05/17 personalmagazin
... Ulrike Lehmann zum Thema Kunst und Kreativität
Frage eins:
Frau Lehmann, wie wichtig
ist Kreativität überhaupt für Unter-
nehmen?
Ulrike Lehmann:
2016 hat das Welt-
wirtschaftsforum in Davos eine Stu-
die herausgegeben, die feststellte,
dass Kreativität zu einem der drei
wichtigsten Skills für Unternehmen
wird. Laut Studie stand Kreativität
2015 noch auf Platz fünf, 2020 wird
sie auf Platz drei stehen. Die Unter-
nehmen werden große Anstrengun-
gen machen müssen, Kreativität zu
fördern und ins Haus zu holen, um
im Wettbewerb und im digitalen
Wandel bestehen zu können. Aber
Kreativität muss irgendwo herkom-
men. Die Beschäftigung mit Kunst
ist eine Möglichkeit dafür.
Frage zwei:
Wie soll Kunst in die Un-
ternehmen kommen? Sollen Arbeit-
geber Bilder in den Werkshallen oder
Chefbüros aufhängen?
Lehmann:
In den Werkshallen sind
Bilder sicherlich besser platziert
als in den Chefbüros. In den Chef-
büros ist die Kunst isoliert. Nur we-
nige Personen haben Zugang. Noch
besser wäre es, Meeting-Räume
auszustatten, in denen Mitarbeiter
zusammenkommen, um neue Ideen
und Projekte zu entwickeln. Kunst
kann aber auch anders in die Un-
ternehmen kommen – etwa durch
Ausstellungen, Führungen oder
kunstbasierte Kreativ-Workshops,
die die eigene Kreativität trainie-
ren. So kann Kunst aktiv in den Ar-
beitsalltag eingebunden werden. Es
ist wichtig, es den Menschen zu er-
leichtern, sich der Kunst zu öffnen.
Frage drei:
Wie kann ein Betrachter
von Kunst seine Kreativität trainie-
ren? Haben Sie ein Beispiel?
Lehmann:
Als Beispiel kann ich eine
mehrteilige Bilderserie von Picasso
nennen. Diese war Gegenstand eines
Seminars in der Apple-University:
Auf Bild eins bis drei war ein Stier
zu sehen, der immer detaillierter dar-
gestellt wurde. Ab dem vierten Bild
wurde der Stier immer stärker abs-
trahiert, bis auf Bild elf nur noch ein
Strich mit dem Umriss eines Stiers
zu sehen war. In der Abstraktion
lag die Essenz: Der Stier war immer
noch zu erkennen. Die Apple-Mit-
arbeiter ließen sich davon anregen,
eine übersichtlich gestaltete Fern-
bedienung zu entwickeln. Damals
gab es nur Fernbedienungen mit 50
und mehr Knöpfen. Das Ergebnis war
eine minimalistische Fernbedienung,
die nur ein Rad enthielt, das gedreht
und geklickt werden konnte. Das war
ein gutes Beispiel für Reduktion.
Drei Fragen an ...
Als Art Coach leitet die Kunsthis-
torikerin
DR. ULRIKE LEHMANN
Mitarbeiter und Führungskräfte
an, sich mit Kunst zu beschäftigen.
Dies bietet nach ihrer Erfahrung
eine gute Möglichkeit, Kreativität
in Unternehmen zu fördern.
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