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8|2015
RECHT
BGB § 557 Abs. 4
Miethöhe und Einkommensverhältnisse des Mieters
Mietvertragliche Vereinbarungen, die die Höhe der Miete für preisfreien Wohnraum von den Einkommensverhältnissen des Mieters
abhängig machen, sind – auch nach Beendigung einer öffentlichen Förderung – gemäß § 557 Abs. 4 BGB unwirksam.
LG Berlin, Beschluss vom 26.3.2015, 67 S 77/15
Bedeutung für die Praxis
Zwar steht es den Mietvertragsparteien gemäß § 557 Abs. 2 BGB frei,
künftige Änderungen der Miethöhe als Staffelmiete nach § 557a BGB
oder als Indexmiete nach § 557b BGB zu vereinbaren. Die Rechtsvor-
gängerin der Klägerin hat aber mit der Beklagten weder eine Staffel-
noch eine Indexmiete vereinbart. Auch liegen für die streitgegenständ-
liche Erhöhung die Voraussetzungen des § 557 Abs. 3 BGB nicht vor,
wonach der Vermieter - von den Fällen der § 557 Abs. 1 und 2 BGB
abgesehen - Mieterhöhungen nur nach Maßgabe der §§ 558 bis 560
BGB verlangen kann. Nach § 557 Abs. 4 BGB ist eine von § 557 Abs.
1-3 BGB abweichende Vereinbarung unwirksam. Umfasst sind davon
solche Abreden, die die formellen oder materiellen Voraussetzungen
für eine Mieterhöhung abändern. Gemessen daran ist die getroffene
Vereinbarung unwirksam. Denn sie ändert in dem von der Klägerin
verstandenen Sinne die formellen und materiellen Voraussetzungen für
eine Mieterhöhung zum Nachteil der Beklagten ab. Eine künftige - und
zudem eo ipso eintretende - Erhöhung der Miete wegen einer Verän-
derung der Einkommensverhältnisse des Mieters sehen § 557 Abs. 2
und 3 BGB nicht vor. Deshalb konnte eine entsprechende Erhöhungs-
möglichkeit von den Mietvertragsparteien auch nach Abschluss des
Mietvertrages weder ausdrücklich noch konkludent nach § 557 Abs. 1
BGB wirksam vereinbart werden. Unbedenklich wäre es allein gewesen,
wenn die Beklagte während des Bestehens des Mietverhältnisses einer
Mieterhöhung auf den von der Klägerin nunmehr verlangten Mietzins
zugestimmt hätte. An einer derartigen Vereinbarung aber fehlt es.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
ungs- und Gebrauchsspuren zu beseitigen und damit eine „renovierte“
Wohnung zu übergeben, muss der Vermieter die Mieträume bei Vertrags-
beginn nicht stets komplett frisch renovieren. Im Einzelfall kann die
Vornahme geringer Auffrischungsarbeiten genügen. Nach dem Grundsatz
von Treu und Glauben bleiben überdies Abnutzungs- und Gebrauchs-
spuren außer Acht, die so unerheblich sind, dass sie bei lebensnaher
Betrachtung nicht ins Gewicht fallen. Es kommt letztlich darauf an, ob die
überlassenen Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung
vermitteln. Es ist Sache des Mieters, darzulegen und im Bestreitensfall
zu beweisen, dass die Wohnung bereits bei Mietbeginn unrenoviert oder
renovierungsbedürftig war.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 307 Abs. 1 S. 1, 307 Abs. 2 Nr. 1
Schönheitsreparaturenverpflichtung
als nicht in Einzelmaßnahmen
aufspaltbare Rechtspflicht
Die Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ist, soweit sie
dem Mieter im Mietvertrag auferlegt ist, eine einheitliche, nicht in Ein-
zelmaßnahmen aufspaltbare Rechtspflicht mit der Folge, dass die Un-
wirksamkeit der einen Einzelaspekt dieser einheitlichen Rechtspflicht
betreffenden Formularbestimmung in der gebotenen Gesamtschau der
Regelung zur Unwirksamkeit der gesamten Vornahmeklausel führt.
BGH, Urteil vom 18.3.2015, VIII ZR 21/13
Bedeutung für die Praxis
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH halten als allgemeine Ge-
schäftsbedingungen anzusehende vorformulierte Vertragsklauseln,
die dem Mieter die Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparatu-
ren übertragen, der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB nur stand,
wenn und soweit die in der Vornahmeklausel enthaltenen Renovierungs-
fristen nicht unveränderbar sind, sondern durch ihre flexible Gestaltung
Raum lassen, den konkreten Renovierungsbedarf der angesprochenen
Mieträume zu berücksichtigen, so dass die genannten Fristen letztlich nur
den Charakter einer Richtlinie oder unverbindlichen Orientierungshilfe
haben. Die im vorliegenden Fall maßgebliche Bestimmung des Mietver-
trags, der die Abwälzung der Malerarbeiten an Wänden und Decken auf
den Mieter betrifft, ist eine den Mieter unangemessen benachteiligende
Regelung, da diese Klausel eine bedarfsorientierte Einschränkung der
Renovierungsverpflichtung nicht enthält, sondern sich in einer starren
Fristenregelung erschöpft. In der gebotenen Gesamtbetrachtung führt
dies dazu, dass die Abwälzung der Schönheitsreparaturverpflichtung auf
den Mieter insgesamt unangemessen und damit unwirksam ist. Kon-
kretisierungen der Schönheitsreparaturverpflichtung hinsichtlich ihres
gegenständlichen und zeitlichen Umfangs sowie ihrer Ausführungsart
sind inhaltlich derart eng mit der Verpflichtung selbst verknüpft, dass
diese bei einer Beschränkung der Unwirksamkeit auf die unzulässige
Ausführungsmodalität inhaltlich umgestaltet und mit einem anderen
Inhalt aufrechterhalten würde; eine solche inhaltliche Umgestaltung
der Vornahmepflicht widerspräche dem Verbot der geltungserhaltenden
Reduktion unangemessener formularvertraglicher Regelungen. Dies gilt
auch, wenn die inhaltliche Ausgestaltung der einheitlichen Pflicht - wie
im Streitfall - in verschiedenen, sprachlich voneinander unabhängigen
Klauseln geregelt ist.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg