Personalmagazin 7-2018 - page 110

Handlungsempfehlungen
für Unternehmen
• Arbeitgeber sollten von ihrem Wahl-
recht, den Auskunftsanspruch der
Mitarbeiter zu bedienen, Gebrauch
machen. Entscheiden Sie daher
frühzeitig wie Auskunftsverlangen
der Mitarbeiter beantwortet werden
sollen. Und natürlich auch, wer diesen
Auskunftsverlangen nachkommt: Soll
der Arbeitgeber oder der Betriebsrat
informieren?
• Eine gute Zusammenarbeit mit dem
Betriebsrat ist generell notwendig: So
muss neben der Entscheidung, wer
den Auskunftsanspruch bedient, auch
geklärt werden, ob es einen zentralen
Ansprechpartner geben soll. Und auch
die administrative Seite sollte bedacht
werden: Stimmen Sie sich im Vorfeld
genau über die Details zu Formularen,
Prozessen und Kommunikationsabläu-
fen ab.
• Legen Sie fest, was das Unternehmen
unter „gleicher“ beziehungsweise
„gleichwertiger“ Tätigkeit versteht.
Erstellen Sie probeweise Vergleichs-
gruppen.
• Überlegen Sie, welche Entgeltbe-
standteile in die Berechnung des
durchschnittlichen Bruttomonats-
gehaltes einfließen sollen. Prüfen
Sie insbesondere bei den unbaren
Entgeltbestandteilen, in welcher Form
diese Berücksichtigung finden.
• Erstellen Sie probeweise Berechnun-
gen des Medians für verschiedene
Vergleichsgruppen der beiden Ge-
schlechter.
• Bereiten Sie schon im Vorfeld gute
Argumentationshilfen vor. So könnten
Sie mögliche Rechtfertigungstat-
bestände ermitteln, die dann später
im Gespräch herangezogen werden
können, um beispielsweise Entgeltun-
terschiede zu begründen.
• Erstellen Sie hilfreiche Kommunikati-
onsmittel zu Gesetz und Prozess für
Mitarbeiter und Intranet. Dazu ge-
hören beispielsweise Formulare zum
Auskunftsverlangen, FAQs (auch für
eine HR-Hotline) oder Musterschrei-
ben für die Auskunftserteilung.
auf einer Leistungszusage stellt Unter-
nehmen vor eine große Herausforderung.
So liegen bei vielen Unternehmen zum
Beispiel mehrere Versorgungsordnungen
für gleiche Mitarbeitergruppen vor – ent-
standen etwa durch Unternehmenszu-
käufe, Deckelung der Kostensteigerungen
der Finanzierungen oder Besitzständler
(Mitarbeiter, die in einer früheren Funk-
tion einen Anspruch auf eine höhere Al-
tersvorsorge hatten). In solchen Fällen
müssten Zusagen von Aktuaren für jeden
Mitarbeiter einzeln bewertet werden – ein
enormer finanzieller Aufwand.
Eine ähnliche Problemstellung ergibt
sich bei der Berücksichtigung von Wahl-
leistungen für Mitarbeiter, etwa im Fal-
le des Job-Tickets. Gemäß Gesetzeslage
gilt hier ja das Zufluss-Prinzip, danach
wären alle den Mitarbeitern tatsächlich
zugeflossenen Entgeltbestandteile in
die Berechnung des durchschnittlichen
Bruttomonatsgehalts einzubeziehen. Dies
würde im Einzelfall aber rechnerisch
nicht stimmen – und folglich Entgeltdif-
ferenzen hervorbringen, die sich nicht
auf das Geschlecht zurückführen lassen.
Im Gegensatz zu diesen Beispielen liegt
das Ziel wie die Aufgabe der Unterneh-
men jedoch in der Erteilung aussagekräf-
tiger Auskünfte. Mit anderen Worten: Es
sollen Äpfel mit Äpfeln verglichen wer-
den – und nicht mit Birnen.
Diesem Ansatz stehen jedoch häufig
Konstellationen in der Praxis entgegen.
Arbeiten beispielsweise in einem Unter-
nehmen kaum Frauen in einem Drei-
Schicht-Modell, so verdienen Männer
per se in der gleichen Tätigkeit mehr
– wegen der entsprechenden Schichtzu-
lagen. Eine Diskriminierung auf Grund
des Geschlechts liegt hier dennoch nicht
vor, da sich die Frauen ja freiwillig dage-
gen entschieden hatten - und das Unter-
nehmen den Frauen den Zutritt in das
Schichtmodell nicht verweigert.
In diesem Sinne wirft das Gesetz etli-
che Fragen auf, die selbst Juristen unter-
schiedlich beantworten. Daher bleibt
Unternehmen imMoment wohl gar keine
andere Wahl, als schlichtweg nach bestem
Wissen und Gewissen im Sinne der Mit-
arbeiter die Auskünfte zu erteilen. Erst in
den kommenden Jahren werden von der
Rechtsprechung, aber auch aufgrund der
gemachten Praxiserfahrungen Grundsät-
ze geschaffen werden, auf deren Basis
dann nachjustiert werden kann.
„Zum
gegenwärtigen
Zeitpunkt
bleibt den
Unternehmen
keine andere
Wahl, als die
Auskünfte nach
bestem Wissen
und Gewissen
im Sinne der
Mitarbeiter zu
erteilen.“
NIKO LYMBEROPOULOS ist Senior
Manager bei der Lurse AG.
DESIRÉE GENOVESE ist Consultant bei
der Lurse AG.
Illustration: Lea Dohle
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HR-Management
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