Immobilienwirtschaft 7-8/2019 - page 70

70 KOLUMNE
DIGITALISAAT
S
chon die alten Griechen wussten es: Geschichte wiederholt
sich. Ein aktuelles Beispiel für diese Tatsache wird häufig
in der Digitalisierung gesehen. Denn egal welche Branche
durch neue, digitale Geschäftsmodelle über den Haufen gewor-
fen wird, stets waren „verkrustete Strukturen“ und die Einstel-
lung der Etablierten „Es war schon immer so“ daran schuld,
dass es zur Disruption kam.
Eine Vorstellung, die sicherlich einen Funken Wahrheit in sich
trägt. Denn tatsächlich hat das Smartphone gleich mehrere
Geräte obsolet gemacht. Und von der CD will heute auch kaum
noch jemand etwas wissen. Hier wurden die Kamera- und CD-
Hersteller kalt erwischt. Und auch das Online-Banking wurde
sicher nicht von den Sparkassen und den Genossenschafts-
banken erfunden.
Und trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass es sich bei
dieser Vorstellung von Disruption um ein Klischee handelt.
Noch dazu um eines, das sich im Laufe der Zeit selbst über-
holt hat. Zumindest, wenn man sich die PropTech-Branche
anschaut. Hier stellen wir eine ganz andere Form der digitalen
Revolution fest.
289 PropTechs stehen an der Tür
Den Zeitpunkt für den großen Startschuss von PropTech kann
man nicht mehr ganz genau festmachen. Man könnte den
Beginn in Deutschland bei den Gründungen der Immobilien­
Kein Disrupter in Sicht
portale suchen, bei Immobilienscout24 oder Immowelt. Aller-
dings erschienen sie in ihren Anfangstagen eher wie digitale
Ableger von Zeitungsinseraten. Nicht umsonst betreibt Scout24
auch eine Plattform für Gebrauchtwagen und eine Singlebörse.
Heute mögen die Namen der Immobilienbörsen zwar zu Prop-
Tech zählen, das würde ich allerdings eher als Neuauslegung
der Geschichte bezeichnen.
Daher sollten wir den Startschuss für PropTech später anset-
zen. Meiner Erinnerung nach irgendwann zwischen den Jahren
2012 und 2014. Zu der Zeit hatte ich den Begriff das erste Mal
gehört. Ideen abseits der Immobilienbörsen wurden langsam
salonfähig. Digitale Immobilienmakler aus anderen Ländern
machten sich unter Insidern einen Namen. Und dann explo-
dierte das Thema plötzlich.
Meine erste PropTech-Übersicht habe ich im September 2016
angelegt. Damals zählte sie 145 Unternehmen. Ein Jahr darauf,
im September 2017, waren es schon 180 PropTechs in der
Übersicht.
Heute, rund fünf Jahre nachdem mir der Begriff erstmalig be-
gegnet ist, muss ich aber fragen: Wo sind die ganzen Disrupter
im PropTech? Bei meiner letzten Zählung im April 2019 gab
es 289 Unternehmen, die ich als PropTech bezeichnen würde.
Also Unternehmen, die Prozesse der Immobilienwirtschaft
durch technologische Mittel optimiert haben und daher we-
sentlich schlanker aufgestellt sind. Aber keines scheint wirklich
„disrupt“ zu sein. Keine Frage, viele der Unternehmen haben
„Dass ein PropTech in nächster Zukunft
etablierten Immobilienunternehmen den Rang
abläuft, sehe ich noch nicht. Die stehen alle artig
an der Tür und warten auf Einlass.“
Nikolai Roth
ist Gründer und Geschäftsführer von Maklaro. Maklaro will effizienter Immobilienmakler sein – vor Ort überall in Deutschland und
rund um die Uhr im Internet. Für Verkäufer ist die Dienstleistung kostenfrei. Das Unternehmen verweist auf einen Mix aus professioneller Vermarktung
der Immobilie, innovativer Technologie, einem gut aufgestellten Immobilienberater-Netzwerk und einem Rundum-Service für Verkäufer wie auch für
Interessenten. Zur Preisfindung wird das transparente Online-Bieterverfahren eingesetzt.
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