PERSONALquarterly 3/2016 - page 21

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03/16 PERSONALquarterly
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Welchen Einfluss haben tagesspezifische Selbstkontrollanforderungen bei
der Arbeit auf das psychische Wohlbefinden von Arbeitnehmern? Kann mentales Abschalten
am Abend beeinträchtigende Effekte abmildern?
Methodik:
Onlinebasierte Tagebuchstudie mit 86 Teilnehmern
Praktische Implikationen:
Um sich vor den Folgen hoher Selbstkontrollanforderungen
zu schützen, sollten Arbeitnehmer am Abend aktiv auf Distanz zur Arbeit gehen, z.B. durch
Sport. Arbeitgeber können durch Richtlinien für den arbeitsbezogenen Umgang mit mobi­
len Kommunikationstechnologien nach Feierabend zusätzlich Unterstützung leisten.
von Selbstkontrollanforderungen auf das Wohlbefinden sollten
dadurch abgeschwächt werden. Gelingt das mentale Abschal-
ten dagegen nicht, wird das Wohlbefinden stärker beeinträch-
tigt. Auf Grundlage dieser theoretischen Annahmen wurden
folgende Hypothesen formuliert:
1. Selbstkontrollanforderungen haben einen negativen Ein-
fluss auf das psychische Wohlbefinden von Arbeitnehmern.
2. Dieser negative Einfluss kann durch mentales Abschalten
am Abend abgeschwächt werden.
Methodik
ImUnterschied zu stabilen Dispositionen kann die Intensität von
Selbstkontrollanforderungen, zum Beispiel durch wechselnde
Arbeitsaufgaben und Kundenkontakte, von Tag zu Tag schwan-
ken und folglich ihr Einfluss auf die psychische Beanspruchung
variieren. In ähnlicher Weise dürfte auch das mentale Abschal-
Eine Kernkomponente der Erholung ist das mentale Ab-
schalten (Sonnentag/Bayer, 2005). Der Begriff beschreibt die
psychische Distanzierung von arbeitsbezogenen Gedanken
und Aktivitäten in der arbeitsfreien Zeit, z.B. durch soziale
Interaktionen mit Familienangehörigen oder Partnern, sport-
liche Aktivitäten oder andere Formen der Freizeitgestaltung.
Die Annahme arbeitsbezogener Anrufe, das Beantworten von
E-Mails, das Nachgrübeln über arbeitsrelevante Probleme etc.
sind dabei ausgeschlossen. Mentales Abschalten beschreibt
somit das Gefühl, „wirklich von der Arbeit weg zu sein“.
Mit Blick auf das Argument im Effort-Recovery-Modell, dass
Erholungsprozesse eine bedeutsame Rolle zur Wiederherstel-
lung erschöpfter Ressourcen spielen, ist anzunehmen, dass
durch mentales Abschalten von der Arbeit die limitierte Selbst-
kontrollressource nicht weiter beansprucht wird und stattdes-
sen regenerieren kann. Kurzfristige negative Auswirkungen
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1:
Ergebnisse der Mehrebenen-Analysenzur Überprüfung der Effekte von
Selbstkontrollanforderungen und mentalem Abschalten am Abend
Indikatoren psychischen Wohlbefindens
Prädiktorvariable
Ich-Erschöpfung
Bedarf nach Erholung Subjektive Vitalität
Alter
0.00
0.00
0.00
Geschlecht
-0.12
-0.06
-0.01
Negativer Affekt
0.39**
0.46**
-0.73**
Selbstkontrollanforderungen
0.14*
0.18**
-0.21*
Mentales Abschalten
-0.13**
-0.26**
0.29**
Wechselwirkung
-0.22*
-0.15+
0.36*
Anmerkungen: *p < .05. **p < .01. +p < .10. N = 588.
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