Wohnungspolitische Informationen 23/2018 - page 6

AUS DEN VERBÄNDEN
„Der neue Richtlinienentwurf liegt mit
dem heutigen Tag vor, wir können die Fort-
schritte und Umsetzungsfähigkeit natür-
lich erst abschließend bewerten, wenn wir
die Unterlagen eingehend studiert haben“,
fasste Frank Emrich zusammen. Ministerin
Birgit Keller äußerte die Hoffnung, nach
der Abstimmung mit allen Beteiligten der
Landesregierung im Spätsommer eine ver-
bindliche geänderte Förderrichtlinie vorle-
gen zu können.
Auch mit Blick auf die Herausforderungen
und Möglichkeiten bei der Entwicklung des
ländlichen Raums spielt die Förderrichtli-
nie eine zentrale Rolle. „Eine funktionie-
rende Förderrichtlinie zum Wohnungsbau
wäre hier ein zentrales Element. Nötig ist
aus Sicht der Wohnungswirtschaft nun die
schnelle Umsetzung der Richtlinie“, resü-
mierte Frank Emrich die Problematik. Die
Diskussion um die wohnungspolitischen
Fragen habe sich zu lange auf die Zent-
ren konzentriert. „Alle Fakten zeigen: Wir
haben in diesen Städten genügend bezahl-
baren Wohnraum. Der Neubau hält mit
der Bevölkerungsentwicklung schritt. Hier
sind normale Stadtentwicklungsthemen zu
lösen.“ Wo es wirklich brennt, ist der Rest
des Landes, von wenigen Ausnahmen in
Speckgürteln und einigen kreisfreien Städ-
ten abgesehen. „Wir benötigen wohnungs-
politische Instrumente.“ Hier zeigt der
Erfolg des Förderprogrammes zur Barriere-
reduzierung ganz klar den Bedarf seitens
der Wohnungswirtschaft – das Programm
wird besonders im ländlichen Raum nach-
gefragt. „Wir würden uns freuen, wenn die
seit langem angekündigte Evaluierung der
Förderrichtlinie zum sozialen Wohnungsbau
umgesetzt würde. Denn wenn sie genutzt
wurde, dann überwiegend in ländlichen
Räumen. Denn hier werden Wohnungen
für Familien und moderne Wohnbedürf-
nisse allgemein benötigt. Zudem macht es
keinen Sinn, mit politischen Instrumenten
wie beispielsweise einer Mietpreisbremse –
die ohnehin auf falschen Annahmen beruht
– oder Förderprogrammen die Städte noch
attraktiver für den Zuzug aus dem ländli-
chen Raum zu machen“, sagte Emrich.
„Vor allem aber benötigen wir eine wirkli-
che, schnelle Entwicklungsoffensive für den
ländlichen Raum“, unterstrich der vtw-Ver-
bandsdirektor. „Dazu gehört ein Paradig-
menwechsel – weg vom Abwicklungs- und
Zentralisierungsreflex hin zu gestaltender,
impulsorientierter Wachstums- und Stabi-
lisierungspolitik. Es gibt in Deutschland und
Europa genügend Beispiele, wie so etwas
funktioniert. Kernpunkte sind Arbeitsplätze
und Infrastrukturen: Verkehr, Breitband, Bil-
dung, Medizin und Versorgung. Auch in
Thüringen besitzen wir ausreichend Exper-
tise und Bereitschaft zum Handeln. Da die-
ses Thema aber komplex ist, muss politi-
sche Steuerung alle beteiligten Akteure
aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft
versammeln. Wir brauchen ein neues, brei-
tes Bündnis für den ländlichen Raum, das
von den Menschen vor Ort akzeptiert wird.
Die Wohnungswirtschaft steht für gemein-
sames Handeln bereit“, so Frank Emrich.
(end/koch)
Fortsetzung von Seite 5
Die Bedürfnisse der Länder und Regionen in Deutschland sind unterschiedlich. Die Sicherung
gleichwertiger Lebensverhältnisse ist daher besonders wichtig.
Foto: Michael Reichel / arifoto.de
Mietpreisbremse in Rostock und Greifswald: „Sie nützt und bringt nichts“
Hamburg/Schwerin – „Die Mietpreisbremse hilft bei den Problemen auf dem Wohnungsmarkt wie Traubenzucker bei
Herzbeschwerden. Die Wohnungswirtschaft lehnt sie daher ab. Wir haben umfangreiche Bremserfahrungen aus Ham­
burg und Schleswig-Holstein. Sie nützt und bringt nichts. In Hamburg hat sie für den Wohnungsmarkt keine Entlastung
gebracht. Schleswig-Holsteins Jamaika-Regierung will sie abschaffen. Für uns der Ausdruck von klugem Regierungshan­
deln.“ Dazu erklärte Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), zu den Plä­
nen der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern, in Rostock und Greifswald eine Mietpreisbremse einzuführen.
„Das Hauptproblem einer Mietpreisbremse
besteht darin: Sie schafft nicht eine einzige
Wohnung. Sie löst damit nicht das Prob-
lem auch nur eines einzigen Menschen, der
eine bezahlbare Wohnung sucht. Vielmehr
weckt diese Regelungen Hoffnungen, die
am Ende enttäuscht werden. Wir haben
auf den Wohnungsmärkten von Rostock
und Greifswald kein Nachfrage-, sondern
ein Angebotsproblem“, so Breitner.
„Wer heute in Rostock oder Greifswald
eine Wohnung neu vermieten will, hat
mindestens 50 Bewerber. Wenn die Woh-
nung zwei Euro günstiger den Quadrat-
meter angeboten wird, steigt die Zahl der
Bewerber auf 80 Bewerber. Am Ende kann
aber nur einer die Wohnung bekommen.
Der Vermieter wird sich fast immer für den-
jenigen entscheiden, von dem er glaubt,
dass er sich die Wohnung dauerhaft leisten
kann. Wetten, dass der neue Mieter mit
hoher Wahrscheinlichkeit schon bei den
50 dabei war. Alle anderen gehen leer aus.
Diese Regelung wäre zudem ein unnöti-
ger Eingriff in einen Wohnungsmarkt, auch
wenn dieser in Rostock und Greifswald als
angespannt gilt. Allerdings ist der Woh-
nungsmarkt bereits durch viele Regeln,
die sozialen Ausgleich zum Ziel haben,
geprägt“, so der VNW-Chef.
Nach den Worten von Andreas Breitner
ist eine Mietpreisbremse ein untaugli-
ches Mittel, den „schwarzen Schafen“
das Handwerk zu legen. „Besser wäre
es, Paragraf fünf im Wirtschaftsstrafge-
setz, der die Mietpreisüberhöhung sank-
tioniert, zu überarbeiten. Bislang ist die
Regelung ein zahnloser Tiger. Hier sollte
Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat
aktiv werden.“
(schir/schi)
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