DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 3/2016 - page 88

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RECHT
LBauO NRW § 49 Abs. 7; WEG § 21
Wartungspflicht für Rauchwarnmelder;
Sonderfall NRW?
Nach § 49 Abs. 7 Satz 4 BauO-NRW ist der Bewohner der jeweili-
gen Wohnung für die Wartung der dort eingebauten Rauchmelder
zuständig und nicht der Eigentümer. Ein Beschluss, wonach die
Eigentümergemeinschaft die Wartungsarbeiten an den Rauchmel-
dern an sich zieht, ist nichtig.
AG Bottrop, Urteil vom 18.9.2015, 20 C 25/15
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung ist ein klassischer Ausreißer. Richtigerweise kann die
BauO-NRW als reines Landesrecht nicht in die Rechtstellung der Woh-
nungseigentümer nach WEG und der Vermieter nach BGB zugunsten z. B.
der Mieter eingreifen.
Die einheitliche Anschaffung und Wartung der Rauchwarnmelder
entspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung; sie führt zur
Erhöhung der Sicherheit. Auf eine private Teil- oder Vollausstattung der
Wohnungen mit Rauchwarnmeldern muss die Gemeinschaft keine Rück-
sicht nehmen. Die (private) Wartung der Rauchwarnmelder durch die
einzelnen Eigentümer führt zu erheblichem Verwaltungsmehraufwand
(vgl. AG Ratingen, ZMR 2015, 643; ähnlich AG Heidelberg, Urteil vom
22.10.2014, 45 C 52/14).
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
BGB §§ 195 ff., 433 ff.
Verjährung von Ansprüchen aus
Erwerbsverträgen über gebrauchte
Eigentumswohnungen
Ansprüche auf Minderung und „kleinen“ Schadensersatz fallen
jedenfalls dann nicht in den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 6 Satz
3 Halbsatz 1 WEG, wenn eine gebrauchte Eigentumswohnung unter
Ausschluss der Haftung für Sachmängel verkauft und eine Beschaf-
fenheitsgarantie nicht vereinbart worden ist.
BGH, Urteil vom 24.7.2015, V ZR 145/14
Bedeutung für die Praxis
Bei Bauverträgen/Werkverträgen – auch wenn sie fälschlich als Kaufver-
träge vom Notar bezeichnet sind - über noch als neu geltende Eigentums-
wohnungen (dies kann z. B. auch zwei Jahre nach Fertigstellung der Fall
sein) kann der einzelne Erwerber weder Minderung noch „kleinen“ Scha-
densersatz vom Veräußerer wegen behebbarer Mängel am Gemeinschafts-
eigentum beanspruchen. Anderes gilt bei Kauf von Gebrauchtimmobilien.
Hier kann der Käufer bei Sachmängeln den „kleinen“ Schadensersatz aus
eigenem Recht selbst geltend machen.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG § 21; BGB § 242
Anspruch auf erstmalige plangerechte
Herstellung einer Kellerinnenwand
1. Sondereigentum kann nur in den Grenzen entstehen, die sich aus
dem zur Eintragung in das Grundbuch gelangten Aufteilungsplan
ergeben.
2. Die erstmalige plangerechte Herstellung einer Wand, die zwei
Sondereigentumseinheiten voneinander abgrenzt, ist Aufgabe
aller Wohnungseigentümer und nicht nur der benachbarten
Sondereigentümer.
3. Der Anspruch auf erstmalige plangerechte Herstellung des ge-
meinschaftlichen Eigentums kann nach dem Grundsatz von Treu
und Glauben ausgeschlossen sein, wenn die tatsächliche Bauaus-
führung nur unwesentlich vom Aufteilungsplan abweicht.
4. Ist den Vertragsparteien bei der Veräußerung von Wohnungs-
eigentum nicht bekannt, dass das Sondereigentum in größerem
Umfang entstanden ist, als es die tatsächliche Bauausführung
erkennen lässt, erlaubt eine vor Vertragsschluss erfolgte Besich-
tigung des Kaufobjekts nicht den Schluss, dass die Auflassung auf
das Sondereigentum in den von der Bauausführung vorgegebenen
Grenzen beschränkt worden ist.
BGH, Urteil vom 20.11.2015, V ZR 284/14
Umsetzung für die Praxis
Die erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums ist nur ein Un-
terfall der Instandsetzung im Sinne des § 21 WEG. Es genügt die einfache
Stimmenmehrheit; Allstimmigkeit – wie sie bei einfachen baulichen
Veränderungen, die alle Übrigen nachteilig betreffen (vgl. § 22 Abs.1
WEG), erforderlich ist – muss nicht vorliegen. Dies gilt grundsätzlich auch,
wenn ein Gebäude planwidrig erstellt wurde und sodann die Planwidrigkeit
behoben wird. Vorher gab es „Luftschranken“, da die abweichende Bauaus-
führung nicht den Aufteilungsplan als Teil der Teilungserklärung ändern
kann. Es ist nach BGH nunmehr sogar unerheblich, in welchem Ausmaß die
tatsächliche Bauausführung von dem Aufteilungsplan abweicht.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
Bedeutung für die Praxis
Die Ausübung des Stimmrechts muss nicht höchstpersönlich erfolgen
(vgl. §§ 164 ff. BGB). Bestimmt aber die Gemeinschaftsordnung, dass nur
die Vertretung durch einen schriftlich (= vereinbartes Formerfordernis;
insoweit besteht keine Beschlusskompetenz) Bevollmächtigten zulässig
ist und wird auf Verlangen eines Versammlungsteilnehmers das Original
der Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt, so ist vom Nichtbestand der
Vollmacht auszugehen. Der Einzelne und nicht nur der Verwalter hat das
Recht zur Prüfung der Vollmacht. Ein Nachreichen der Vollmacht scheidet
aus, da noch in der Versammlung Klarheit herrschen muss. Der Verwalter
kann die Verkündung ja auch nicht aufschieben, bis geklärt ist, ob eine
wirksame Vollmacht existierte.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
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