WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 29/2015 - page 3

BUNDESPOLITIK
nen Wohnungen.
Aktuelle Zahlen des GdW unterstreichen
diesen Trend. Die Unternehmen im GdW
bewirtschaften knapp 61 Prozent der Sozi-
alwohnungen in Deutschland. Im Jahr
2014 gab es bei den GdW-Unternehmen
insgesamt nur noch 855.000 Wohnungen
mit Mietpreis- oder Belegungsbindung.
Das sind über 44.000 Wohnungen weni-
ger als noch in 2013. „Diesem Minus ste-
hen nur 3.077 Wohnungen gegenüber,
die im Jahr 2014 mit Mietpreis- oder Bele-
gungsbindung, also als 'Sozialwohnungen'
neu errichtet wurden“, kommentierte Axel
Gedaschko die Entwicklung. „Wir sehen
hier dringenden Handlungsbedarf. Es gibt
besonders in einigen Ballungsregionen
zu wenig Wohnungen, um auch finanzi-
ell schwächer gestellte Menschen weiter-
hin ausreichend versorgen zu können“, so
Gedaschko. Er appellierte an die Bundes-
länder, die ihnen vom Bund zur Verfügung
gestellten Mittel für die Wohnraumförde-
rung in Höhe von 518 Millionen Euro pro
Jahr unbedingt zweckgebunden einzuset-
zen. „Wenn das politische Engagement
für bezahlbaren Wohnraum ernst gemeint
ist, muss es hier eine Selbstverpflichtung
geben“, forderte Gedaschko. Ohne einen
zweckgebundenen Einsatz dieses Geldes
wird die Situation für alle Wohnungsunter-
nehmen in Boom-Regionen noch schwie-
riger.
GdW-Kostencheck: Diese Regelungen
und Preise verteuern das Wohnen
„Bauen wird immer teurer und komplizier-
ter. Neubau findet daher zum Großteil nur
noch im oberen Mietpreissegment statt“,
mahnte GdW-Präsident Gedaschko. „Die
Ursachen dafür liegen in überhöhten tech-
nischen Anforderungen, unter anderem
an die Energieeffizienz, steigenden Preisen
für Baugrund und höheren Baukosten. Die
Folge sind hohe Mieten oder mehr Woh-
nungsbau im Eigentumsbereich.“ Die Kos-
tentreiber im Wohnungsbau sind überwie-
gend „staatlich gemacht“: Bund, Länder
und Kommunen haben den Wohnungs-
bau in den vergangenen Jahren durch
Gesetze, Verordnungen, Auflagen, Steu-
ern und Materialanforderungen enorm
verteuert. „Wir fordern Bund, Länder und
Kommunen auf, endlich einzugreifen, um
das Wohnen für Haushalte mit mittleren
und unteren Einkommen erschwinglich zu
halten. Dafür ist es dringend notwendig,
die Kostentreiber beim Wohnungsbau zu
begrenzen“, forderte der GdW-Chef.
DAS „BEST OF“ DER NEUBAUSCHÄD-
LICHEN REGELUNGEN – UND WAS DIE
POLITIK DAGEGEN TUN MUSS
Baukosten steigen weiter
Um rund 36 Prozent sind die Kosten rund
um den Neubau von Mehrfamilienhäusern
in Deutschland seit dem Jahr 2000 gestie-
gen. Bei den reinen Baupreisen gab es im
gleichen Zeitraum dagegen lediglich einen
Anstieg von rund 27 Prozent – ähnlich zu
den Lebenshaltungskosten, bei denen die
Zunahme bei 25 Prozent lag.
Die Neubau-Kosten pro Quadratmeter
Wohnfläche in einem Muster-Mehrfami-
lienhaus sind konkret von 2.209 Euro im
Jahr 2000 um 871 Euro auf 3.080 Euro im
vergangenen Jahr gestiegen, wie die vom
„Verbändebündnis Wohnungsbau“ beauf-
tragte Studie „Kostentreiber für den Woh-
nungsbau“ der Arbeitsgemeinschaft für
zeitgemäßes Bauen (ARGE Kiel) zeigt. 330
Euro davon gehen allein auf das Konto von
Bund, Ländern und Kommunen durch Vor-
gaben und Anforderungen.
Zudem wird das Ordnungsrecht immer
schärfer: Seit 2000 wurde die Energie-
einsparverordnung (EnEV) vier Mal novel-
liert – mit immer höheren Anforderungen.
Allein das hat die Kosten um 6,5 Prozent
ansteigen lassen. Bei Berücksichtigung der
EnEV 2016 in Verbindung mit dem Erneu-
erbare-Energien-Wärmegesetz in der gülti-
gen Fassung würden sogar nochmals Kos-
tensteigerungen in Höhe von neun Prozent
hinzukommen.
Das Problem: Bei ambitionierten energe-
tischen Standards steigen die Kosten auf-
grund des hohen baukonstruktiven und
anlagentechnischen Aufwandes exponen-
ziell an, während die Kurve des möglichen
Einsparpotenzials beim Energieverbrauch
immer weiter abflacht. Die Wirtschaftlich-
keit von Wohnungsneubauten verschlech-
tert sich also zunehmend, je höher das
energetische Anforderungsniveau aus-
fällt. „Bereits für den energetischen Stan-
dard, den die Energieeinsparverordnung ab
2016 vorschreibt, kann die Wirtschaftlich-
keit nicht nachgewiesen werden“, erklärte
Gedaschko. Die Grenze der wirtschaftli-
chen Vertretbarkeit sei damit insbesondere
für den mehrgeschossigen Wohnungsbau
bereits mit der EnEV 2009 erreicht wor-
den. „Jegliche weitere Verschärfungen der
energetischen Anforderungen sind Gift für
den vielerorts dringend notwendigen Woh-
nungsbau und müssen unbedingt unter-
bleiben“, forderte der GdW-Chef.
Der Bund muss deshalb…
… die für den Herbst erwarteten Ergeb-
nisse der Baukostensenkungskommission
im Rahmen des Bündnisses für bezahlbares
Wohnen und Bauen zügig umsetzen.
…die steuerliche Normalabschreibung
(AfA) von zwei auf drei Prozent erhö-
hen. In den Gebieten, in denen die neue
Mietpreisbremse gelten soll, sollten die
Abschreibungssätze auf vier Prozent erhöht
beziehungsweise ein Investitionszuschuss
eingeführt werden.
…eine Sonder-Abschreibung für den sozia-
len Wohnungsbau zulassen und dazu den
früheren Paragraphen 7k des Einkommen-
steuergesetzes wieder einführen.
Die Länder müssen…
…spezielle Förderprogramme für Ballungs-
gebiete und Wachstumsregionen entwi-
ckeln.
Die Kommunen müssen…
…die Auflagen-Flut stoppen.
Grunderwerbsteuer steigt in fast
allen Bundesländern
Die Grunderwerbsteuer ist in den einzel-
nen Bundesländern in den letzten Jahren
deutlich gestiegen und liegt heute – mit
zwei Ausnahmen – zwischen 4,5 und 6,5
Prozent der Bemessungsgrundlage. Zuletzt
hat das Land Brandenburg die Grunder-
werbsteuer zum 1. Juli 2015 auf 6,5 Pro-
zent angehoben. Im Jahr 2010 wurden in
Deutschland insgesamt 5,29 Milliarden
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Die Zahl der Mietwohnungen mit Mietpreis- oder Belegungsbindung ist bei den GdW-Unterneh-
men deutlich zurückgegangen.
Quelle: GdW Jahresstatistik
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