte
Gedaschko. „Nicht jede in einem Gebäude
theoretisch denkbare Einsparung ist auch
praktisch umsetzbar. Diese Erkenntnis muss
sich endlich durchsetzen“, so Gedaschko.
Die Praxis hat gezeigt, dass pauschal errech-
nete Einsparungen in neu errichtetenWohn-
gebäuden in der Realität regelmäßig nicht
eintreten. Diese Lücke vergrößert sich mit
zunehmenden Ansprüchen. Für eine fun-
dierte und praxistauglicheWeiterentwicklung
der EnEV sei daher unbedingt eine konkrete
Evaluation notwendig, wie die Energiever-
bräuche bei den derzeitigen EnEV-Standards
2014 und 2016 tatsächlich aussehen.
Technologieoffenheit, Wirtschaftlich-
keit und Fokus auf CO
2
-Emissionen
„Um mit der Energieeffizienz im Gebäu-
debereich wirklich weiterzukommen, sind
Technologieoffenheit, die Wahrung des
Wirtschaftlichkeitsgebotes bei allen ord-
nungsrechtlichen Anforderungen und eine
Umstellung der Systematik der Energieein-
sparungen auf CO
2
-Emissionen notwen-
dig“, forderte Gedaschko. Immer schärfere
Anforderungen helfen nicht. Das Haupt-
augenmerk auf CO
2
-Emissionen zu legen,
verstärke aber die Anreizwirkung für Kli-
maschutzmaßnahmen und führe zu einer
ganzheitlichen Betrachtung der Ziele der
Energiewende wie Effizienz, erneuerbare
Energien und CO
2
-Minderung.
Damit die Wohnungswirtschaft techno-
logisch sinnvolle Investitionen für mehr
Energieeffizienz umsetzen kann, müssen
zudem steuerrechtliche Hemmnisse bei der
Stromerzeugung aus erneuerbaren Ener-
gien oder Kraft-Wärme-Kopplung besei-
tigt werden. Derzeit können Wohnungs-
unternehmen die Einspeisevergütung des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) für
den Betrieb erneuerbarer Energieanlagen
in vielen Fällen wegen gravierender steuer-
licher Nachteile nicht nutzen und müssen
daher auf die Nutzung erneuerbarer Ener-
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