personalmagazin 1/2017 - page 3

der Computer wählt den Bewerber aus, nicht mehr der Mensch. Für
viele HR-Manager ist das keine Vision, sondern eine Horrorvorstellung.
Warum eigentlich? Der Mensch hat bei der Personalauswahl viele
Fehlleistungen verursacht, die auch HR zu verantworten hat: Die syste-
matische Benachteiligung von Frauen, die Beförderung von unfähigen
Führungskräften oder die Ausgrenzung von Minderheiten – um nur ei-
nige Beispiele zu nennen. Wissenschaftlich geprüfte Verfahren werden
eher selten eingesetzt, wir
von HR vertrauen vor allem
auf das „Bauchgefühl“.
Ist der Computer besser als
unser Bauchgefühl? Kann er
Fehlleistungen vermeiden,
wie uns nun manche Techno-
logieanbieter versprechen?
Im Prinzip ja. Der Computer
ist vorurteilsfrei. Für ihn
sind Literaturwissenschaft-
ler nicht schlechter als Soft-
wareingenieure. Doch wer
sagt dem Computer, ob ein Literaturwissenschaftler in eine Software-
abteilung passt? Wie werden wir die Auswahlleistung des Computers
bezüglich dem späteren beruflichen Erfolg überprüfen? Überlassen wir
die Klärung solcher Fragen dem Technologielieferanten? In welchem
Umfang werden wir den Computer einsetzen? Das sind die Fragen, mit
denen wir uns in HR verstärkt beschäftigen müssen. Eine Ablehnung
oder Verdrängung dieser Fragen hilft nicht weiter.
HR sollte bei der Gestaltung und Nutzung der Computerprogramme
den Takt vorgeben. Manche händischen Arbeiten werden wegfallen,
HR-Kompetenz bleibt unersetzbar. Wird ein Bewerber sich künftig an
das Computerprogramm erinnern wollen, das ihn ausgewählt hat?
Wohl eher nicht. Ich selbst erinnere mich noch gerne an die Menschen,
die mich für einen Job ausgewählt haben. Beziehungen wird der Com-
puter nicht ersetzen.
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EDITORIAL
01/17 personalmagazin
Liebe Leserinnen und Leser,
„Personal-
auswahl
durch den
Computer
– für viele
eine Horrorvorstellung.
Warum eigentlich?“
Reiner Straub, Herausgeber
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