PERSONALquarterly 3/2016 - page 12

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PERSONALquarterly 03/16
SCHWERPUNKT
_ENTGRENZTES ARBEITEN
die nicht über Ziele geführt werden (13%) (vgl. Abb. 3). Diese
Unterschiede bestätigen sich auch in multivariaten Probit-Re-
gressionsmodellen, in die wie oben beschrieben eine Vielzahl
von Kontrollvariablen eingefügt werden (vgl. Abb. 4). Auf der
betrieblichen Ebene liegt die bedingte Wahrscheinlichkeit des
Homeoffice-Angebots fast 20 Prozentpunkte höher, wenn MBO
genutzt wird (Spalte 3). Auf der individuellen Ebene beträgt
der Unterschied in der Homeoffice-Nutzung immer noch sechs
Prozentpunkte (Spalte 4). Beide Unterschiede sind jeweils sta-
tistisch hochsignifikant.
Der Einsatz von Führungskonzepten, die auf eine direkte Kon-
trolle des Arbeitsprozesses zugunsten der Belohnung erzielter
Ergebnisse verzichten, scheint es dem Management folglich
leichter zu machen, Homeoffice-Angebote einzuführen und de-
ren Nutzung zuzulassen. Führen über Ziele sowie eine Unterneh-
menskultur, die auf Vertrauen basiert, scheinen beide für sich
räumliche Flexibilität zu erleichtern. Da Vertrauen sicherlich
auch die Einführung von nachgelagerter Kontrolle erleichtert,
stellt sich die Frage, ob der positive Zusammenhang auch noch zu
finden ist, wenn beide Personalpraktiken gleichzeitig als erklä-
rende Variablen im Regressionsmodell berücksichtigt werden.
Ein gemeinsames Modell mit Vertrauensarbeitszeit und MBO
zeigt, dass beide unabhängig voneinander auf der Betriebsebene
statistisch signifikant mit einem Mehr an Homeoffice-Angebot
einhergehen (Abb. 4, Spalte 5). Die Differenzen gegenüber den
Nichtnutzern reduzieren sich jeweils um zwei Prozentpunkte
im Vergleich zu den separaten Modellen, sodass beide Praktiken
jeweils immer noch mehr als 16 Prozentpunkte Differenz im
Homeoffice-Angebot ausmachen. Ein ähnliches Bild findet sich
in den Individualdaten: Flexible Arbeitszeiten und Zielverein-
barungen mit variablem Gehalt erhöhen jeweils signifikant die
bedingte Wahrscheinlichkeit, zu Hause zu arbeiten um neun
bzw. fünf Prozentpunkte (Spalte 6). MBO scheint also auch unab-
hängig von der vorherrschenden Vertrauenskultur imBetrieb die
Einführung von räumlicher Flexibilität zu erleichtern.
Fazit
Der gewünschten Ausweitung von Homeoffice in Deutsch-
land stehen typischerweise drei Haupthindernisse entgegen.
Zunächst sind schlicht einige Tätigkeiten ungeeignet, außer-
halb der Arbeitsstätte geleistet zu werden. Vor allem über die
technologische Ausstattung, aber auch über organisatorische
Änderungen, hat das Management hier durchaus Einflussmög-
lichkeiten, die jedoch nicht primär das Personalmanagement
betreffen. Weiterhin wünscht sich ein nicht unerheblicher Teil
der Beschäftigten, die Arbeit vom Privatleben zu trennen, was
die Ausweitung flexibler Arbeitsformen begrenzt. Teilweise
mögen diese Bedenken auf unbegründeten Vorurteilen beru-
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 4:
Probit-Regressionen für Homeoffice-Angebot und -nutzung
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
Vertrauensarbeitszeit 0.181***
(0.037)
0.160***
(0.038)
flexible Arbeitszeit
0.105***
(0.019)
0.098***
(0.019)
MBO (Betr)
0.197***
(0.042)
0.172***
(0.043)
MBO (Ind)
0.062***
(0.018)
0.053***
(0.017)
N
748
2.835
748
2.835
748
2.835
Homeoffice-Möglichkeit (Betriebsdaten): Spalten (1), (3), (5)
Marginale Effekte aus Probit-Regressionen mit robustem Standardfehler in Klammern, ***p<0.01.
Kontrollvariablen: Branchen (5 Kat.), Firmengröße und Regionen (5 Kat.).
Arbeiten zu Hause innerhalb der regulären Arbeitszeit (Beschäftigtendaten, nur Angestellte): Spalten (2), (4), (6)
Marginale Effekte aus Probit-Regressionen mit clusterrobusten Standardfehlern in Klammern, ***p<0.01.
Zusätzliche Variablen: Geschlecht, Alter, Kinder, Bildungsabschluss, Teilzeit, geleistete Überstunden, Autonomie, Leitungsfunktion,
Funktionsbereich.
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