WOHNUNGSPOLITISCHE_INFORMATIONEN 46/2016 - page 2

BUNDESPOLITIK
hat die Wohnungs- und Immobilienwirt-
schaft den CO
2
-Ausstoß im Gebäudesek-
tor durch enorme Anstrengungen bereits
um 43 Prozent gesenkt. Und trotz dieser
großen, hart erkämpften Erfolge sollen die
energetischen Anforderungen an das Woh-
nen und Bauen zukünftig noch stärker ver-
schärft werden.
Zuletzt lag der Zielkorridor des Klima-
schutzplans für die CO
2
-Reduktion im
Gebäudebereich bei maximal 70 bis 80 Mil-
lionen Tonnen CO
2
für das Jahr 2030. Dies
hätte eine Reduktion zwischen 62 und 67
Prozent gegenüber dem Bezugsjahr 1990
bedeutet. In der Endabstimmung des Kli-
maschutzplans mussten jedoch 10 Milli-
onen Tonnen CO
2
-Minderung an anderer
Stelle „untergebracht“ werden, um den
Industriesektor zu entlasten. So wurden
dem Gebäudesektor völlig unerwartet
weitere acht Millionen Tonnen CO
2
-Min-
derung aufgebürdet, jeweils eine weitere
Tonne dem Abwasser- und Abfallbereich.
Das bedeutet eine zusätzliche Verschärfung
der des Minderungsziels für den „Muster-
schüler“ Gebäudesektor um 10 Prozent.
Damit wird zwischen 2020 und 2030 ext-
rem großer Druck auf die Gebäude aufge-
baut. Verschärfend kommt hinzu, dass dies
nur die direkten Emissionen der Gebäude
sind, das heißt Verbesserungen der CO
2
-
Emissionen bei Fernwärme und Strom wer-
den derzeit nicht mit angerechnet, diese
gelten für die Energiewirtschaft. Das ist das
Gegenteil der notwendigen Strategie für
sozialverträglichen Klimaschutz im Gebäu-
desektor.
Keine Grundlage für vertrauensvolle
Bündnis-Arbeit
In Reaktion auf die kurzfristig hinzuge-
fügte zusätzliche Mehrbelastung für den
Gebäudesektor in Deutschland sehen die
großen Verbände der deutschen Immobili-
enwirtschaft – GdW, BFW, IVD, ZIA, DDIV
sowie Haus & Grund – vorerst keine Grund-
lage mehr für eine weitere vertrauensvolle
Zusammenarbeit mit der Bundesregierung
im Bündnis für bezahlbares Wohnen und
Bauen. Bis Ende Januar 2017 soll mit den
zuständigen Fachministerien geklärt wer-
den, inwieweit bei den Klimaschutzzielen
noch ein gemeinsamer Weg gefunden
werden kann. Bis dahin wird die Mitarbeit
der Verbände der Bundesarbeitsgemein-
schaft Immobilienwirtschaft Deutschland
(BID) sowie von Haus & Grund im Bündnis
stillgelegt. Das haben die entsprechenden
Verbände am 16. November 2016 der Bun-
desregierung in einem gemeinsamen Brief
mitgeteilt.
„Die Wohnungswirtschaft bekennt sich
ausdrücklich zu dem Ziel der Bundesre-
gierung, einen lebenswerten, bezahlba-
ren und nahezu klimaneutralen Gebäude-
bestand bis zum Jahr 2050 zu schaffen“,
erklärte Axel Gedaschko, Präsident des
Spitzenverbandes der Wohnungswirt-
schaft GdW. „Mit der nun kurzfristig hin-
zufügten Mehrbelastung unserer Branche
ist am Ende aber weder den Mietern und
Vermietern noch der Klimaschutzpolitik in
Deutschland geholfen.“
Soziale Folgenabschätzung und Ziel-
Anpassung notwendig
Die Entwicklung von CO
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-Minderungszie-
len ist ohne eine umfassende Folgenab-
schätzung für die Wohnungs- und Immobi-
lienwirtschaft nicht hinnehmbar. Erst recht
nicht, wenn eine Anpassung der Ziele erst
2018 möglich sein soll. Die Immobilienwirt-
schaft ist auf stabilere und langfristigere
Rahmenbedingungen angewiesen.
Die notwendigen Eckpunkte für eine nach-
haltige Entwicklung des Gebäudebereichs
wurden im Bündnis für bezahlbares Woh-
nen und Bauen bereits erarbeitet. Es wurde
stets ein konstruktiver Weg gesucht, um
Klimaschutzziele, Technologieoffenheit,
Wirtschaftlichkeit und Bezahlbarkeit von
Wohnraum unter einen Hut zu bringen.
Wenn diese Erkenntnisse bei einem so
bedeutenden, zukunftsweisenden Projekt
wie dem Klimaschutzplan 2050 ungenutzt
bleiben, stellt dies den Zweck des Bündnis-
ses in Frage.
Vor diesem Hintergrund besteht die drin-
gende Notwendigkeit, dass die Bundesre-
gierung mit den unterzeichnenden Verbän-
den unmittelbar in eine Diskussion über die
wirtschaftlichen und sozialen Folgen einer
drastisch verschärften Reduktion der Emis-
sion von CO
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-Äquivalenten auf 70 bis 72
Millionen Tonnen im Jahr 2030 im Gebäu-
desektor eintritt. Die Wohnungs- und
Immobilienwirtschaft fordert, das Sekto-
renziel noch in dieser Legislaturperiode
anzupassen, ansonsten verliert das Bündnis
für die Branche seine Sinnhaftigkeit.
(schi/ged)
Den Klimaschutzplan finden Sie
unter diesem Kurz-Link:
Fortsetzung von Seite 1
Haushalt: Bund stellt zusätzliche Mittel für gute Wohnungspolitik bereit
Berlin – Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat am 10. November 2016 wichtige Signale in der Woh-
nungsbaupolitik gesetzt. In vielen Bereichen wird mehr Geld zur Verfügung gestellt. Die Zahlungen des Bundes an die
Länder zur sozialen Wohnraumförderung wurden auf insgesamt über 1,5 Milliarden Euro jährlich erhöht. Auch die Pro-
gramme zum altersgerechten Umbau werden mit 75 Millionen Euro und die Kriminalprävention durch Einbruchsicherung
mit 50 Millionen in 2017 zusätzlich finanziert.
„100 Millionen Euro zusätzlich erhalten
unsere Städte und Gemeinden im nächsten
Jahr zur Sanierung kommunaler Einrichtun-
gen in den Bereichen Sport, Jugend und
Kultur. Das erfolgreiche Programm trägt
zu einer weiteren finanziellen Entlastung
unserer Kommunen bei und stärkt die sozi-
ale Integration und den Klimaschutz vor
Ort“, erklärten
Steffen-Claudio Lemme
,
zuständiger Berichterstatter, und
Michael
Groß
, wohnungs- und baupolitischer Spre-
cher der SPD-Bundestagsfraktion.
„Die Zuschussprogramme Altersgerecht
Umbauen und auch der Einbruchschutz
wurden auf Drängen der SPD-Bundestags-
fraktion mit zusätzlichen Mitteln im kom-
menden Jahr ausgestattet“, so Lemme und
Groß. Die Wohnungswirtschaft begrüßt
diese Entwicklung ausdrücklich. Ziel der
Programme ist es, ein sichereres und
selbstbestimmtes Leben in den eigenen
vier Wänden zu ermöglichen. Hauseigen-
tümer, Vermieter und Mieter erhalten auf
Antrag bei der Kreditanstalt für Wieder-
aufbau (KfW) Investitionszuschüsse, bei-
spielsweise für den Einbau von Rampen,
ebenerdiger Duschen, der Verbreiterung
von Türen oder den Einbau einbruchhem-
mender Türen.
„Dass der Handlungsbedarf in diesen Berei-
chen enorm ist, zeigt die starke Nachfrage
nach den Programmen“, erklärten Lemme
und Groß. „Die Antragszahlen haben sich
kontinuierlich erhöht und bereits zur Mitte
des Jahres 2016 konnten keine neuen
Anträge bewilligt werden. Eine Aufsto-
ckung der Programme war daher nötig.
Die SPD-Bundestagsfraktion konnte sich
mit ihrer Forderung in den Haushaltsver-
handlungen durchsetzen. Sicheres und
altersgerechtes Leben ist und bleibt für
uns eine essentielle Frage der Teilhabe und
nicht zuletzt der sozialen Gerechtigkeit.“
(wan/schi
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