DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 05/2015 - page 40

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5|2015
NEUBAU UND SANIERUNG
umschließt, besteht aus 35Wohnungen – alle zwi-
schen 30 und 100 m
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groß und über einen Lau-
bengang erschlossen. Das Haus wird vollständig
mit Strom und Wärme aus erneuerbaren Quellen
versorgt. Es wurde auf einem 3.100 m
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großen
Grundstück in Burgweinting errichtet, einemNeu-
baugebiet im Süden Regensburgs, das mitten im
Grünen und doch nur 3 km Luftlinie von der Alt-
stadt entfernt liegt.
Initiative einer jungen Genossenschaft
Im Haus mit Zukunft setzt man auf nachbar-
schaftliches Miteinander; Gemeinschaft spielt
eine große Rolle. Das von der Genossenschaft
Nabau errichtete Gebäude verfügt über einen
Gemeinschaftsraum und einen Nutzgarten, den
die Bewohner gemeinsambewirtschaften. Bei der
Planung saßen die künftigen Nachbarn mit am
Tisch und nahmen Einfluss auf die Gestaltung ihres
neuen Zuhauses. Ein Konzept, das für Regensburg
noch weitgehend Neuland ist: „Bislang war der
Wohnungsbau in der Stadt geprägt von privaten
Bauträgern“, sagt Nabau-Vorstand Barbara Krau-
se. „Es ging immer um höchstmögliche Rendite
auf kleinstmöglichem Raum.“ Bis im Jahre 2010
eine Handvoll Gleichgesinnter zusammenfand, die
damit unzufrieden waren. Im Jahr darauf wurde
die Nabau als Genossenschaft für nachhaltiges
Bauen und nachbarschaftliches Wohnen in das
Genossenschaftsregister eingetragen.
Die junge Genossenschaft, die sich demBauenmit
ressourcenschonenden Materialien verschrieben
hat und für ihre Häuser hohe Energiestandards, so-
ziale Integration und guteNachbarschaft anstrebt,
fand schnell Zulauf. Als erstes Projekt wurde das
Haus mit Zukunft in Angriff genommen, doch der
Weg zur Realisierung erwies sich als steinig. Alles
schien bereits in trockenen Tüchern; die Finanzie-
rungwar gesichert; das passende Grundstück von
der Stadt reserviert. Da machte der Stadtrat in
letzter Sekunde einen Rückzieher. In Burgweinting
solle preisgünstiger Wohnraum entstehen, doch
mit 8,70 €/m
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richte sich das Angebot der Nabau
keineswegs an Bedürftige, sondern an Menschen
mit einem gewissen Wohlstand, hieß es zur Be-
gründung. Dass in dem geplanten Null-Energie-
Haus nur geringe Nebenkosten anfallen würden,
ließ der damalige Oberbürgermeister Hans Schai-
dinger nicht gelten.
Schaidinger koppelte die Grundstücksvergabe
an die Auflage, den Mietzins unter die 8-€-Mar-
ke zu drücken. Das ist der Nabau gelungen – al-
lerdings nur mit Abstrichen am ursprünglichen
Energiekonzept. Das Gebäude wurde im energe-
tisch weniger anspruchsvollen KfW-40-Standard
errichtet; das heißt, der Heizwärmebedarf beträgt
maximal 25 kWh/(m
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a). Das hat den Mietzins auf
7,90 €/m
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gesenkt; die Nebenkosten liegen jedoch
etwas höher als geplant. „Ursprünglich dachten
wir, wir könnten den Strom unserer Solaranlage
speichern“, sagt Barbara Krause. „Aber das wäre
zu teuer geworden.“ Man verzichtete also auf den
Kauf von Batterien und speist nun drei Viertel des
selbsterzeugten Stroms gegen Vergütung ins öf-
fentliche Netz ein. Die zusätzlichen Einnahmen
senken denMietzins auf das politisch gewünschte
Niveau.
Drei Generationen unter einem Dach
Heute redet niemand mehr vom „Schickimicki-
Projekt“ in Burgweinting. ImGegenteil: Das Haus
mit Zukunft gilt als Renommierprojekt. Drei Ge-
nerationen leben hier unter einem Dach. Unter
den Bewohnern sind Alleinstehende und Paare,
fünf Menschenmit geistiger Behinderung und fünf
Rollstuhlfahrer, von denen einer vomHals abwärts
gelähmt ist und rund um die Uhr betreut werden
muss. Sechs Helfer kümmern sich imWechsel um
Markus Kostka; immer ist einer vor Ort. Kostka
ist Mundmaler. Er hat sich auf Tierporträts spe-
zialisiert und ist froh über die „gelebte Nachbar-
schaft“ im Haus: „Man trifft sich und wenn man
Hilfe braucht, wird Hilfe organisiert“, beschreibt
er das Klima. Für pflegerische Belange ist die Di-
akonie Regensburg zuständig, eine Einrichtung
der Evangelischen Kirche, die praktischerweise
imHaus ein Büro angemietet hat. Die Dependance
ist als Anlaufstelle für ratsuchende Behinderte aus
dem ganzen Viertel gedacht.
Um die geistig behinderten Menschen im Haus
kümmert sich die Lebenshilfe Regensburg. Die
Hofsituation: Auf den flach geneigten Dächern kann man die Solaranlage erahnen
Blick aus einem Zimmer zum Hof
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