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8|2015
BGB §§ 824, 1004
Kreditschädigende Behauptungen
gegenüber einem WEG-Verwalter
Auch wenn ein Wohnungseigentümer im Rahmen einer Eigentümer-
versammlung nicht direkt behauptet, dass er beweisen könne, die
Verwaltung habe von Handwerksunternehmen, die im Rahmen der
Sanierungsarbeiten für die Gemeinschaft tätig waren, Provisionen
erhalten und behalten, sondern nur die Frage stellte, ob denn Provi-
sionen geflossen seien mit dem Zusatz „und wenn ich eine eides-
stattliche Versicherung von Handwerkern habe?“, so stellt dies eine
zu unterlassende kreditschädigende Tatsachenbehauptung dar.
LG Hamburg, Urteil vom 12.8.2014, 307 O 376/13
Bedeutung für die Praxis
Verwalter müssen sich nicht sanktionslos jede Unterstellung strafbarer
Handlungen gefallen lassen. Die Entscheidung ist zwar nicht von dem
nach § 43 Nr. 3 WEG (der ist nach h.M. sehr weit auszulegen!) zuständigen
Amtsgericht entschieden worden, sondern von einer Mietekammer (ZK 7)
des LG Hamburg, dennoch ist das Ergebnis richtig.
Die zweite Frage des Eigentümers enthielt eine kreditschädigende un-
zutreffende Behauptung. Das reine „Nehmen von Provisionen“ ist dann
unschädlich, wenn dies offen geschieht und die Beträge der Gemeinschaft
sofort weitergeleitet werden. § 266 StGB ist nur bei verdeckten Geldflüs-
sen subjektiv erfüllt.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3
Nutzung einer Eigentumswohnung
als Naturheilpraxis
Soweit die Unterlassung einer nicht näher beschriebenen „zweck-
widrigen gewerblichen Nutzung“ verlangt wird, bestehen erhebliche
Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des Antrags. Durch ein in
der Gemeinschaftsordnung statuiertes Einwilligungserfordernis soll
vermieden werden, dass durch einen Wohnungseigentümer ohne
vorherige Befassung zumindest der WEG-Verwaltung durch Aufnah-
me einer bestimmten Tätigkeit Fakten geschaffen werden.
LG München I, Urteil vom 26.1.2015, 1 S 9962/14
Bedeutung für die Praxis
Eine Sondereigentumseinheit darf auch gewerblich genutzt werden, wenn
hierdurch für die anderen Wohnungseigentümer keine über das in § 14 Nr.
1 WEG bezeichnete Maß hinausgehenden Beeinträchtigungen entstehen.
Wenn eine Gemeinschaftsordnung eine gewerbliche oder sonstige beruf-
liche Nutzung einer Wohneinheit von der schriftlichen Einwilligung des
Verwalters abhängig macht, muss der Nutzer diese Reihenfolge (Antrag,
Verwaltergenehmigung, gewerbliche Nutzung) einhalten.
Oft wird das Genehmigungserfordernis nach seinem Sinn und Zweck
dahingehend zu verstehen sein, dass es auch diejenigen Fälle umfasst, bei
denen zweifelhaft ist, ob sie das „übliche Maß“ an Einwirkungen überstei-
gen oder nicht.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
BGB §§ 280, 823 Abs. 2, StGB § 266
Schädliches Zusammenwirken
von Handwerker und Verwalter
1. Ein Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft über die
Vergabe von Handwerkerleistungen ist zumindest rechtswidrig,
wenn in ihm der genaue Umfang der Arbeiten nicht zumindest
durch Bezugnahme auf ein bestimmtes Angebot Beschlussinhalt
geworden ist.
2. Ein Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft über die
Vergabe von Handwerkerleistungen ist zumindest rechtswidrig,
wenn in ihm davon die Rede ist, dass der „derzeit“ günstigste
Anbieter den Auftrag bekommen soll, ohne dass festgehalten
ist, bis wann günstigere Angebote zu dem selben Leistungsinhalt
eingeholt werden sollen.
3. Solche Beschlüsse berechtigen den Verwalter nicht, mit dem
Handwerker einen Werkvertrag zu schließen, nach dem 50% des
Werklohns an eine UG als Vorschuss zu zahlen sind.
4. Der Werkvertrag zu Lasten der Gemeinschaft ist unwirksam, wenn
der beauftragte Handwerker aufgrund des familiären Nahever-
hältnisses davon weiß oder wissen muss, dass der Verwalter seine
Befugnisse überschritten hat.
WEG-RECHT
5. In diesem Fall ist der Verwalter verpflichtet, wegen eines schuld-
haften Verstoßes gegen seine Pflichten gem. § 280 BGB der Eigen-
tümergemeinschaft den an den Handwerker gezahlten Vorschuss
als Schadensersatz zurückzuzahlen. Die Eigentümergemeinschaft
muss sich nicht auf eventuelle Rückzahlungsansprüche gegen den
Handwerker verweisen lassen.
AG Dortmund, Urteil vom 3.3.2015, 512 C 53/14
Bedeutung für die Praxis
Vom Verwalter zu unbestimmt formulierte Beschlüsse sind zumindest
rechtswidrig, im Einzelfall sogar nichtig, wenn sie keine durchführbare
Regelung erkennen lassen. Formulierungen wie „Der günstigste Anbieter,
derzeit (?) die Fa…“ sind immer haftungsträchtig. Alle vorliegenden
Angebote müssen zumindest den Eigentümern zur Einsicht vorgelegt
werden. Dies gilt insbesondere für Bauverträge mit Vorkasse der Gemein-
schaft. Dies gilt speziell bei Verträgen mit einer haftungsbeschränkten
Unternehmergesellschaft, die keine Sicherheiten gestellt hat.
Ist für den Unternehmer die Überschreitung der Vertretungsmacht durch
den Verwalter erkennbar, kommt es nicht einmal zu einem wirksamen
Vertrag. Dies ist bei Interessenkollision und Begünstigung von Familien-
angehörigen naheliegend. Positive Kenntnis des Vertragspartners reicht
immer; bloßes Kennenmüssen genügt zumindest bei sog. Evidenzfällen.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg