personalmagazin 2/2018 - page 3

02/18 personalmagazin
die Digitalisierung der Personalauswahl lockt Quacksalber an, die
sich in cooles Gewand kleiden. Sie bringen Apps, Tools und Software
auf den Markt, mit denen Bewerber unterhalten, vermessen und auf
Eignung überprüft werden. Sie stellen Spiele und Tests ins Netz, um
Persönlichkeitsprofile zu erstellen, natürlich auf freiwilliger Basis.
Sie verkaufen Sprach- und Gesichtsfeldanalysen, um Führungskräfte
weiterzuentwickeln. In ihren Werbeprospekten versprechen sie eine
vorurteilsfreie Personal­
diagnostik, die günstiger und
zuverlässiger als herkömm-
liche Verfahren sei.
Das fasziniert viele: IT-Fans,
Out-of-the-box-Denker oder
Disruptoren begeistern
sich für diese „innovativen“
Verfahren, weil sie IT-gestützt
sind und von Begriffen wie
Algorithmen oder Big Data
begleitet werden.
Viele Eignungsdiagnostiker
dagegen schlagen die Hände über dem Kopf zusammen und lehnen
die neue Angebote kategorisch ab, vertrauen allein auf etablierte und
evaluierte Auswahlverfahren. Martin Kersting, einer der Gralshüter
der Eignungsdiagnostik, und Dennis Beermann warnen Recruiter und
Diagnostiker davor, durch Ablehnung ihre Hände in Unschuld zu wa-
schen und fordern die Zunft auf, sich einzumischen. In ihrem Beitrag zu
unserer Titelgeschichte (Seiten 10ff.) erinnern sie daran, dass die klas-
sische Diagnostik evidenzbasiert ist und Big Data großes Potenzial habe,
die Personalauswahl besser zu machen. Nur durch die Zusammenarbeit
von Eignungsdiagnostikern und Praktikern kann es gelingen, am Anbie-
termarkt die Spreu vom Weizen zu trennen und die Chancen der neuen
technischen Verfahren für die Unternehmen zu heben. Ob die kritische
Urteilskraft zur Marktregulierung ausreicht oder ob wir einen TÜV für
die Algorithmen brauchen, wird erst die weitere Entwicklung zeigen.
Liebe Leserinnen und Leser,
„Die Begeis-
terung für
IT und Apps
verstellt bei
manchem
Disruptor den Blick auf
die Wirklichkeit.“
Reiner Straub, Herausgeber
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EDITORIAL
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