CONTROLLER Magazin 6/2015 - page 13

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Mit dem Beitrag möchte ich Ihnen einen Über-
blick geben, was aus meiner 40-jährigen Erfah-
rung – und meinem ehrenamtlichen Engage-
ment für Wirtschaft und Journalismus – heraus
die wesentlichen wirtschaftsjournalistischen
Aufgaben und Funktionen sind. Fragen nach Art
und Qualität der Wirtschaftsberichterstattung
durchziehen die Ausführungen. Die Berichter-
stattung über Unternehmen nimmt dabei breiten
Raum ein – für die Leser des Controller Maga-
zins natürlich unter besonderer Berücksichti-
gung controllingrelevanter Aspekte. Zahlreiche
Problemstellungen und Spannungsverhältnisse
werden aus unterschiedlichen Perspektiven be-
leuchtet, dies soll zur Diskussion und zum
Nachdenken anregen.
Bedeutung von Journalismus
und Fachjournalismus
Deutschlands oberster Richter, Andreas Voß-
kuhle, Vorsitzender des Bundesverfassungsge-
richts, spricht von einer „maßgeblichen Bedeu-
tung des kritischen Journalismus für das Funk-
tionieren der Demokratie“ (Pörksen/Narr, 2015,
S. 94.). Diese Beurteilung erfolgt aus der Pers-
pektive, dass eine informierte und orientierte
Gesellschaft für eine lebendige Demokratie
eine fundamentale Voraussetzung bildet. Daher
wird die Funktion der Journalisten oft damit
umschrieben,
„Wesentliches und Wichtiges
öffentlich zu machen“
. Fachjournalismus ist
nach dem Verständnis des Deutschen Fach-
journalisten Verbandes (DFJV) „ein fachlich
spezialisierter und damit fachlich kompetenter
Journalismus“. Aufgrund seiner deutlich ausge-
prägten Kompetenz sei der
Fachjournalismus
immer zugleich auch Qualitätsjournalis-
mus
, wie es beim DFJV heißt.
Wirtschaftsjournalismus
im Umbruch
Der Wirtschaftsjournalismus befindet sich seit
geraumer Zeit in laufender Veränderung. Rolle
und Funktion ändern sich. Der Deutsche Fach-
journalisten Verband (DFJV), in dem sich viele
Wirtschaftsjournalisten organisiert haben, defi-
niert knapp und aus meiner Sicht sehr treffend:
„Wirtschaftsjournalismus: mehr als Wirt-
schaft“
. Die Medienwissenschaftlerin Claudia
Mast, Universität Hohenheim, spricht in ihren
konzeptionellen und empirischen Arbeiten von
der „Neuorientierung im Wirtschaftsjournalis-
mus“. Es folgt die klare Ansage,
die herkömm-
liche Wirtschaftsberichterstattung passe
nicht mehr zu den Erwartungen des Publi-
kums
. „Die große Mehrheit der befragten Bür-
ger und Entscheider möchte, dass sich der
Wirtschaftsjournalismus aus der betriebswirt-
schaftlichen Fixierung auf Unternehmen löst
und
verstärkt gesellschaftspolitischen und
volkswirtschaftlichen Fragen zuwendet
.“
(Mast, 2012, S. 13). Sie betont demnach einen
Perspektivenwechsel. Die „BWL-Perspektive
des Unternehmens“ ist daher nur eine Sicht-
weise unter mehreren, aber die des Arbeitneh-
mers und des Kunden sowie die des Staatsbür-
gers und Steuerzahlers sind andere Blickwin-
kel, die sich an der gesamten Volkswirtschaft
Wirtschaft und Unternehmen –
wirtschaftsjournalistisch betrachtet
von Alfred Biel
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