DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 1/2019 - page 14

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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„ihrem“ Quartier zu erreichen, waren für die ein-
zelnen, relativ abgeschlossenen Gebiete Eigenna-
men entwickelt worden.
DieWohnungen und auch der Leerstand verteilten
sich unterschiedlich in diesen Gebieten. Besonders
betroffen war die „Kräutersiedlung“. Hier befan-
den sich 828 Wohneinheiten, größtenteils 3- und
4-Zimmer-Wohnungen. Ende 2000 hatte der
Leerstand in der Kräutersiedlung 40% erreicht.
Der Bestand war unsaniert und alle Objekte ohne
Belastungen. Daher wurde das Quartier – als ers-
tes Gebiet des geplanten Stadtumbaus – für eine
drastische Reduzierung der Wohnungszahl durch
Abriss und Etagenrückbau vorgesehen. Dieses
als Pilotprojekt der Stadt Dresden deklarierte
Vorhaben sollte die Chancen zur städtebaulichen
Aufwertung und Verbesserung der Wohnangebote
sowie des Wohnumfeldes zeigen, die durch Stadt-
umbaumaßnahmen möglich sind.
Ziel der Umgestaltung war, unter Verwertung
der vorhandenen Bausubstanz ein Wohnquartier
zu schaffen, das in seinem Charakter und in sei-
nen Nutzungsqualitäten den Wünschen aktueller
und zukünftiger Mietergenerationen entspricht.
Sieben Reihen 6-geschossiger Gebäude wurden
in ein aufgelockertes Familienwohngebiet mit in-
dividuellen Wohnungen in 3- und 4-geschossigen
Häusern umgestaltet und die Zahl derWohnungen
von 828 auf 131 verringert. Die Umbaumaßnah-
men begannen im April 2002 und wurden nach
zwei Bauabschnitten 2004 abgeschlossen. Die
Verleihung des Bauherrenpreises „Modernisierung
2003“ für das Projekt „Kräutersiedlung, 1. Bauab-
schnitt“ durch den Bund Deutscher Architekten,
den Deutschen Städtetag und den damaligen GdW
Bundesverband deutscherWohnungsunternehmen
(heute GdWBundesverband deutscherWohnungs-
und Immobilienunternehmen e. V.) würdigte den
innovativen Umgang mit dem Gestaltungspoten-
zial, das auch der Plattenbau bietet.
Mit heute knapp 9.000 Wohnungen ist die EWG die große Genossenschaft im
Dresdner Westen. Ihre Wohnungen befinden sich in den Stadtteilen Gorbitz,
Löbtau, Cotta, Briesnitz, Naußlitz und Dölzschen. Der größte Teil des Woh-
nungsbestandes – ca. 6.000 Wohnungen – konzentriert sich am Plattenbau-
Standort Gorbitz.
In der Geschäftsstelle der Genossenschaft am Rande des alten Dorfkerns von
Gorbitz arbeiten rund 50 Mitarbeiter. Als vorausschauender Stadtteilent-
wickler und wegbereitender Gestalter lebenswerter Wohnstandorte bewirkt
die EWG aufgrund ihrer umweltbewussten, nachhaltigen und zukunftsorien-
tierten Handlungsweise eine erlebbare Wohnumfeldentwicklung im Dresdner
Westen. Die Genossenschaft garantiert ihren Mitgliedern gute Wohnqualität
zu günstigen Mieten, hohe Kundennähe und ein lebenslanges Wohnrecht.
ÜBER DIE EWG
Die Kräutersiedlung nach dem Umbau
Quelle:EWG Dresden eG
Der vorgesehene Umbau in den Bauabschnitten
drei und vier jedoch war wirtschaftlich nicht
rentabel und konnte nicht realisiert werden. Die
Bestandsgebäude wurden daher im Jahr 2004
komplett abgerissen. Das damit entstandene
Brachland von ca. 2,8 ha eröffnete der Genossen-
schaft Jahre später die Chance auf ein ambitionier-
tes Neubauprojekt inmitten eines Stadtteils, der
durch seine DDR-Plattensiedlungen geprägt ist.
Familienwohnungen mit Mietergärten
Inzwischen haben sich die Vorzeichen gedreht.
Wohnungen sind knapp – auch in Dresden. Auf
der seit 2005 ungenutzten Fläche des dritten
und vierten Bauabschnittes der Kräutersiedlung
entwickelte die Genossenschaft daher ein neues
Konzept. Ziel war es, den Siedlungscharakter der
bestehenden Kräutersiedlung aufzugreifen, neu
zu interpretieren und eine städtebauliche Lösung
zu präsentieren, die beides vereint: Wohnen im
Grünen und ressourcenschonendes Bauen.
Das Ergebnis: Die „Kräuterterrassen“, deren
Herzstück zehn sog. Gartenhäuser bilden, die
paarweise einen kleinen Kräuterhofgarten um-
schließen. Mit diesemabgegrenzten, halboffenen
Raummit hoher Aufenthaltsqualität sind sie ideal
für Familien geeignet. Hier gibt es hauptsächlich
geräumige Familienwohnungen, aber auch einige
kleinere, umdas Wohnen imGenerationenverbund
zu ermöglichen.
Als Gegenstück dienen die Stadthäuser im Grü-
nen, mit Dachterrassen und Mietergärten, deren
Wohnungen barrierefrei erreichbar und senio-
renfreundlich sind. Abschließbare Fahrrad- oder
Rollatorengaragen ergänzen das Angebot. Hier
entstehen vor allem2- und 3-Raum-Wohnungen.
Die Genossenschaft nimmt den Charakter der be-
nachbarten Kräutersiedlung auf, jedoch wird die
Fläche effektiver genutzt und nach modernen
Gesichtspunkten bebaut.
Bedeutung von Städtebau und Außenraum
In dem verkehrsberuhigten Areal werden die
Häuser am Gorbitzer Westhang terrassenför-
mig angelegt, bieten einen freien Blick auf die
Stadt und ergänzen auf harmonische Weise die
bestehende Kräutersiedlung. Der Name „Kräu-
terterrassen“ ist Programm, denn in jedem Hof-
garten wird ein anderes Kraut Hauptbestandteil
der Bepflanzung. So prägen Lavendel, Melisse,
Salbei, Estragon und Rosmarin die Höfe und
geben ihnen gleichzeitig ihre Namen. Fassa-
denelemente und Bepflanzung werden farblich
aufeinander abgestimmt und machen die Höfe
einzigartig und unterscheidbar. In breiten Park-
bändern werden Spiel- und Bewegungsangebote
für alle Altersgruppen ebenso verwirklicht wie
Ruhe- und Kommunikationszonen imGrünen. Die
Parkbänder verbinden Garten- und Stadthäuser
und bilden den zentralen Aufenthaltsbereich des
neuen Wohnquartiers. Bis 2020 werden insge-
samt 184 Wohnungen im genossenschaftlichen
Wohnungsbau entstehen und Wohnmöglichkei-
ten für Familien, Singles und Paare, Best Ager
und Senioren bieten.
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