WOHNUNGSPOLITISCHE_INFORMATIONEN_2015_30 - page 4

BUNDESPOLITIK
National bedeutsame Projekte des Städtebaus werden gefördert
Berlin – Insgesamt 46 „Nationale Projekte des Städtebaus“ werden in diesem Jahr über das gleichnamige Programm
des Bundesbauministeriums mit rund 150 Millionen Euro gefördert. Eine interdisziplinär besetzte Expertenjury unter
Vorsitz des Parlamentarischen Staatssekretärs Florian Pronold hat die Auswahl am 16. Juli 2015 getroffen.
Das Programm „Nationale Projekte des
Städtebaus“ ist inhaltlich breit aufgefä-
chert, um städtebauliche Projekte mit
unterschiedlicher Zielsetzung berücksich-
tigen zu können. Gefördert werden in die-
sem Jahr insbesondere Denkmalensembles
mit bundesweiter Bedeutung wie UNESCO-
Welterbestätten und bauliche Kulturgüter
von außergewöhnlichem Wert. Außerdem
sind die energetische und altersgerechte
Erneuerung im Quartier sowie Maßnahmen
zu mehr „Grün in der Stadt“ förderfähig.
Besonderes Augenmerk bei der Auswahl
lag zudem auf der Beteiligung der Bürge-
rinnen und Bürger bei Planung und Reali-
sierung der Vorhaben.
Insgesamt sind in diesem Jahr 168 Projekt-
vorschläge mit einem Antragsvolumen von
rund 630 Millionen Euro eingegangen. Wie
bereits im vergangenen Jahr war damit die
Nachfrage nach dem Bundesprogramm
mehrfach überzeichnet. Bundesbauminis-
terin Barbara Hendricks sagte anlässlich
der Juryentscheidung: „Ich bin sehr froh,
dass wir Premiumprojekte in allen Bundes-
ländern auf den Weg bringen können. Die
50 Millionen Euro, die von 2014 bis 2017
für dieses Programm jährlich zur Verfügung
stehen, sind in diesem Jahr einmalig mit
100 Millionen Euro aus dem Zukunftsinves-
titionsprogramm aufgestockt worden. Hier
ist jeder Euro gut investiert.“
Der 14-köpfigen Expertenjury unter Vorsitz
des Parlamentarischen Staatssekretärs Flo-
rian Pronold gehörten neben Bundestags-
abgeordneten auch Vertreter der Wissen-
schaften und der Wirtschaft an.
(schr/kön)
Die vollständige Liste aller ausgewählten
„Nationalen Projekte des Städtebaus“ 2015
finden Sie auf der Homepage des BMUB
unter
Was ist der Status quo?
Nach den statistischen Daten wurden im
Jahr 2014 insgesamt rund 245.000 Wohn-
einheiten fertiggestellt. Leider ist nach wie
vor nur ein sehr geringer Teil davon, näm-
lich 68.000 Wohneinheiten, tatsächlich als
Mietwohnungen geplant und fertiggestellt
worden. Nur in diesem Segment findet
tatsächlich der bezahlbare Wohnungsbau
statt und nicht in den ebenfalls teilweise für
die Vermietung vorgesehenen Eigentums-
wohnungen oder Wohnungen in Ein- und
Zweifamilienhäusern.
Warumwerden nach wie vor so wenige
Mietwohnungen gebaut?
Das liegt sicherlich daran, dass einerseits die
mietrechtlichen Vorschriften, nicht zuletzt
durch Mitpreisbremse oder Kappungsgren-
zenverordnung, immer komplexer werden
und die Anforderungen an die Moderni-
sierung, insbesondere die energetischen
Anforderungen, mittlerweile von nicht pro-
fessionell aufgestellten Wohnungsvermie-
tern kaum noch beherrschbar sind. Aber
es liegt andererseits sicherlich auch daran,
dass die steuerlichen Rahmenbedingungen
extrem unattraktiv beziehungsweise sogar
gegenüber Alternativinvestitionen nachtei-
lig sind.
Woran liegt das?
In der Vergangenheit waren an den Fer-
tigstellungszahlen für Mietwohnungen
auch private Investoren, unter anderem
Handwerksbetriebe und Einzelunterneh-
mer, beteiligt. Sie haben sich aus diesem
Segment völlig zurückgezogen. Dies liegt
wahrscheinlich auch daran, dass es in der
Vergangenheit häufig massive steuerliche
Förderungen für den Mietwohnungsbau
gegeben hat, die zwischenzeitlich alle ent-
fallen sind.
Wir fordern heute aber keine Wiederbele-
bung dieser steuerlichen Fördermaßnah-
men. Sondern: Wir fordern nur eine Anpas-
sung des Steuerrechts an die tatsächlichen
Gegebenheiten.
Die steuerliche Normalabschreibung für
Mietwohngebäude beträgt nach § 7 Absatz
4 Einkommensteuergesetz (EStG) seit 1964,
das heißt seit mehr als 50 Jahren, nunmehr
zwei Prozent. Aus der Systematik des Steu-
errechts folgt zusätzlich, anders als im Han-
delsrecht, dass die Gebäude nicht auf eine
Nutzungsdauer von 50 Jahren abgeschrie-
ben werden, sondern, dass auf jede akti-
vierungspflichtige Investition der Regel-
abschreibungssatz von zwei Prozent neu
angewandt wird. Das heißt, bei jeder akti-
vierungspflichtigen Modernisierung verlän-
gert sich die Nutzungsdauer des Gebäudes
wiederum um 50 Jahre – wie bei einem
Perpetuum mobile. Anders kennen wir es
im Handelsrecht, wo die Nutzungsdauer
zu Beginn der Nutzung festgelegt wird und
aktivierungspflichtige Investitionen dann
auf die Restnutzungsdauer abgeschrieben
werden.
Dass die Gebäude, die 1964 fertigge-
stellt wurden, technisch andere Gebäude
waren, als die, die heute fertiggestellt wer-
den, muss nicht erläutert werden. Allein in
den letzten 15 Jahren hat bedingt durch
den technischen Fortschritt und die ener-
getischen Anforderungen aber eine wei-
tere massive Veränderung der insgesam-
ten Investitionskosten von Wohngebäuden
stattgefunden. Das belegt eine Studie der
Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes
Bauen e.V., Kiel „Kostentreiber für den
Wohnungsbau“, die das Verbändebünd-
nis Wohnungsbau zum Wohnungsbautag
2015 vorgelegt hat.
Danach hat im Jahr 2000 der Anteil der
langlebigen Rohbau-Bestandteile eines
Gebäudes noch rund 55 Prozent betra-
gen, der Anteil der kurzlebigen Ausbau-
Bezahlbares Wohnen: Erhöhung der steuerlichen Normalabschreibung von
zwei auf drei Prozent ist dringend geboten
Berlin – Die Politik beschäftigt sich zurzeit intensiv mit dem Thema „Bezahlbares Wohnen“ und mit der Frage,
wie die Neubautätigkeit in diesem Segment in den Ballungsräumen angekurbelt werden könnte. Eine einfache
und längst überfällige Lösung wäre, die steuerliche Normalabschreibung von derzeit zwei auf drei Prozent zu erhöhen.
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Foto: Sebastian Schobbert
Ingeborg Esser
Hauptgeschäftsführerin
des GdW
ANALYSE
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