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BID-MARKTPLATZ
Hype, Hypothek oder echter Mehrwert? – Wie ein
Immobilienfinanzierer „Green Buildings” bewertet
Münster – Seit die Europäische Kommission vor genau 10 Jahren das Pro-
gramm „Green Building” ins Leben gerufen hat, ist ‚Nachhaltigkeit’ zu einem
der wichtigsten Stichworte in der öffentlichen Diskussion um das energie- und
ressourcenschonende Planen und Bauen von Gebäuden geworden. Gebäude,
insbesondere Nicht-Wohngebäude – sind in Europa für 40 Prozent des Energie-
bedarfs zuständig. Über neue Techniken wären nach Einschätzung von Exper-
ten Einsparungen von bis zu 30 Prozent möglich – Grund genug also, das nach­
haltige Bauen weiter zu forcieren.
Dennoch bilden „Green Buldings” noch
immer die Ausnahmen unter den gewerb-
lichen Immobilien. Im ersten Halbjahr 2015
waren keine sechs Prozent des Büroflächen-
bestands in den deutschen Big Seven zertifi-
ziert, davon ein Drittel allein in Frankfurt. An
kleineren, weniger nachgefragten Standor-
ten dürfte die Quote noch erheblich gerin-
ger sein, denn es sind am ehesten die inter-
nationalen Investoren und Nutzer, die sich
für zertifizierte Neubauten interessieren.
Handelt es sich also bei der aktuellen Dis-
kussion um „Green Buildings” um einen
reinen Marketing-Hype? Der sich, weil er
nicht unerhebliche Zusatzkosten generiert,
später als Hypothek erweist? Oder bietet
ein Zertifikat für Nachhaltigkeit in Planung
und Bau einen echten Mehrwert?
Stellt man diese Frage uns als Immobilien-
finanzierer, dann interessiert uns zunächst
ihre ökonomische Dimension. Es ist unsere
Aufgabe zu prüfen, wie wirtschaftlich
die Nachhaltigkeit des Gebäudes ist, wie
belastbar und für welche Dauer. Als Teil der
markt- und objektspezifischen, oft kom-
plexen Risiko- und Potenzialfaktoren einer
Immobilie wird dies im Rahmen der Pla-
nungs- und Bauqualität und damit über die
aus ihr resultierenden Effekte auf die Wert-
stabilität der Immobilie bewertet. Natürlich
halten wir es für wichtig und richtig, dass
ressourcenschonend gebaute und betrie-
bene Gebäude entstehen – aber nicht zu
jedem Preis.
Als reiner Imagewert hat Nachhaltigkeit für
uns daher wenig Bedeutung, als quanti-
fizierbares Plus in der Wirtschaftlichkeits-
rechnung dagegen schon. Konkret kann
das beispielsweise bedeuten, dass nachge-
wiesene Energieeinsparungen nicht nur die
Betriebskosten, sondern auch das Preisän-
derungsrisiko für Strom oder Wasser sen-
ken. Oder dass überzeugende Anpassungs-
optionen für sich ändernde Nutzungen die
Drittverwertbarkeit steigern. Geringere
Leerstandsrisiken, niedrige Betriebskosten,
höhere Mieteinnahmen, bessere Marktfä-
higkeit – all das sind Faktoren, die in die
Rentabilität einfließen und „Green Buil-
dings” unabhängig von gegebenenfalls
ideologisch geführten Debatten sinnvoll
erscheinen lassen.
In der Betrachtung einer Immobilie sind
uns die nachhaltigen Merkmalsausprä-
gungen wichtig. Eine Zertifzierung kann
dabei helfen, bildet für uns aber nicht das
ausschließlich entscheidende Kriterium.
Geprüft und begutachtet wird immer der
Einzelfall. Unser „Grün” für eine Finanzie-
rung hängt darum nicht am Zertifikat, son-
dern an der echten – und damit „grünen”
– Werthaltigkeit eines „Green Buildings”.
Foto: WL BANK
Dr. Carsten Düerkop
Vorstand
WL BANK
ANALYSE
Foto: Büro Roman Lorenz
Der BID-Stand - in diesem Jahr mit Beteiligung des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen
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